Steckt Alexander M. hinter den NSU 2.0-Drohschreiben?

Mehr als 100 rassistische, beleidigende und volksverhetzende Schreiben sollen auf das Konto eines Mannes gehen, dem seit heute in Frankfurt der Prozess gemacht wird. Unterzeichnet mit „NSU 2.0“. Die Opfer waren zumeist prominente Frauen. Besonders brisant ist der Fall auch, weil der mutmaßliche Täter persönliche Daten seiner Opfer durch Abfragen über Polizeicomputer bekommen haben soll.

Was er von der Presse hält, macht Alexander M. gleich zu Beginn des Prozesses deutlich. Über sein weiteres Weltbild geben 116 Drohschreiben Auskunft, die er zwischen 2018 und 2021 verfasst haben soll. Drei Stunden dauert deren Verlesung durch die Staatsanwaltschaft.
Nadja Niesen, Staatsanwaltschaft Frankfurt
„In diesen Drohschreiben waren allerdings nicht nur Drohungen enthalten sondern auch volksverhetzende, rechtsextreme Beleidigungen und verbotene Kennzeichen. Die Anklage wirft dem Angeklagten insgesamt allein 67 Fälle von Beleidigungen vor.“
Mehrere Schreiben gingen an die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz, die unter anderem Angehörige von Opfern der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ vertrat. Die Drohschreiben waren in Anspielung auf diese Gruppe mit „NSU 2.0″unterzeichnet. Weitere Empfänger waren die damalige Fraktionschefin der hessischen Linken Janine Wissler und die Kabarettistin Idil Baydar. Weil persönliche Daten der Empfänger von Polizeicomputern in Frankfurt und Wiesbaden abgefragt wurden, standen auch Polizisten im Verdacht, mit den Schreiben etwas zu tun zu haben.
Nadja Niesen, Staatsanwaltschaft Frankfurt
„Wir haben Ermittlungen in die Richtung natürlich auch geführt. Die sind auch noch längst nicht abgeschlossen. Aber bislang hat sich eben kein hinreichender Tatverdacht ergeben, dass Polizeibeamte da irgendwie involviert sein können. Wir haben Ermittlungen, da geht es um den Verdacht des Geheimnisverrates. Die sind bislang erfolglos verlaufen. Wir warten jetzt mal die Hauptverhandlung ab, ob sich da neue Erkenntnisse ergeben.“
Alexander M. soll sich die Daten erschlichen haben, indem er sich als Behördenmitarbeiter ausgab. Doch nach Ansicht der Nebenklage erklärt das nicht alle Abfragen. Sie will auch das das ideologische Umfeld des Angeklagten durchleuchten.
Kristin Pietrzyk, Vertreterin der Nebenklage
„Dass immer wieder Frauen angegriffen werden, Frauen die sprechfähig sind, die in der Öffentlichkeit stehen, die ein klares politisches Statement haben. Das ist alles ein größeres Konzept, das heißt die Alleintätertheorie, die ist halt einfach nicht haltbar, insbesondere wenn man nicht aufklärt, wie sind die Netzwerke um die Person drumrum, die sich nicht im realen Leben abspielen, die sich in der virtuellen Welt abspielen.“
Morgen soll sich Alexander M. zur Sache äußern. Eigentlich will er das sofort nach Anklageverlesung tun, aber sein Verteidiger kann das verhindern. Er wird seine Gründe haben.