Sondersitzung zum Missbrauchsfall in Edenkoben

Es ist ein Fall, der seit Tagen für Betroffenheit sorgt: Im pfälzischen Edenkoben ist am Montag ein zehnjähriges Mädchen auf dem Weg zur Schule in ein Auto gezerrt und sexuell missbraucht worden. Der mutmaßliche Täter konnte schnell gefasst werden und sitzt in Untersuchungshaft. Der Mann ist ein mehrfach vorbestrafter Sexualstraftäter und steht unter polizeilicher Beobachtung. Hätte die Tat durch die Behörden verhindert werden können oder gar müssen? Mit dieser und weiteren Fragen rund um den Fall hat sich heute der Landtag in Mainz befasst.

Die Polizeibeamten haben alles gegeben, um eine solche Tat zu verhindern. Und auch der Staatsanwaltschaft sind nach derzeitigem Erkenntnisstand keine Versäumnisse vorzuwerfen. Das berichten Innenminister Ebling und Justizminister Mertin bei einer Ausschusssondersitzung im Landtag heute Vormittag.
Herbert Mertin (FDP), Justizminister Rheinland-Pfalz
„Es ist alles aufgeboten worden, was in der jeweiligen Rechtslage möglich ist, was an Gesetzgebung erlaubt ist, und das ist dann durchgeführt worden.“
Dass dem so ist, daran zweifelt hier keiner. Und dennoch gibt es Handlungsbedarf.
Der mutmaßliche Täter ist seit den 1990er Jahren schon vielfach straffällig geworden. Neben Sexualdelikten wurde der 61-Jährige unter anderem wegen Diebstahls, Körperverletzung und dem Besitz von Kinderpornografie insgesamt zu fast zehn Jahren Gefängnisstrafe verurteilt. Erst vor zwei Monaten ist er aus der Haft entlassen worden. Eine der Auflagen: das Tragen einer elektronischen Fußfessel. Dies lehnt der Mann aber ab und kommt damit durch. Denn in Rheinland-Pfalz ist es rechtlich nicht möglich, eine solche Fußfessel unter Zwang anzulegen.
Dirk Herber (CDU), Vorsitzender Innenausschuss Rheinland-Pfalz
„Wir haben gesehen, dass wir an die Grenzen des Rechtsstaates stoßen. Und das sorgt bei vielen Menschen für Verunsicherung, nicht zuletzt bei einem selbst. Aber das ist das, was bei einem Staat nicht passieren darf. Wir dürfen den Staat nicht hier handlungsunfähig lassen, sondern wir müssen alle Regularien ziehen, um solche Taten zu verhindern und unsere Bevölkerung zu schützen.“
Deshalb fordert die CDU das Gesetz zu überarbeiten. Es dürfe nicht sein, dass es in der Entscheidung des Täters liegt, ob er die angeordnete Fußfessel trägt oder nicht. Das sehen die anderen Fraktionen auch so, genau wie der Innenminister. Er wolle das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz ohnehin erneuern.
Michael Ebling (SPD), Innenminister Rheinland-Pfalz
„Dazu gehört auch, dass wir einführen wollen, eine polizeipräventive Möglichkeit, gerade bei Sexualstraftätern auf die sogenannte Fußfessel setzen zu können. Und ich werde auch prüfen lassen, ob wir auch diese Fußfessel gegebenenfalls mit Zwang anwenden können.“
Die Regierungsfraktionen begrüßen Eblings Vorstoß, genau wie die Opposition. Die AfD fordert darüber hinaus eine Anpassung des rechtlichen Rahmens bezogen auf die Sicherungsverwahrung. Und sie stellt die Entscheidung des Gerichts infrage, das den Mann zuletzt verurteilt und von einer Sicherungsverwahrung abgesehen hatte. Diese Diskussion sieht der Justizminister als nicht zielführend an.
Herbert Mertin (FDP), Justizminister Rheinland-Pfalz
„Es steht dem Minister der Justiz nicht zu gerichtliche Entscheidungen zu kritisieren und dahingehend zu bewerten, ob sie richtig oder falsch waren. Die werden in richterlicher Unabhängigkeit getroffen und mit den getroffenen Entscheidungen müssen dann alle Beteiligten leben.“
Er will aber prüfen lassen, ob die Voraussetzungen für die Sicherungsverwahrung möglicherweise angepasst werden können.
Am Donnerstag tagt der Rechtsausschuss erneut. Bis dahin will der Justizminister weitere Details zum Missbrauchsfall in Edenkoben in Erfahrung bringen, um das Geschehene möglichst lückenlos aufzuarbeiten.