Videoschalte mit dem Virologen Prof. Bodo Plachter

Hilft die neue 2G-Regelung, um die aktuelle Corona-Welle zu brechen? Darüber sprechen wir mit Prof. Bodo Plachter, kommissarischer Direktor des Instituts Virologie an der Universitätsmedizin in Mainz.

Markus Appelmann, Moderator: Guten Tag, Herr Plachter.
Prof. Bodo Plachter, Virologe Universitätsmedizin Mainz: Schönen guten Tag, Herr Appelmann.
Appelmann: Die Corona-Infektionszahlen steigen und steigen. Nach Rheinland-Pfalz geht nun auch Hessen auf 2G im Innenraum – nur noch Geimpfte und Genesene dürfen zum Beispiel Restaurants oder Kultureinrichtungen besuchen. Genügen die Maßnahmen, um die vierte Welle zu brechen?
Plachter: Zunächst einmal muss man, glaube ich, unterscheiden, welche Ziele man hat. 2G heißt ja im Prinzip, dass Menschen, die geimpft oder genesen sind, im Innenraum sich aufhalten, aber im Prinzip auch kein großes Risiko für die Erkrankung haben. Das heißt, hier hat man einen geschützten Raum, für die die Genesung geimpft sind, wenn es sich um jüngere Menschen handelt. Allerdings, was die Pandemie angeht, ist es natürlich ein Problem, weil natürlich auch hier Übertragung stattfinden kann. Die Menschen werden zwar nicht krank, aber sie tragen sie nach außen.Und damit werden natürlich auch wiederum die Zahlen befeuert. Das heißt, auch das ist natürlich ein gewisses Problem, was die Kontrolle der Infektionszahlen angeht.
Appelmann: Ich höre raus, Sie sind für schärfere Regeln. 2G+ also, dass Geimpfte und Genesene auch noch einen Test benötigen?
Plachter: Das ist natürlich hier, wenn alle getestet sind, hat man natürlich ein deutlich sicheres Umfeld bei größeren Veranstaltungen. Aber gleichwohl sollte man eben nicht nur auf Testungen und Impfungen setzen, sondern natürlich auch trotzdem all das, um sich zu erinnern: Hygiene, also Masken, Abstand wo immer es geht und halt doch auch sich überlegen, ob im Augenblick wirklich größere Feier notwendig sind oder ob man sich im Augenblick nicht auch freiwillig zurückhält
Appelmann: Und wenn freiwillig zu wenig passiert, ist der Lockdown für alle aus Ihrer Sicht nicht mehr vermeidbar?
.Plachter: Das hängt im Wesentlichen natürlich davon ab, wie wir uns alle jetzt verhalten. Wenn wir jetzt wirklich konsequent auch das umsetzen, auch uns vielleicht etwas zurücknehmen, auch wenn es vielleicht nicht von der Politik so verordnet ist, dann sehe ich schon eine gewisse Chance, dass man die Zahlen vielleicht langsamer doch wieder drücken kann. Aber wenn das natürlich nicht gelingt – wie gesagt, wir haben es ja selber in der Hand -, dann könnte ich mir auch wieder rigidere Maßnahmen bis hin zum Lockdown vorstellen.
Appelmann: Die Lage in den Krankenhäuser wird immer dramatischer, wobei es regional große Unterschiede gibt. Wie sieht die Lage bei Ihnen – an der Universitätsmedizin in Mainz – aus?
Plachter: Ja, wir haben schon eine deutliche Steigerung der Patientenzahlen mit Covid jetzt gerade in der letzten Woche gesehen. Das betrifft sowohl die Intensivstationen, aber auch die sogenannten „normalen“ Stationen. Hier haben wir auf mittlere, mittlerweile etliche Stationen mehr, Überlaufstationen geöffnet, sodass die Patienten auch auf normalen Stationen behandelt werden können. Was natürlich zur Konsequenz hat, dass andere Stationen oder andere Behandlungen dann zurückstehen müssen. Das heißt, die Situation ist schon in vielen Häusern – auch hier – durchaus angespannt.
Appelmann: Können Sie uns sagen, wie viele Geimpfte und Ungeimpfte in der Intensivstation behandelt werden?
Plachter: Ja, grundsätzlich über alles ist es so, dass man schon präferenziell ungeimpfte Menschen sieht, auch jünger Menschen, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen. Das ist hier so, das ist aber auch andernorts so, das ist generell natürlich ein Problem, im Augenblick eben Intensivbelegung durch Ungeimpfte.
Appelmann: Abschließende Frage: Immer mehr Politiker sprechen sich für eine Impflicht für alle aus. Wie lange würde es dauern, bis die Impfungen zur Entlastung des Gesundheitssystems beitragen?
Plachter: Sagen wir so: Die Impfungen von älteren Menschen, also die Booster-Impfungen, glaube ich, sind wichtig im Augenblick, die können auch relativ schnell eben helfen, dass ältere Menschen eben jetzt besser geschützt sind. Die allgemeine Impfung jetzt in Richtung Impfpflicht, das ist natürlich nicht das, was in den nächsten 14 Tagen die Zahlen drücken wird, sondern das ist natürlich eine mittelfristige Geschichte. Das ist der Weg aus der Pandemie heraus. Trotzdem ist es wichtig, dass sich jetzt so viele Menschen wie möglich impfen lassen, beziehungsweise möglicherweise dann auch eine Impfpflicht für alle verordnet wird eben. Die Impfung ist mittelfristig der einzige Weg aus der Pandemie.
Appelmann: Danke an den kommissarischen Leiter des Instituts Virologie an der Universitätsmedizin in Mainz, Prof. Bodo Plachter.
Plachter: Gerne.