Streit um Genickbruch – Limburg will gegen Taubenplage vorgehen

Für die einen sind sie schützenswerte Geschöpfe, für die anderen eine nicht hinzunehmende Plage, die es schnellstmöglich zu beseitigen gilt. Die Rede ist von Tauben. Im mittelhessischen Limburg schlägt das Thema derzeit hohe Wellen – auch über die Stadtgrenzen hinaus. Denn um den Taubenbestand zu verringern, will die Stadt künftig zu einem drastischen Mittel greifen.

Schon bald könnte es für sie um Kopf und Kragen gehen. Ein Limburger Stadtratsbeschluss sieht gezielte Tötungen von Tauben vor. Die haben sich hier – Maßnahmen wie einem Fütterungsverbot zum Trotz – in den letzten Jahren stark vermehrt. Rund 700 sollen es mittlerweile sein. Für viele Stadtverordnete ein klarer Fall von Schädlingsbefall.
Dirk Fredl (CDU), Sprecher Stadtverordnetenfraktion Limburg
„Und den kann man natürlich nur bekämpfen, indem man eine Akutmaßnahme trifft, die die Zahl der Tauben deutlich reduziert. Damit heißt es natürlich auch automatisch, dass nicht alle Tauben getötet werden sollen. Das kann auch niemand wollen, das wollen wir als Stadtverordnete erst recht nicht. Sondern es auf ein solches Maß zu reduzieren, bei dem man sagen kann, das ist eine Population, die eben nicht zu den Problemen führt, die wir haben. Stichwort Gesundheit, Stichwort Gebäudesubstanz.“
Denn die Tauben hinterließen rund 10 Tonnen Kot pro Jahr. Hygienische Bedenken, Schäden an Bauwerken – ein Problem, das die Limburger Volksvertreter aus dem Weg räumen wollen. Mit großer Mehrheit stimmen sie jüngst für das gezielte Fangen, Betäuben und Töten per Genickbruch. Das sorgt bei Passanten für sehr gemischte Gefühle.
Pascal Mäuer, Pharmakant
„Ich verstehe die Stadt, dass es ein Problem ist, aber so an sich habe ich kein Problem da mit den Tauben.“
Rosi Buchart, Rentnerin
„Das Problem ist längst überfällig. Meiner Ansicht nach müssen wir diese ganze Chose in Grenzen halten.“
Detlef Schmidt, Rentner
„Die Tauben, Sie sehen sie hier rumflattern, wen stören sie? Und es gibt andere Möglichkeiten, außer die Tauben zu töten.“
Das sieht auch Tanya Müller so. Im Rahmen des Stadttaubenprojekts Limburg pflegt sie seit Jahren ehrenamtlich verletzte oder kranke Tauben. Sie zeigt sich irritiert und enttäuscht, dass die Stadt nun doch nicht – wie ursprünglich geplant – betreute Taubenhäuser errichten will.
Tanya Müller, Stadttaubenprojekt Limburg
„Das kann man in Großstädten nachverfolgen, die so was haben. Dass die tatsächlich seitdem weniger Probleme mit Tauben haben. Die Tauben bleiben dann zum größten Teil im Schlag. Der Kot verringert sich in der Stadt und gleichzeitig werden die Tauben halt gesund ernährt.“
Zudem könne eine Geburtenkontrolle durch den Austausch mit künstlichen Eiern erfolgen. Diese Methode hält Berthold Geis für unzuverlässig. Wirkliche Kontrolle verspreche nur das Fangen und Töten der Tauben. Als Spezialist dafür hat er die Stadtverordneten beraten. Deren Entscheidung sorgt nun immer wieder für starke Proteste auf der Straße und im Netz. Berthold Geis selbst erhält täglich Anrufe und Zuschriften, darunter eine Morddrohung.
Berthold Geis, Taubenexperte
„Es sind mehrere Strafanzeigen mittlerweile unterwegs. Die Polizei ist da sehr hinterher. Weil das läuft in einem demokratischen Staat nicht. Man kann Protest äußern, aber der sollte nicht dann ins Beleidigen ausufern und schon mal gar nicht mit Morddrohungen.“
Dass das zu weit geht, finden auch Tierschützerin Tanya Müller und der Stadtverordnete Dirk Fredl. Viele seiner Kollegen seien als „Mörder“ beschimpft und mit angedrohten Strafanzeigen unter Druck gesetzt worden. Die Rückkehr zu einer sachlichen Debatte erscheint angesichts der erhitzten Gemüter fraglich.