Zwei Jahre Krieg: Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz und Hessen

Flucht vor Krieg in ein fremdes Land – das ist eine Herausforderung sowohl für Flüchtlinge als auch für die Gesellschaften, die ihnen Schutz gewähren. Rund 90.000 Geflüchtete aus der Ukraine leben in Hessen, 47.000 in Rheinland-Pfalz. Hinter diesen Zahlen verbergen sich Schicksale von Menschen und ihre Geschichten.

Handy Video-Call
Yulia Lisova, auf Ukrainisch
„Hallo, du bist aber schön. Nazarchic, wie geht’s dir mein Kleiner? Siehst du, du bist schon ganz groß geworden – ich gratuliere euch, wie geht’s euch?“
Ein Video-Anruf zwischen Yulia Lisova und ihren Freunden aus Kiew, mit Viktoria, ihrem Mann Alexander und …
Yulia Lisova
„…. und Nazarchic, Nazarchic ist ‚klein‘ für Nazar. Er ist jetzt ein Jahr alt.“
Es ist der einzige Kontakt zu ihren Freunden, der für Yulia Lisova möglich ist. Vor zwei Jahren ist die 43-Jährige vor dem Krieg nach Deutschland geflohen – doch die Angst um Familie und Freunde ist ihr gefolgt.
Yulia Lisova, Ukrainerin aus Luhansk
„Alles kann sein und ja, sie haben Angst und ich habe Angst. Ich habe Freunde, die haben mit Probleme mit …. Wohnungen, bombardiert.
Eine Gefahr, vor der sie in Deutschland sicher ist. Durch Zufall entdeckt sie beim Spaziergang in ihrer neuen Heimat den Verein Kinderhilfe Ukraine Rhein-Neckar. Der Verein von Valentina Sobetska organisiert schon seit 2014 Hilfe für die Ukraine – vor allem ukrainischen Kindern will er Zerstreuung bieten – etwa mit Sommercamps in Deutschland.
Nun ist der Verein auch Treffpunkt für ukrainische Geflüchtete, ein Stück Heimat in Deutschland.
Yulia Lisova, Ukrainerin aus Luhansk
„Und das ist sehr gut für uns, dass Peter und Valentina für uns machen können – oder ‚können machen‘ .. ich weiß es nicht (lacht).“
Deutsche Sprache, schwere Sprache – die Yulia Lisova aber schon sehr gut spricht. In der Ukraine hat sie für die BASF gearbeitet und arbeitet nun am Stammsitz des Konzerns. Sie ist eine von 9.000 Ukrainern, die Arbeit haben. Doch trotz ihrer Integrationsleistung will sie zurück in ihre Heimat, sobald Frieden herrscht – wann immer das sein mag.
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Ja, wann auch immer das sein mag. Es scheint, als müssten sich ukrainsiche Flüchtlinge auf eine längere Zeit fern der Heimat einstellen.
In der Ukraine geblieben sind viele Künstler. Sie zegen zur Zeit in Wiesbaden, wie sie den Krieg verarbeiten.
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In Hessen haben 13.000 Ukrainer Arbeit gefunden. Ohne das ehrenamtliche Engagement stünde es um die Integration in den Arbeitsmarkt wohl schlechter.
So setzt sich auch der Wiesbadener Verein „Pitrimka“ seit Kriegsbeginn für ukrainische Flüchtlinge ein. Die Ehrenamtlichen helfen bei Behördengängen, Wohnungs- und Jobsuche, bieten Sprachkurse an und organisieren Kulturveranstaltungen. Seit einer Woche laufen die „Kulturtage Ukraine“ in Wiesbaden. An verschiedenen Orten in der Stadt präsentieren sich ukrainische Künstler, die sich für Frieden in ihrer Heimat einsetzen.
Larissa Itina, Vereinsvorsitzende „Pitrimka“
„Und das sieht man auch in ihren Bildern, das sieht man in ihren Schriftstücken, in ihrer Poesie. Das sieht man auch in jedem Theaterstück, sieht man diese Kampfbereitschaft und diese Bereitschaft auch am Leben zu bleiben. Also sie möchten weiterleben und sie möchten frei sein.“
Und sie möchten diese Botschaft mit der Öffentlichkeit teilen. Olena Pryduvalova ist dafür extra von Kiew nach Wiesbaden gekommen. Die Künstlerin lebt und arbeitet nach wie vor in der ukrainischen Hauptstadt und will mit ihrer Kunst aufrütteln. Bunte, fröhliche Motive aus der Zeit vor dem Krieg – direkt daneben eine Installation mit zerrissenen, gebrochenen Herzen, entstanden während der Bombardierungen auf ihre Heimat.
Olena Pryduvalova, Künstlerin aus Kiew:
„Mir war sehr wichtig, diese Bilder hierher zu bringen, um zu zeigen, dass wir dort genauso lebensfroh wie ihr hier gewesen sind. Als der Krieg ausgebrochen ist, hat sich alles schlagartig geändert.“
Die Kunst als Grundlage für den Austausch, als Mittel das Erlebte zu verarbeiten und als Erinnerung an friedliche Zeiten.