Was plant Rheinland-Pfalz für die Kriegs-Flüchtlinge?

In der letzten Woche hatte die EU entschieden, dass Ukraine-Flüchtlinge Schutz für bis zu drei Jahre erhalten. Damit soll ihnen schnell Zugang zu Sozialleistungen, medizinischer Versorgung sowie Arbeit und Bildung gegeben werden. Doch zuerst brauchen die Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf. Und das läuft derzeit meist über private Initiativen – wie zum Beispiel in Koblenz.

Natascha kocht gerade das Mittagessen. Ihre beiden Kinder, die 12-jährige Sofia und die 16-jährige Maria lernen Deutsch. Seit fünf Tagen sind die Ukrainerinnen in Deutschland. Als ihre Heimatstadt Charkiw im Osten der Ukraine angegriffen wird fliehen sie.
Natascha, ist mit ihren Kindern aus der Ukraine geflüchtet
„Ich war nicht direkt bereit, wegzufahren. Ich habe das am Anfang gar nicht geglaubt. Ich stand wie gelähmt da und habe gesehen wie die Bomben vor meinen Augen explodiert sind. Und ich konnte es überhaupt nicht glauben, dass sowas in meiner Stadt passieren kann.“
Acht Tage ist die Familie unterwegs, bis sie endlich in Koblenz ankommt. Ihr Mann und ihre Eltern mussten in der Ukraine bleiben, doch wenigstens ihre Kinder wollte Natascha in Sicherheit bringen.
Natascha, ist mit ihren Kindern aus der Ukraine geflüchtet
„Wir fuhren von einer Stadt zur anderen, doch die Bomben folgten uns. Überall gab es Explosionen. In der Nähe von Winizja wollten wir eine Pause machen und etwas essen aber da gab es dann Luftalarm. Das war sehr beängstigend.“
Irgendwann auf ihrer Flucht bekommen sie die Telefonnummer von Slava Sorokin. Seit 20 Jahren lebt er in Koblenz, betreibt eine Ballettschule. Bei Kriegsausbruch ist er gerade zu Besuch in seiner alten Heimatstadt Kiew und muss ebenfalls fliehen. Slava Sorokin schafft es wohlbehalten zurück. Seitdem organisiert er Hilfe für Geflüchtete.
Slava Sorokin, gebürtiger Ukrainer
„Die Leute, die noch in der Ukraine geblieben sind, für die versuche ich die Hilfe zu organisieren, Spenden, weil die haben zum Teil wirklich Hunger, die haben gar nichts. Und denen muss unbedingt geholfen werden. Und die Leute, die es doch über die Grenze geschafft haben, das sind vor allem Frauen und Kinder, die müssen natürlich auch hier irgendwie eine Möglichkeit haben unterzukommen.“
Untergekommen sind Natascha und die Kinder nun in der Ferienwohnung eines Ehepaars aus Koblenz. Als er nach einer Unterkunft gefragt wird, zögert Adolf Wagner nicht lange.
Adolf Wagner, stellt seine Ferienwohnung zur Verfügung
„Normalerweise wäre die Wohnung ab 13. März belegt gewesen. Da haben wir kurzfristig abgesagt und haben lieber die Natascha mit ihren Kindern zu uns geholt. Das war wichtiger.“
Private Unterkünfte, kurzfristig organisiert. So kommt derzeit ein Großteil der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine unter. Das Land Rheinland-Pfalz will seine Aufnahmeeinrichtungen zwar auf insgesamt 8.000 Plätze aufstocken, trotzdem wird damit gerechnet, dass weitere Unterkünfte benötigt werden. Das Land hat deshalb mit Vertretern der Kommunen darüber beraten, wie es weitergehen soll. Heute wurde entschieden:
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„…dass wir im Zuge des jetzigen Haushaltsverfahrens, das ja demnächst seinen Abschluss finden wird, kommunale Mittel in Höhe von 20 Millionen Euro zusätzlich bereitstellen werden.“
Außerdem 30 Millionen Euro für die Erstaufnahmeeinrichtungen. Zwar könne derzeit niemand sicher sagen, wie viele Menschen aus der Ukraine Schutz in Rheinland-Pfalz suchen werden, doch die Fluchtbewegungen nähmen zu.
Michael Ebling, Vorsitzender Städtetag Rheinland-Pfalz
„Wir gehen davon aus, dass die Herausforderung größer wird und deshalb ist jetzt alles – auch auf der kommunalen Ebene – darauf ausgerichtet, dass wir uns um Unterkünfte bemühen, dass wir Entscheidungen treffen Gemeinschaftsunterkünfte neu zu belegen, neu auszustatten, dass wir zusätzliche Anmietungen vornehmen.“
Eine Verteilung der Flüchtlinge in die Kommunen ist bislang allerdings nicht möglich, da die Einreise nicht zentral registriert wird. Ukrainische Staatsbürger sollen sich dafür in den kommunalen Ausländerbehörden melden.
Natascha war nur wichtig, dass ihre Kinder in Sicherheit sind, egal wo. Sie ist überglücklich, dass Deutschland sie mit offenen Armen empfangen hat.
Natascha, ist mit ihren Kindern aus der Ukraine geflüchtet
„Zur Zeit gleicht die eine Hälfte von Charkiw dem Erdboden. Dort ist alles komplett zerstört. Die andere Hälfte ist zumindest teilweise zerstört. Meine Eltern, Mutter, Vater, die sitzen alle im Keller. Selbst wenn ich könnte, ich wüsste nicht wohin ich zurückgehen sollte. Alles ist zerstört.“
Natascha will schnell wieder ein normales Leben, will in Deutschland arbeiten und dass ihre Kinder zur Schule gehen können. Sofia hat vor zwei Tagen ihren Geburtstag in Koblenz gefeiert. Vielleicht der erste von vielen.