Streit um Auftragsvergabe nach Ahrtal-Flut

Es war die größte Naturkatastrophe, die es in Rheinland-Pfalz je gegeben hat : die Flut im Ahrtal mit 134 Toten im Juli 2021. Jetzt gibt es Ärger um den Helferstab vor Ort. Die Anlaufstellen der Helfer organisierte nämlich eine Frankfurter Konzertveranstalterin mit dem Namen Missy Motown. Millionen Steuergeld soll sie für den Auftrag schon abgerechnet haben. Heute gab es dazu im rheinland-pfälzischen Landtag viele drängende Fragen und – aus Sicht der Opposition – noch zu wenige Antworten.

Sie steht im Fokus der Diskussionen. Nicole Schober, Künstlername: Missy Motown. Sie selbst wohnt im Kreis Ahrweiler, organisiert direkt nach der Flutkatastrophe Hilfe vor Ort. Später leitet und organisiert sie die sogenannten Infopoints im Ahrtal. Stellen, an denen Flutbetroffene Hilfe und Informationen erhalten können. Dafür hatte die Frankfurter Eventfirma von Missy Motown einen Vertrag mit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion geschlossen. Mit der Landesbehörde also, die für den Bevölkerungsschutz zuständig ist. Wieso ging der Auftrag aber gerade an die Firma von Missy Motown? Das wollen die Freien Wähler heute von der Landesregierung wissen.
Stephan Wefelscheid (Freie Wähler), Abgeordneter Landtag Rheinland-Pfalz
„Für mich ist dieser ganze Vorgang, warum eine Eventfirma aus Frankfurt beauftragt wurde, Katastrophenhelfer zu stellen völlig nebulös. Und am Ende des Tages geht es ja hier um viel Geld. Es ist ja nicht so, dass die ganze Nummer billig war, sondern es sind ja auch viele Gelder geflossen. Und dann hat der Steuerzahler natürlich auch einen Anspruch darauf, zu hinterfragen, mit welcher Methodik eine ADD in der Katastrophenbewältigung operiert. Denn da sind wir in der Diskussion und da geht es gar nicht darum, ob die Leute letzten Endes gute Arbeit gemacht haben, sondern es geht um die Frage, welche Alternativen kostengünstiger Art auch zur Verfügung standen.
Heute dann Fragestunde im Mainzer Landtag. Der Innenminister verteidigt die Vergabe des Auftrags an die m2a artitude GmbH. Er verweist auf die Ausnahmesituation, die damals nach der Flut geherrscht habe. Jede helfende Hand sei wichtig gewesen.
Michael Ebling (SPD), Innenminister Rheinland-Pfalz
„Es wäre ja geradezu unverantwortlich gewesen, in dieser Situation auf irgendein Vergabe- oder sonstiges Ausschreibeverfahren zu setzen. Und insofern war der ADD ein solches Angebot bekannt, andere Angebote nicht bekannt. Und da hat die ADD das getan, was man im Rückblick auch, glaube ich, nur als richtig bezeichnen kann – nämlich schnell ein personalisiertes Infoangebot zu sichern.“
Für die Opposition sind auch nach den Antworten des Ministers viele Fragen offen geblieben.
Michael Frisch (AfD), Abgeordneter Landtag Rheinland-Pfalz
„Es sieht offensichtlich so aus als, ob die ADD ohne weitre Prüfungen vorgenommen hat, es ist auch völlig unklar, inwieweit andere mögliche Vertragspartner überhaupt angesprochen worden sind. Der Innenminister ist auf ganz konkrete Fragen heute zu diesem Thema jede Antwort schuldig geblieben.“
Martin Brandl (CDU), Abgeordneter Landtag Rheinland-Pfalz
„Es gibt nach wie vor keine Transparenz. Und Transparenz ist, glaube ich, einfach hier eine gerechtfertigte Forderung, die man stellen kann. Und da brauchen wir einfach noch ein paar Antworten.“
Noch ein paar Antworten. Möglicherweise auch die nach dem Verhältnis der verschiedenen Helfergruppen untereinander vor Ort. Das soll sich nach dem Vertragsabschluss mit Missy Motown nämlich erheblich verschlechtert haben. In den sozialen Netzwerken gab es teils massive Anfeindungen.
Michael Ebling (SPD), Innenminister Rheinland-Pfalz
„Die Landesregierung möchte das Verhältnis der Helfer untereinander, der Gruppen untereinander nicht bewerten. Aber ich möchte für die Landesregierung klarstellen, dass Anfeindungen gegen Helferinnen und Helfer aus unsere Sicht inakzeptabel sind.“
Die Landesregierung will also das Verhältnis der Helfergruppen untereinander nicht bewerten. Ob sie noch lange bei dieser Haltung bleiben kann? Möglicherweise nicht mehr, wenn sich herausstellt, soll die Eventagentur an den Anfeindungen gegen andere Helfer selbst beteiligt gewesen sein sollte.