Stellenabbau bei Continental

Nur 0,1 Prozent Wachstum in diesem Jahr: Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Konjunkturprognose diese Woche erneut nach unten korrigiert. Nur 0,1 Prozent – diese Zahl hat Sprengkraft und zeigt, wie angeschlagen die deutsche Wirtschaft ist. Aktuellstes Beispiel: der Autozulieferer Continental. Er macht zwei Werke in Hessen dicht – über 1.000 Menschen verlieren in Wetzlar und Schwalbach ihren Job. Doch die Mitarbeiter wollen das nicht kampflos hinnehmen.

Bei Jörg Seidler und Stefan Sachs sitzt der Schock noch tief. Gerade einmal zwei Tage ist es her, dass die Belegschaft von Continental in Wetzlar über das geplante Aus für ihren Standort informiert wurde. Obwohl der Betriebsratsvorsitzende und der IG-Metall-Bevollmächtigte für Mittelhessen schon seit längerem mit der Entscheidung gerechnet hatten, ist das Entsetzen bei den rund 430 Mitarbeitern groß.
Jörg Seidler, Betriebsratsvorsitzender Continental Wetzlar
„Erst mal Schock, Verzweiflung, Angst. Und am Ende auch ein bisschen Ernüchterung, weil es jetzt endlich raus ist. Aber dennoch Unverständnis, weil es einfach die falsche Entscheidung ist.“
Stefan Sachs, IG Metall Mittelhessen
„Seit vier Monaten geistert es schon durch die Gazetten und jetzt ist die Katze aus dem Sack. Und der Stil des Umgangs hier mit den Beschäftigten kennzeichnet sich auch dadurch, dass der Standortleiter im Urlaub ist aktuell in so einer Situation. Und ich glaube, unabhängig vom Inhalt, der für uns auch desaströs und nicht akzeptabel ist, ist der Stil und der Umgang respektlos vom Unternehmen. Und das können wir uns nicht gefallen lassen.“
Die meisten Mitarbeiter am Standort Wetzlar arbeiten im Bereich Forschung und Entwicklung – etwa an Lösungen zum autonomen Fahren. Eigentlich ein Zukunftssegment, das nun nicht nur abgespeckt, sondern auch komplett nach Frankfurt und Babenhausen verlegt werden soll. Das sorgt auch bei der Stadt Wetzlar für Unverständnis.
Andreas Viertelhausen (Freie Wähler), Bürgermeister Wetzlar
„Das kam für uns völlig überraschend. Das ist auch eine traurige Entscheidung, denn Conti ist ja ein über Jahrzehnte sehr zuverlässiger Arbeitgeber hier in Wetzlar gewesen. Und 430 Arbeitsplätze, das ist schon ein Wort. Das ist tatsächlich für die Betroffenen und auch für die Stadt ein trauriger Moment.“
Bereits seit längerem will die Stadt Wetzlar einen Teil des Continental-Geländes, das seit Jahren brach liegt, in ein Wohn- und Gewerbegebiet verwandeln. Zumindest dieses Vorhaben rückt durch das geplante Conti-Aus nun in greifbare Nähe.
Die Schließung der Standorte Wetzlar und Schwalbach ist Teil des im Februar angekündigten Konsolidierungsprogramms bei Continental. Weltweit sollen mehr als 7.000 Stellen wegfallen und Standorte zusammengelegt werden. Dadurch will der Konzern ab 2025 fast eine halbe Milliarde Euro im Jahr an Verwaltungskosten sparen.
Jürgen Pieper, Autoanalyst
„Conti befindet sich in einer Krise. Nicht als Gesamtkonzern, weil das Reifengeschäft läuft gu, aber der sogenannte ‚Automotive-Teil‘, also das eigentliche Autozuliefer-Geschäft von Conti. Das hängt schon seit fünf Jahren richtig durch. Man hat da jahrelang wirklich Verluste gemacht und glaubt jetzt, keinen anderen Weg zu sehen, als kräftig Personal abzubauen.“
Auch wenn die Bedingungen für Automobil-Zulieferer in den vergangenen Jahren nicht einfacher geworden seien, sei die Krise bei Continental ein Stückweit hausgemacht. Immer wieder habe das Management falsche Entscheidungen getroffen, so der Experte.
Bei der Belegschaft dürfte das den Ärger über die geplanten Standortschließungen eher noch größer machen.