Supermarkt mit „Stiller Stunde“

Der Einkauf im Supermarkt gleicht heutzutage manchmal schon einem Jahrmarkt. Die meisten von uns haben sich inzwischen daran gewöhnt – doch es gibt Menschen, für die ist der alltägliche Besuch im Supermarkt eine Belastung. Es ist zu viel – von allem. Autisten, Schmerzpatienten – viele sind davon betroffen. Für sie gibt es nun in Heusenstamm den ersten Supermarkt in Hessen, der die „Stille Stunde“ eingeführt hat. Rainer Marx aus Heusenstamm nutzt das Angebot – er ist Schmerzpatient.

Rainer Marx, leidet unter chronischen Schmerzen
„Ich hatte ´78 einen schweren Motorradunfall. Bin mit 100 in ein Auto gedonnert. Ein älterer Mann hat mir die Vorfahrt genommen, mit 30 Metern freien Flug übers Auto mit dem Motorrad und da bleiben gesundheitlich natürlich schon ein paar Macken übrig. Das hat sich so hochgeschaukelt, dass es eigentlich eine chronische Schmerzerkrankung wurde und die zur Folge hatte, dass ich auf Lichtreize – deshalb habe ich eine getönte Brille, die ist selbsttönend – sehr mit Schmerzen reagiere, die also nicht vertragen kann in den Augen. Und dann auch Geräusche, da ist eine verstärkte Geräuschempfindlichkeit gekommen.“
So wie Marx ergeht es nicht nur Schmerzpatienten. Gerade Menschen die unter Autismus leiden, haben oft große Probleme mit Reizüberflutungen. Zusammen mit dem Behindertenbeirat der Stadt Offenbach haben Rainer Marx und Georg Dieterichs sich deshalb etwas einfallen lassen: In diesem Supermarkt in Heusenstamm gibt es jetzt jede Woche eine „Stille Stunde“. Dieterichs unterstützt Menschen mit Autismus in ihrem Alltag und weiß, wie anspruchsvoll der Gang in den Supermarkt für Betroffene sein kann.
Georg Dieterichs, hatte die Idee zur „Stillen Stunde“
„Die vielfältigen Reize im Supermarkt – die grelle Beleuchtung, die laute Musik, die ständigen Lautsprecherdurchsagen, Wahrenräumungen etc. – machen die Menschen nervös, führen zu Stresssituationen und machen das Einkaufen einfach schwierig.“
Jeden Mittwoch um drei Uhr verändert sich hier in Heusenstamm deshalb die Stimmung. Jede zweite Lampe wird abgeschaltet, keine Waren werden mehr ein- oder ausgeräumt und auch die Boxen bleiben stumm. Das Personal reduziert sogar die Lautstärke des Piepens an der Kasse. Marktinhaber Sedat Tekin musste nicht lange überlegen, als er gefragt wurde, ob er mit seinem Markt mitmachen will.
Sedat Tekin, Supermarkt Inhaber
„Also wenn man mit so Kleinigkeiten so etwas großes bewirken kann und helfen kann, würde ich wirklich jedem empfehlen, dass auch durchzuführen, weil man das auch gar nicht in seinem Umfeld weiß, wie vielen Menschen das auch so geht und die es betrifft.“
Das Feedback sei durch die Bank gut berichtet Tekin. Auch viele Kunden ohne Behinderung schätzten das entspannte Einkaufsklima.
Die Aktion ist noch einmalig in Hessen, doch jetzt hoffen alle Beteiligten auf Nachahmer, damit reizempfindliche Menschen bald überall in Ruhe einkaufen können.