Untersuchungsausschuss zur Hochwasserkatastrophe beendet Beweisaufnahme

Fast 300 Stunden hat er getagt, über 200 Zeugen befragt – und dabei Tausende Protokollseiten angefertigt. Heute hat der umfangreichste Untersuchungsausschuss in der Geschichte von Rheinland Pfalz die Beweisaufnahme zur Flutkatastrophe vor gut zweieinhalb Jahren beendet. Die politische Aufarbeitung geht damit zu Ende, Hinterbliebene haben heute mit einer Kunstinstallation vor dem Landtag an die Opfer der Flut erinnert.

135 Skulpturen für 135 Flutopfer. Sie sollen heute unübersehbar sein. Erinnerung und restlose Aufarbeitung, so das Ziel der Hinterbliebenen. Vor allem …
Inka Orth, verlor ihre Tochter Johanna bei der Flut
„… dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, dass es ein anständiges Gerichtsverfahren gibt, um wirklich zu klären, wer verantwortlich war.“
Im Untersuchungsausschuss sagt heute der Krisenforscher Frank Roselieb aus. Er kritisiert das im Auftrag der Koblenzer Staatsanwaltschaft erstellte Gutachten des Bevölkerungsschutzexperten Dominik Gißler heftig. Dieser hatte dem Kreis Ahrweiler erhebliche Mängel im Katastrophenschutz bescheinigt. Die technische Einsatzleitung habe zudem kein passendes Gefahrenmodell gehabt.
Roselieb sieht das anders. Das Gutachten sei lückenhaft, methodisch falsch und mit zu wenigen Daten versehen. Die Hauptverantwortung sieht er beim damaligen Landrat.
Frank Roselieb, Krisenforscher
„Weil Herr Gißler immer wieder von einem Systemversagen gesprochen hat, sage ich: Nein, das System hat funktioniert. Es gab eine Person, die das System gesprengt hat, die ist von der Regel abgerückt, wie es sein sollte, man braucht drei Einheiten – Landrat, Verwaltungs- und Führungsstab – und wenn Sie nur eine Einheit davon haben, Sie als Landrat gerade mal zu Pressefoto kommen, dann nicht mehr präsent sind, dann kann das System nicht mehr funktionieren“
Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt weiterhin unter anderem gegen den Ex-Landrat wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung.
Stephan Wefelscheid (Freie Wähler), Abgeordneter Landtag Rheinland-Pfalz
„Kann ich mir schon vorstellen, dass die Staatsanwaltschaft sich genau angehört hat, was hier ausgesagt wurde, denn so einfach ist es vielleicht doch nicht mehr, sich nur auf einen Gutachter zu stürzen, wenn wir einen zweiten namhaften Gutachter haben, der zu ganz anderen Ergebnissen kommt.“
Ein zweites Gutachten fordert auch die mögliche Nebenklage, die im Falle eines Strafverfahrens mehrere Angehörige vertritt.
Christian Hecken, Rechtsanwalt aus Koblenz
„Da hab ich sicherlich jetzt noch viel mehr Munition, um zu sagen, dass dieses Gutachten nicht weiter verwendet werden kann und gehe dann auch davon aus, dass die Staatsanwaltschaft dem Folge leisten wird und ein neues Gutachten in Auftrag geben wird.“
Neue Aussagen im Untersuchungsausschuss wird es dagegen nicht mehr geben. Die Mehrheit folgte heute dem Antrag der CDU für ein Ende der Beweisaufnahme. Ein Antrag der AfD, die noch zwei weitere Sachverständige anhören wollte, wurde abgelehnt.
Jan Bollinger (AfD), Fraktionsvorsitzender Landtag Rheinland-Pfalz
„Ja, das bedauern wir. Wir sind der Auffassung, dass diese Anträge durchaus noch relevante Erkenntnisse gebracht hätten und dass sie durchaus vom Einsatzbeschluss und den rechtlichen Regularien gedeckt wären.“
Nun geht es an den Abschlussbericht, der noch vor der Sommerpause Anfang August vorliegen soll. Im September ist dann die Aussprache im Landtag zu den über 2000 Seiten geplant.