Zu wenig Ärzte für Schwangerschaftsabbrüche

Seit 30 Jahren können ungewollt Schwangere bei pro familia Mainz nach einer Beratung einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen. Seit drei Wochen hat die medizinische Einrichtung aber geschlossen. Der Grund: Es fehlen schlichtweg Ärzte.

Arzthelferin: „Pro familia Mainz, guten Tag.“
Einer von rund 35 Anrufen wöchentlich. Doch Termine können hier vorerst nicht vergeben werden.
Arzthelferin: „Wird bei uns ein bisschen schwierig, weil es von der Schwangerschaftsdauer her es einfach schon zu weit ist und bei uns Ärzteausfall ist.“
Normalerweise werden in der medizinischen Einrichtung von pro familia in Mainz an zwei Tagen pro Woche Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt. Da beide Ärztinnen für längere Zeit ausfallen, musste die Einrichtung vorerst schließen. Für schwangere Frauen, die einen Abbruch vornehmen wollen, ein Problem.
Gisela Hilgefort, Geschäftsführerin Beratungsstelle pro familia Mainz „Wenn die sich darauf eingestellt haben, dass das hier möglich ist, und sie müssen dann noch einmal woanders hin, dann ist das schon eine zusätzliche Belastung. Vor allen Dingen wenn sie dann auch noch weiter fahren müssen, weil sie hier in der Nähe vielleicht keinen Termin bekommen und schon unter Zeitdruck sind.“
Denn ein Abbruch darf in aller Regel nur in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft erfolgen. Die schwangere Frau muss sich zunächst professionell beraten lassen. Verfestigt sich der Wille, die Schwangerschaft zu beenden, müssen zwischen Beratung und Abbruch drei Tage vergehen.
Gisela Hilgefort, Geschäftsführerin Beratungsstelle pro familia Mainz „Wenn sie darüber sprechen, dass sie sich sehr viele Gedanken darüber machen, dass das ja werdendes Leben ist. Und sich auch fragen: ‚Darf ich das? Wie wird’s mir damit hinterher gehen?‘. Also, es ist schon eine Entscheidung, die keine Frau leichtfertig trifft.“
Und manchmal doch treffen muss. In der Mainzer Einrichtung werden jährlich zwischen 700 und 800 Abtreibungen durchgeführt. Das sind ein Viertel aller Abbrüche in ganz Rheinland-Pfalz. Das Angebot ist laut Landesärztekammer Rheinland-Pfalz stark eingeschränkt.
Dr. Günther Matheis, Präsident Landesärztekammer Rheinland-Pfalz
„Die betroffenen Patientinnen müssen ganz weite Wege zurücklegen, weil sie beispielsweise im ehemaligen Regierungsbezirk Trier überhaupt keinen Ansprechpartner mehr haben. Und das ist eine Situation, die eigentlich nicht hinnehmbar ist.“
Die Frauen, die derzeit in Mainz anrufen, werden nach Wiesbaden, aber auch bis nach Saarbrücken oder Rüsselsheim verwiesen. Die Gründe für diesen Mangel sind vielfältig. Zum einen bewegen sich Ärzte, die einen Abbruch durchführen, in einem rechtlichen Graubereich. Zum anderen müssen sie sich aber auch …
Dr. Günther Matheis, Präsident Landesärztekammer Rheinland-Pfalz
„… nicht nur Ressentiments, sondern tatsächlich auch Persönliches bis hin zu Bedrohungen ausgesetzt sehen. Von Menschen, die ganz bewusst unterwegs sind, um diese Kolleginnen und Kollegen zu diskreditieren. Und nicht nur das. Das geht bis hin zu verbalen Injurien, ja auch körperlichen Anfeindungen.“
Viele Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sind bereits im Rentenalter. Ihr Antrieb ist deshalb oft auch idealistisch.
Gisela Hilgefort, Geschäftsführerin Beratungsstelle pro familia Mainz
„Das haben viele Ärztinnen und Ärzte gemacht, die sich auch aus politischen Gründen für diese Arbeit entschieden haben. Die halt die Selbstbestimmung von Frauen unterstützen wollten. Oder auch denen es wichtig war, dass Frauen in dieser Situation eine gute medizinische und auch psychologische Betreuung bekommen.“
Pro familia hofft darauf, bald einen Arzt zu finden, damit die medizinische Einrichtung doch noch erhalten werden kann.