Ukrainische Ärzte trainieren Versorgung von Brandverletzungen

Angriffe durch Raketen, Bomben oder Drohnen auf die Heimat – für die Ukrainer ist das seit mehr als zwei Jahren Alltag. An der Tagesordnung sind deshalb leider auch schwere Brandverletzungen bei Soldaten und Zivilisten, die eine besondere Behandlung erfordern. Die Unfallklinik in Frankfurt schult deshalb ukrainische Ärzte und medizinisches Personal in der Versorgung solcher Brandwunden. Wir waren mit der Kamera dabei.

Üben für den Notfall – Iryna Doshchych schneidet mit einem elektrisch erhitzten Messer in ein Stück lebloses Schwein. In der Unfallklinik Frankfurt riecht es nur unangenehm nach verbranntem Fleisch – in ihrer Heimat könnte vor ihr ein Mensch liegen, deren Leben sie retten sie muss. Das weiß die Narkoseärztin aus eigener Erfahrung.
Iryna Doshchych, Anästhesistin
„Als der Krieg angefangen hat, habe ich in einem Krankenhaus in Winnyzja gearbeitet. Leider kam es direkt am ersten Kriegstag zu einem Volltreffer auf eine militärische Einrichtung, sodass wir mit einer großen Zahl von Verwundeten konfrontiert waren. Es war wirklich eine Masseneinweisung, bei der wir Nothilfe leisten mussten.“
Auch Igor Kononenko übt mit. Der Militärarzt aus Saporischscha arbeitet an der Front im Osten des Landes. Oft behandelt er dort Schussverletzungen; deswegen nimmt er am Kurs teil.
Igor Kononenko, Chirurg beim Militär
„Verbrennungsverletzungen kommen in meiner Region nicht so oft vor. Zu 80% sind es Brüche oder Schrappnell-Verletzungen, aber wenn ich mal Brandverletzungen behandeln muss, will ich in so einer Situation wissen, was zu tun ist.“
Wissen, was zu tun ist, wenn beispielsweise Brandopfer schwer am Brustkorb verbrannt sind. Dann drohen Menschen zu ersticken, denn verbrannte Haut ist weniger elastisch; der Brustkorb ist eingeengt und das Atmen fällt immer schwerer.
Albrecht Hennig-Geldern, Plastische Chirurgie
„Die Therapie der Wahl ist hier im Notfall eine Escharatomie, also eine Durchtrennung des Verbrennungsschorfes mit einem Messer oder einem elektrischen Gerät. Man bricht den Ring des Verbrennungsschorfes und gibt dem Brustkorb wieder die Möglichkeit, sich auszudehnen.“
Der sogenannte Entlastungschnitt ist nur ein Teil des zweitägigen „Burn Trauma Care“-Kurses. Die Unfallkliniken Frankfurt und Ludwigshafen haben die Fortbildung entwickelt, zusammen mit dem Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz. Ursprünglich für deutsches Personal.
Nun finanziert das Bundesgesundheitsministerium Kurse, um 3.600 ukrainische Ärzte zu schulen. Ihre deutschen Kollegen profitieren vom Wissen der Ukrainer, die seit zwei Jahren Brandopfer behandeln.
Erwin Kollig, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
„Wenn Fahrzeuge abgeschossen werden. Panzerfahrzeuge beispielsweise und anfangen zu brennen, dann kann die Besatzung, wenn sie sich retten kann, nur mit Verbrennungen aus dem Fahrzeug geborgen werden und dann habe ich neben Splitterverletzungen auch Verbrennungen.“
Nach solchen Verwundungen seien die ersten 48 Stunden entscheidend: Die Ärzte müssten Verbrennungen kühlen, den Patienten selbst warm halten. Und das teilweise in Gräben und Tunneln an der Front; oder in Städten unter Beschuss.
Dorthin kehren auch diese Kursteilnehmer zurück. Angst habe er keine, sagt Igor.
Igor Kononenko, Chirurg beim Militär
„Ich habe mich entschieden zurückgehen und mein Bestes zu geben. Und nach diesem Kurs kann ich das hoffentlich noch etwas besser.“
Iryna erzählt uns, wie sehr sie es genossen hat, in Frankfurt unbeschwert am Main entlang zu spazieren – im Wissen, dass hier keinen Bombenalarm fürchten muss.
Inzwischen sind Iryna und Igor wieder in die Ukraine zurückgekehrt.