Streit über Öffnungszeiten von tegut-Geschäften

Es ist ein Urteil, das für Kopfschütteln sorgt. Hessens oberstes Verwaltungsgericht hat verfügt, dass Minimärkte in ganz Hessen sonntags schließen müssen und das, obwohl dort gar niemand arbeitet. Viele Bürgermeister befürchten jetzt eine Versorgungslücke, gerade im ländlichen Raum.

Gähnende Leere im Kühlschrank und das an einem Sonntag. Mist. Aber halt – der Minimarkt um die Ecke hat ja offen. Schupfnudeln, Zucchini, Sahne. An diesem Supermarktautomaten bekommt man alles fürs Abendessen. Mhm … ja, es könnte so schön sein. Ist es aber nicht. Denn der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Öffnung dieses komplett automatisierten Marktes an Sonn- und Feiertagen jetzt verboten.
Doch von vorn: Die Supermarktkette tegut betreibt in Hessen 28 dieser kleinen teo-Märkte, die an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr geöffnet haben. Mit einem reduzierten Warenangebot für den täglichen Bedarf und ohne Verkaufspersonal. Alles läuft digital, vom Eintreten übers Einkaufen bis zum Bezahlen.
Matthias Pusch, Sprecher tegut
„Für uns ist es so, dass wir am Sonntag keine Mitarbeitenden im Einsatz haben, hier im teo. Die Warenverräumung findet samstags statt und dann eben wieder Montag. Insofern ist das für uns ein begehbarer Warenautomat und sollte nach Definition eigentlich sonntags geöffnet haben dürfen.“
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof sieht den Shop aber nicht als Automaten. Zudem verbiete das Hessische Ladenöffnungsgesetz an Sonn- und Feiertagen Waren feilzuhalten, das heißt: überhaupt anzubieten.
Begründung Hessischer Verwaltungsgerichtshof
„Es macht für das Tatbestandsmerkmal des Feilhaltens schlicht keinen Unterschied, ob der Kunde die begehrte Ware aus einem Automaten […] oder aus einem Verkaufsregal oder von einem Verkaufstisch an sich nimmt; der Verkaufsvorgang setzt in beiden Fällen ein aktives Handeln des Kunden voraus […].“
Es gehe nicht nur um den Schutz der Arbeitnehmer, argumentiert der VGH, sondern auch um das Ziel, Sonntage als Tage der seelischen Erhebung zu schützen. Die übrige Bevölkerung dürfe nicht in ihrer Sonntagsruhe beeinträchtigt werden.
Für die Kunden des Mini-Supermarktes ist das absolut unverständlich.
Elke Schütz
„Wo tut einem das weh, wenn der teo geöffnet bleibt? Ich bin auf alle Fälle dafür. Das ist das Ding, was einem auch Freiheit gibt. Für mich war’s nicht nur das Vergessen, es waren auch gerade am Wochenende nochmal spontan Grillen, die Kinder sind nach Hause gekommen, das war … ich fand das spitze.“
Tino Lins
„Ja, ich sehe den Sinn darin nicht, dass die quasi kassiererlose Märkte jetzt sonntags auch schließen müssen.“
Das Thema ist nun auch in der Landespolitik auf die Agenda gerückt. So will die FDP eine eigene Initiative einbringen und falls nötig einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.
Stefan Naas (FDP), Designierter Fraktionschef Landtag Hessen
„Wir wollen das Ladenöffnungsgesetz reformieren. Das ist aus der Zeit gefallen, das passt nicht mehr zu den Menschen vor Ort. Da geht’s um Lebensqualität. Ich glaube, dass das Seelenheil jedes einzelnen nicht von einer Tüte Milch abhängt.“
Auch SPD und CDU haben signalisiert sich mit dem Thema zu beschäftigen. Und so hofft die Supermarktkette noch auf ein Umdenken – auch aus wirtschaftlichen Aspekten.
Matthias Pusch, Sprecher tegut
„Der Sonntag ist schon sehr verkaufsstark. Das heißt, es gibt Standorte, da macht der Sonntag drei Viertel des gesamten Wochenumsatzes aus. Und das heißt, wenn der Sonntag nicht mehr geöffnet werden darf und uns damit ein Großteil des Umsatzes für einen teo-Standort fehlt, dann kann das unter Umständen bedeuten, dass wir den teo dort wirtschaftlich nicht mehr betreiben können.“
Bis die neue Landesregierung ihre Arbeit aufgenommen hat, wird die Sonntagsfrage um die Ladenöffnung allerdings nicht gelöst. Und so heißt es bei knurrendem Magen am Sonntag wohl auch künftig – ab ins nächste Restaurant.