Vierter Jahrestag des Anschlags von Hanau

Es ist eine Tat, die ganz Deutschland erschüttert hat – heute vor vier Jahren erschießt ein Mann in Hanau neun Menschen mit Migrationshintergrund. Anschließend tötet er seine Mutter und sich selbst. Vier Jahre nach dem mutmasslich rassistisch motivierten Attentat haben mehrere tausend Menschen am Wochenende in Hanau den Opfern gedacht. Sie standen im Fokus der heutigen Gedenkfeier.

Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili-Viorel Paun, Faith Saracoglu, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkow – auf grausame Weise verbindet sie alle ein Datum: Am 19. Februar 2020 starben sie beim Anschlag von Hanau.
Auch vier Jahre danach sitzt der Schmerz tief, ist der 19. Februar 2020 wieder nah. Nah ist heute aber auch die aktuelle Debatte über Fremdenfeindlichkeit – der Imam ruft zur Geschlossenheit auf.
Imam Macit Bozkurt, Islamischer Verein Hanau
„Sind es nicht wir, die dieselben Straßen teilen, gemeinsam zur Schule oder auf die Arbeit gehen, Tür an Tür wohnen, Nachbarn sind mit aller Verschiedenartigkeit unserer Herkunft, Hautfarbe und Konfession – genau das macht uns aus in Hanau.“
Die Angehörigen trauern heute – keiner will sich vor der Kamera äußern. Noch immer werfen sie der Polizei und der Politik vor, in der Tatnacht und danach versagt zu haben. Und so gibt es nicht nur versöhnliche Töne an den Gräbern.
Imam Macit Bozkurt, Islamischer Verein Hanau
„Verloren haben diejenigen die nicht dafür sorgen konnten dass ihr Kinder beschützt und gerettet werden konnten. Verloren haben diejenigen, die die politische Verantwortung der lückenlose Aufklärung nicht tragen konnten.“
Aufklärung etwa darüber, warum der Notausgang an einem der Tatorte verschlossen gewesen war. Der Untersuchungsausschuss zu Hanau im Hessischen Landtag hat viele Fragen beantwortet – Konsequenzen auf politischer Ebene gab es keine.
Und so wünschen sich die Angehörigen heute explizit keine politischen Reden bei der Trauerfeier. Nach einer Kranzniederlegung drückt Bundesinnenministerin Nancy Faeser ihr Mitgefühl aus und versichert:
Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin
„Niemand soll sich in Deutschland so fühlen müssen, dass er darüber nachdenkt, das Land verlassen zu müssen. Ganz im Gegenteil: Wir als Staat sind der Garant dafür, dass alle Menschen geschützt werden, egal wo sie herkommen.“
Doch habe man tatsächlich Lehren aus Hanau gezogen? Wie weit sei man gekommen im Kampf gegen Rechtsextremismus, fragt sich der Hanauer Oberbürgermeister – und ist dabei selbstkritisch.
Claus Kaminsky (SPD), Oberbürgermeister Hanau
„Wenn Sie das Erstarken der AfD im Blick haben, dann kann ich nur sagen: Wir sind noch nicht weit gekommen. Vielleicht haben wir uns sogar ein Stück zurückbewegt.“
Hoffnungsvoll würden ihn aber die Kundgebungen gegen Rechtsextremismus in der gesamten Republik machen – die Teilnehmer bezeichnet er heute als Verfassungspatrioten.
Imam Bozkurt bittet seinen Gott, er solle die Menschen frei machen von jeder Form des Rassismus, Islamfeindlichkeit oder Antisemitismus.
Und so überwiegt vier Jahre nach dem Attentat von Hanau eines: Zusammenhalt.