Videoschalte mit Dr. Martin Stürmer zum Thema Corona-Schutzmasken

Die Masken fallen – bleibt die Vorsicht? Markus Appelmann spricht mit dem Frankfurter Virologen Dr. Martin Stürmer.

Markus Appelmann, Moderator: Guten Tag
Dr. Martin Stürmer, Virologe IMD Labor Frankfurt: Hallo, ich grüße Sie.
Appelmann: Herr Stürmer, fast alle Corona-Maßnahmen sind zurückgefahren – auch die Maskenpflicht ist gefallen. Sie haben immer dafür geworben, die Maskenpflicht noch nicht abzuschaffen – mindestens mal bis in den Mai. Welchen Ratschlag geben Sie heute unseren Zuschauern?
Stürmer: Ja, ich bleibe dabei. Es ist, denke ich, einfach wichtig, dass wir erkennen, wir haben ein sehr hohes Infektionsgeschehen, auch wenn jetzt der eine oder andere den Eindruck bekommen möge, aufgrund der fallenden Zahlen ist das nicht mehr ganz so schlimm. Aber wir haben eine sehr große Dunkelziffer. Wir haben eine sich sehr gut verbreitende Variante und dafür ist der Innenraum einfach auch prädestiniert, dass wir, wenn wir da ohne Maske uns aufhalten, dass das Risiko für eine Verbreitung und weitere Ausbreitung sehr stark ist. Insofern kann ich nur dafür plädieren, die nächsten vier bis sechs Wochen zumindest Maske weiter konsequent zu tragen. Ich rede nicht davon, dass wir die bis in den Sommer hinein oder sonst wie lang tragen sollen. Es geht mir um einen relativ kurzen Zeitraum.
Appelmann: Sie haben es ja auch gerade gesagt, derzeit sinken die Corona-Neuinfektionen – die Sieben-Tage-Inzidenz liegt heute bei 1.424. Es geht doch in die richtige Richtung?
Stürmer: Ja, man darf sich immer von den Zahlen als Einzelwerte nicht wirklich blenden lassen. Wir haben wie immer ein Wochenende dazwischen gehabt. Einige Bundesländer melden gar nicht. Wir müssen abwarten, wie mit der neuen Verordnung, weil ja 2G-, 3G-Regeln weggefallen sind, gibt es eigentlich kaum noch Intentionen, warum man sich testen lassen sollte. Wenn ich ins Kino will, wenn ich in die Kneipe will, wenn ich in die Disco will, brauche ich keine Tests mehr. Also, man muss immer schauen: Sind die Zahlen überhaupt repräsentativ? Und der Wegfall der Maske, das wird sich in der nächsten Woche erst niederschlagen in Zahlen. Und ich denke, da werden wir wieder steigende Zahlen sehen.
Appelmann: Lassen Sie uns nach vorne blicken: Lernen wir jetzt im Frühjahr und Sommer endlich, mit Corona zu leben? Können Sie uns Hoffnung machen, wird es ein halbwegs unbeschwerter Sommer?
Stürmer: Ja, wir haben das Potenzial, dass der Sommer und auch der nächste Herbst unkomplizierter werden kann als das letzte Mal. Auch wenn die Zahlen nicht auf Null gehen werden. Das hängt jetzt davon ab, wie wir uns die nächsten Wochen verhalten. Wenn sich wirklich viele Menschen daran halten, die Maske weiter zu tragen, werden die Zahlen weiter fallen, und wir können relativ entspannt in den Sommer gehen, weil wir uns eben auch viel draußen aufhalten und und und. Es sind ja die bekannten Bedingungen, warum das relativ entspannt ist. Wir müssen uns dann aber gut vorbereiten. Wir dürfen die Hände nicht in den Schoss legen und dann können wir auch einen relativ entspannten Herbst verbringen. Also, insgesamt bin ich optimistisch und bleibe es auch noch. Auch wenn ich befürchte, dass wir aus den Fehlern der letzten zwei Jahre, zumindest was die Politik angeht, nicht wirklich lernen.
Appelmann: Herr Stürmer, wir haben gleich noch einen Beitrag in der Sendung zur vierten Corona-Impfung. Sprechen Sie eine klare Impfempfehlung für Menschen über 70 aus? Oder sollten wir alle schon wieder zur Auffrischungs-, zur Booster-Impfung gehen?
Stürmer: Also ich würde in der akuten Situation Menschen, die ein hohes Risiko haben für einen schweren Verlauf und bei denen die Booster-Impfung schon deutlich länger als drei Monate zurückliegt, denen würde ich empfehlen, jetzt schon auch eine vierte Impfung in Anspruch zu nehmen. Ich würde hier nicht auf den Omikron-angepassten Impfstoff warten. Grundsätzlich denke ich, dass wir spätestens im Herbst alle miteinander in der Gesamtbevölkerung eine Auffrischimpfung brauchen werden, am besten angepasst an die aktiv zirkulierenden Varianten. Wenn wir das gut monitoren, das gut umsetzen, kann können wir uns auch ganz gut in den Herbst bewegen.
Appelmann: … sagt der Frankfurter Virologe Dr. Martin Stürmer. Danke Ihnen.
Stürmer: Sehr gerne.