Ukrainische Judoka trainieren in Wiesbaden

„Wir haben einen Bus voller Kinder, könnt ihr helfen?“ Diese Nachricht erreichte den Judo-Club Wiesbaden, kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Der Verein sagt sofort zu. Und so machen sich 30 ukrainische Kinder auf den Weg nach Deutschland. 15 Tage dauert die Reise in dem alten Schulbus. Mittlerweile trainieren die Kinder seit zwei Jahren im Wiesbadener Judo-Club. Manche von ihnen sehr erfolgreich.

Noch verliert Kyrylo im Kampf Schüler gegen Trainer. Der 17-Jährige ist aber schon südwestdeutscher Meister und will ganz hoch hinaus. Seit zwei Jahren trainiert er hier täglich mit den rund 20 weiteren ukrainischen Kindern. Sie alle sind vor dem russischen Angriffskrieg geflohen – der Judo Club Wiesbaden hat sie aufgenommen.
Kyrylo Kravtsov,Südwestdeutscher Jugendmeister im Judo
„Ich fühle mich hier fast wie zu Hause aber noch nicht Hundertprozent. Ab und zu vermisse ich die Ukraine,aber ich verstehe, dass ich in Deutschland mehr erreichen kann.“
Für Kyrylo ist der Judo Club mehr als nur ein Sportverein – er hat hier einen Rückzugsort.
Kyrylo Kravtsov,Südwestdeutscher Jugendmeister im Judo
„Sie helfen uns, uns in die deutsche Kultur zu integrieren. Es gibt zum Beispiel eine Sauna im Verein, da sprechen wir nur auf Deutsch, weil ich habe nicht so viele Freunde, die aus Deutschland sind. Sie helfen uns eine Ausbildung zu finden, sie erklären uns, wie man Lebenslauf vorbereiten muss. Ein paar Dinge, die für Deutschland wichtig sind.“
Stanislaw Bondarenko ist gemeinsam mit den ukrainischen Jugendlichen geflohen und trainiert sie von Beginn an. Für sie ist er momentan Vater, Mutter und Oma gleichzeitig, erzählt er uns.
Stanislaw Bondarenko, Trainer Judo Club Wiesbaden
„Für die Kinder ist es wirklich nicht einfach. Sie sind hier ohne Eltern. Aber sie haben jetzt die Möglichkeit zu trainieren, zu lernen und sich persönlich weiterzuentwickeln.“
Sich persönlich weiterentwickeln, um bestenfalls einen Ausbildungsplatz zu finden. Der Judo Club Wiesbaden versucht so, die Ukrainer erfolgreich integrieren.
Robertson Linsner, Judo Club Wiesbaden
„Innerhalb des Trainings, innerhalb der zwei Stunden, in denen die Kinder hier trainieren, ist der Krieg ausgeblendet an der Stelle. Aber alles drumherum wäre Trugschluss zu glauben, der Krieg findet hier nicht statt. Man kann das Judo-Training so ein bisschen so sehen, als kurze Auszeit, von dem Alltag. Und das betrifft nicht nur den Krieg, das betrifft auch alle Alltagsprobleme, die man einfach so mit sich trägt an der Stelle.“
Kyrylo und Stanislaw würden gerne hier bleiben. Sie sehen Ihre Zukunft erst mal in Deutschland.
Stanislaw Bondarenko, Trainer Judo Club Wiesbaden
„Ich bin zufrieden hier und würde gerne mit diesen Kindern in der Halle bleiben. Das ist mein Plan.“
Kyrylo Kravtsov,Südwestdeutscher Jugendmeister im Judo
„Ich habe ein paar Ziele. Eine Ausbildung zu finden und die deutsche Meisterschaft zu gewinnen.“
Klingt ambitioniert – aber möglich scheint für Kyrylo alles. Das merkt auch sein Trainer.