Spitzenjurist wegen Cum-Ex-Geschäften verurteilt

Im milliardenschweren Steuerskandal um sogenannte Cum-Ex-Aktiengeschäfte hat das Frankfurter Landgericht heute einen ehemaligen Top-Anwalt zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Die Richter sehen es als erwiesen an, dass der Jurist der inzwischen insolventen Maple-Bank zu den illegalen Geschäften geraten hatte – obwohl ihm klar sein musste, dass der Bank die mehrfache Rückerstattung der gezahlten Kapitalertragssteuer eigentlich nicht zustand.

Der Schaden, den der Angeklagte dem Steuerzahler zugefügt hat, ist enorm: Insgesamt 388 Millionen Euro soll die Maple-Bank in den Jahren 2006 bis 2009 mit Hilfe von Cum-Ex-Geschäften am Fiskus vorbeigeschleust haben – und das nicht zuletzt, weil Ulf J. der Bank als anwaltlicher Berater grünes Licht zu den Machenschaften gegeben hatte. Wegen Beihilfe zu besonders schwerer Steuerhinterziehung muss der 52jährige Deutsche nun für dreieinhalb Jahre hinter Gitter.
Georg Ungefuk, Sprecher Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt
„Das macht dieses Verfahren auch außergewöhnlich, weil es um diese Fragestellung eben der anwaltlichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit ging. Und mit dem Urteil heute, mit der Verurteilung des angeklagten Rechtsanwalts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe hat das Landgericht insoweit auch ein gewisses Zeichen gesetzt.“
Das Signal, das von dem Urteil ausgehen soll: Nicht nur diejenigen, die Steuern tatsächlich hinterziehen, sondern auch die, die das Ganze juristisch absegnen, können dafür zur Rechenschaft gezogen werden.
Cum-Ex-Geschäfte werden mit Aktien gemacht. Einmal im Jahr werden Aktionäre am Gewinn eines Unternehmens beteiligt. Sie erhalten eine Dividende. 25 % davon fließen  als Steuer an den Staat. Doch  Fonds und Banken sind von der  Steuer befreit. Sie erhalten deshalb eine Steuerbescheinigung und können sich die Steuer zurückerstatten lassen.  Ziel der Cum-Ex-Geschäfte ist es, mehr Steuerbescheinigungen zu erhalten, als eigentlich Steuern bezahlt wurden.  Dafür braucht man mindestens drei Beteiligte. Diese schieben die Aktien vor und nach der  Dividenden-Ausschüttung  so schnell hin und her, dass das Finanzamt den Überblick verliert.  Am Ende stellt das Finanzamt mehr Steuerbescheinigungen aus und erstattet mehr Steuern, als überhaupt bezahlt wurden.
Ein mitangeklagter ehemaliger Geschäftsführer der Maple-Bank kommt heute mit einer Haftstrafe von zwei Jahren davon, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Das Gericht bewertet es positiv, dass der 62 Jahre alte Deutsche von Anfang an voll geständig gewesen sei und so zur Aufklärung der Vorwürfe beigetragen habe.
Lange war unklar, ob Cum-Ex-Geschäfte nur gegen die Moral oder auch gegen Gesetze verstoßen.  2021 entschied der Bundesgerichtshof, dass Cum-Ex-Geschäfte grundsätzlich als Steuerhinterziehung zu werten sind.
Noch sind die Urteile gegen den Top-Anwalt und den Banker nicht rechtskräftig. Die Angeklagten können dagegen Revision einlegen.