Streit um Privatisierung des Offenbacher Hafens

Im Gegensatz zur Mainmetropole Frankfurt geht es in in der Nachbarstadt Offenbach deutlich beschaulicher zu. Das gilt auch für den kleinen Hafen, die sogenannten „Marina“. Nach großen Luxusyachten sucht man hier vergeblich. Am Kai liegen nur ein paar kleiner Schiffchen und ein Ausflugsdampfer. Doch jetzt fürchten Bootseigner und Anlieger, dass es mit dem Spaß bald vorbei sein könnte: Die Stadt Offenbach möchte seine Marina nämlich gerne an einen großen, kommerziellen Anbieter verpachten.

Die Gaby mag zwar ein alter Kahn sein, doch gerade auf denen lernt man bekanntlich das Segeln: Stolze 104 Jahre hat das Schul- und Ausflugsschiff schon auf dem Buckel, doch der alte Schiffsdiesel tuckert noch so zuverlässig wie am ersten Tag. Und wer auf der Gaby gelernt habe, könne danach so ziemlich jedes Schiff fahren, sagt Annette Lahnstein. Umso trauriger findet es die Skipperin von der Seglervereinigung Rhein-Main, dass Gabys Tage im Offenbacher Hafen schon bald gezählt sein könnten. Seitdem der Plan der Stadt, den Hafen neu zu verpachten, zu den Marina-Anlieger durchgesickert ist, macht sie sich viele Gedanken.
Annette Lahnstein, Seglervereinigung Rhein-Main
„Das erste war: Das ist das Ende des Vereins. Wohin mit der Gaby? Wir kriegen hier sonst nirgendwo in Frankfurt oder in Offenbach einen Platz für so ein großes Schiff. Und durch die Monopolisierung an einen einzigen Betreiber, der hier Bootsführerscheine anbietet – der macht uns alle platt.“
Vor einigen Wochen hatte die Stadt Offenbach angekündigt, die Marina für 30 Jahre an den professionellen Mainzer Yachthafen-Betreiber „Onwater“ verpachten zu wollen. Wohl, um die ziemlich in die Jahre gekommene Marina optisch aufzuwerten – und natürlich auch, um ein hübsches Sümmchen Geld ins chronisch klamme Stadtsäckerl zu spülen.
Für Bootsbesitzer Paul Markus Albert durchaus verständlich – aber der falsche Weg. Schließlich liege der Charme der Offenbacher Marina ja gerade darin, dass diese nach wie vor ein Hafen für jedermann sei.
Paul Markus Albert, Kooperative „Hafen Für Alle“
„Hier haben Sie ja keine Boote wie in Monaco oder in Miami, sondern hier ist tatsächlich viel Mittelstand vertreten, der hier sein Hobby ausübt, wie andere vielleicht im Schrebergarten oder so. Hier droht tatsächlich eine Monopolbildung und Gentrifizierung. Und das ist im Prinzip nicht hinnehmbar.“
Nicht hinnehmbar sind die Pläne der Stadt auch für Rainer Zimara. Seit 1990 betreibt er eine kleine Bootsschule im Offenbacher Hafen. Mehr als 10.000 Wassersportfreunde aus der ganzen Region haben hier ihren Bootsführerschein gemacht. Weil die Liegepachten in anderen Häfen im Rhein-Main-Gebiet für ihn schlichtweg nicht bezahlbar seien, fürchtet er um seine Existenz.
Rainer Zimara, Bootsfahrschule Zimara
„Tja, dann werde ich wahrscheinlich mit der Schule zumachen. Ich werde sie zumachen müssen. Und das nach über 30 Jahren. Das kann’s ja wohl nicht sein.“
Rainer Zimara, Annette Lahnstein und Paul Markus Albert wollen jedenfalls weiter dafür kämpfen, dass im Offenbacher Hafen alles so bleibt, wie es ist. Mit der Initiative „Hafen für Alle“ wollen sie dafür möglichst viele Offenbacher mit an Bord holen. Ein Engagement, das offenbar schon erste Wirkung zeigt: Gestern hat die Stadt überraschend angekündigt, ihre Pläne für den Hafen doch noch einmal zu überdenken. Noch heute Abend will der Magistrat darüber entscheiden, ob er seine Vorlage zur Neuvermietung der Marina vorerst wieder zurückzieht.