Stichtag – welche Mitarbeiter sind in der Pflege noch nicht geimpft?

Diese Woche wird ein umstrittenes Vorhaben Wirklichkeit: die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht. Das heißt: Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeberufen müssen bis heute nachweisen, dass sie gegen Corona geimpft oder genesen sind. Andernfalls drohen Bußgelder und ein Verbot den Job auszuüben. Ab morgen gilt sie dann – die Impfplicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen. Eigentlich. Denn erst einmal gelten Ermessungsspielräume und Umsetzungsfristen. Wir schauen uns das vor Ort an.

Geimpft, genesen oder gar nichts davon? Diese Frage musste das Personal im Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern bis heute beantworten. Das Ergebnis: Rund 95% der Beschäftigten sind geimpft oder genesen. Doch trotz der hohen Impfquote hat Pflegedirektorin Andrea Bergsträßer heute gemischte Gefühle. Denn durch die Impfpflicht könnte sie dringend benötigtes Personal verlieren.
Andrea Bergsträßer, Pflegedirektorin Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern
„Wir haben beispielsweise eine Station, auf der kumuliert sich das zufällig. Diese Station wird sicherlich sehr ins Straucheln kommen. Wir werden das im Haus versuchen müssen aufzufangen, indem wir Support leisten, von außen Dienste mit unterstützen, um dann einfach kurz-, mittel- und langfristig wieder in einen Aufbau zu gehen. Ansonsten – ja, die Kollegen, die jetzt betroffen sind und noch hier sind, werden das mit auffangen müssen.“
Wie das Westpfalz-Klinikum melden auch andere Einrichtungen im Gesundheits- und Pflegebereich eine hohe Impfquote. Laut Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz sind nur 13.000 der insgesamt 175.000 Beschäftigten nicht geimpft, nicht genesen oder haben über ihren Impfstatus keine Angaben gemacht.
Die Arbeitgeber müssen heute die betreffenden Personen den Gesundheitsämtern melden. Wer auch nach zwei Wochen keinen Nachweis vorlegen kann, muss mit einem Bußgeld von 500 Euro rechnen. Wie es dann weiter geht, bleibt offen.
Thomas Müller, Sprecher Gesundheitsamt Trier
„Dann ist eben mit dem Träger, mit dem Arbeitgeber und mit dem Mitarbeitenden zu entscheiden, kann er an nicht sensiblen Stellen eingesetzt werden, beispielsweise im Backoffice oder muss ein Betretungs- und Arbeitsverbot ausgesprochen werden oder ist die Spezialisierung so groß, dass der Mitarbeitende dringend eingesetzt werden muss. Und dann muss man sich überlegen, unter welchen Bedingungen das dann eventuell möglich sein wird.“
Die letzte Entscheidung muss das zuständige Gesundheitsamt treffen. Doch die sind durch die vielen Corona-Neuinfektionen und die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ohnehin überlastet.
Thomas Müller, Sprecher Gesundheitsamt Trier
„Gerade in der aktuellen Situation ist es nach wie vor so, dass wir unglaublich viel Arbeit vor uns haben. Unsere Mitarbeiter sind sehr angespannt, was das angeht. Wir müssen umschichten, wir müssen andere Aufgaben liegen lassen.“
Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch geht aber davon aus, dass sich die Lage in den Gesundheitsämter bald wieder entspannt.
Clemens Hoch, SPD, Gesundheitsminister Rheinland-Pfalz
„Wenn Sie die Fallzahlen, die die Gesundheitsämter jeden Tag bearbeiten müssen, und das sind im Moment über 10.000 mit Corona, die Sie danebenlegen, ist das ein Einmaleffekt.“
Doch wie groß werden die Löcher, die die Impfpflicht in die ohnehin dünne Personaldecke der Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen reißen wird?
Auch in Hessen sind noch rund 22.000 der rund 250.000 Beschäftigten nicht ausreichend geimpft oder genesen.
Das Pflegeheim Rosengarten im hessischen Erlensee zeigt, wie es im besten Fall laufen kann. Dort führte die Geschäftsführung schon im November eine Impfpflicht für das Personal ein. Die Folge: Nach und nach ließen sich alle Beschäftigten gegen das Corona-Virus impfen.
Jessica Mangold, Pflegedienstleitung Haus Rosengarten Erlensee
„Also, natürlich kamen sehr viele Mitarbeiter, die bis dato noch nicht geimpft waren zu Frau Geyer und mir ins Büro und wir haben darüber nochmal gesprochen und letztendlich haben sich dann alle für die Impfung entschieden. Wir müssen uns generell gegen Hepatitis impfen lassen in Pflegeberufen und da hinterfragt es auch keiner.“
Im Westpfalz-Klinikum sind die Aussichten aber weniger gut. Pflegedirektorin Andrea Bergsträßer befürchtet, dass viele ungeimpfte Mitarbeiter das Krankenhaus verlassen müssen. Wann das aber genau der Fall sein wird, das steht noch nicht fest.