Sommerinterview mit Stefan Naas (FDP)

Der FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Hessen stellt sich den Fragen von Markus Appelmann.

Markus Appelmann, Moderator: Ein Sommertag par excellence mit Temperaturen über 30 Grad. Und ich begrüße zum ersten Mal bei uns auf der Dachterrasse den Spitzenkandidat der hessischen Liberalen für den Landtagswahlkampf, Stefan Naas. Herzlich willkommen!
Stefan Naas, FDP, Spitzenkandidat Landtagswahl Hessen: Herzlichen Dank für die Einladung.
Appelmann: Herr Naas, ein heißer Sommer steht bevor. Sie haben mal gesagt, Wahlkampf ist wie ein Espresso. Kommen Sie überhaupt noch mit Ihrer Familie dazu, einen Espresso mal in Ruhe zu trinken oder mal ins Schwimmbad zu gehen?
Naas: Ja. Das ist mir ganz wichtig. Morgens trinke ich immer einen Espresso und das mache ich mit der Zeitung, dann lese ich die. Das lasse ich mir auch nicht nehmen, auch mit der Familie zusammen, es muss gar nicht so lange dauern, und dann fütter’ ich die beiden Kaninchen und dann geht es auf in den Tag.
Appelmann: Okay. Und Schwimmbad ist auch noch möglich am Wochenende?
Naas: Schwimmbad ist ganz wichtig, weil meine Tochter ist eine begeisterte Schwimmerin und schwimmt unglaublich gerne. Und dann fahren wir ins Freibad nach Oberursel.
Appelmann: Herr Naas, noch nicht jeder kennt Sie, deswegen stellen wir Sie noch mal vor, unseren Gast des Tages im Sommerinterview. Hier kommt das Portrait von Stefan Naas.
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Stefan Naas – 1973 in Frankfurt geboren – arbeitete im hessischen Finanz- und im Wirtschaftsministerium, bevor er 2009 Bürgermeister von Steinbach im Taunus wird. Fast zehn Jahre lang führt er die 10.000-Einwohner-Stadt im Frankfurter Speckgürtel, bevor es ihn in die Landespolitik zieht. Mit seiner Wahl zum Spitzenkandidaten für die kommende Landtagswahl ändert sich das Erscheinungsbild der hessischen FDP. Während sich der Vorsitzende der Landtagsfraktion Renè Rock vor allem für frühkindliche Bildung stark machte, verkörpert Stefan Naas eher den klassischen Wirtschaftsliberalen. Wohl auch um den Unternehmern im Land zu signalisieren, dass es die FDP ist, die ihre Interessen am besten vertritt.
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Appelmann: Wir haben es gerade eben gesehen, René Rock wollte mit frühkindlicher Bildung neue Wählergruppen erschließen. Hat die hessische FDP diesen Ansatz jetzt aufgegeben? Geht es wieder auf die Kernthemen der Liberalen?
Naas: Nein. Also Bildung ist uns nach wie vor wichtig. Das ist ein zentrales Thema. Wir sind ja der festen Überzeugung, dass Bildung auch schon in den Kitas stattfinden muss. Und deswegen haben wir das Thema nach wie vor. Aber wir setzen jetzt auch verstärkt auf die Wirtschaft und ich glaube, das ist auch bitter not, denn die Wirtschaft in Hessen, die hat im Moment ganz schön zu kämpfen. Wir haben ja viele unterdurchschnittliche Jahre für die hessische Wirtschaft hinter uns. Die hessische Wirtschaft ist nicht richtig gewachsen im Bundesdurchschnitt. Und deswegen gibt es eine Menge zu tun.
Appelmann: Auf Wirtschaft und Verkehr kommen wir gleich noch. Sie haben sich ja auf dem Parteitag sogar als “Anti-Al-Wazir” bezeichnet. Wie kommt es denn zu der Formulierung?
Naas: Ja, wir sind unzufrieden mit der hessischen Wirtschaftspolitik. Ich bin der festen Überzeugung, dass Al-Wazir zu wenig tut. Er kümmert sich zu wenig um die Industrie in Hessen, ums Handwerk. Er ist kein Kümmerer. Und da gibt es eine Menge aufzuräumen, und da wollen wir ansetzen. Deswegen ist das natürlich ein Slogan. Und der zweite Punkt ist für uns, dass wir natürlich uns auch um die Infrastruktur kümmern müssen. Das heißt, Hessen ist ja ein Land, was ganz stark von seiner Infrastruktur lebt wie kein anderes Land. Und da müssen wir mehr tun.
Appelmann: Darüber spreche wir auch gleich noch. Über Infrastruktur, über Verkehrspolitik und so weiter. Lassen Sie uns aber zunächst mal über das große Thema in diesen Tagen sprechen. Es geht um das Gebäudeenergiegesetz, das ja letzte Woche noch ganz schnell durch den Bundestag sollte. Die Ampel wollte es durchwinken und dann hat das Bundesverfassungsgericht gesagt: “Nee, so läuft das Ganze irgendwie nicht.” Das ist doch kein Rückenwind für Ihren Landtagswahlkampf, oder?
Naas: Na, es ist kein Rückenwind für die Bundesregierung erst mal. Wir hatten da keine Eile bei dem Heizungsgesetz. Wir haben immer gesagt: “Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.” Wir hätten uns das auch anders gewünscht, aber die Grünen haben ja hier auf die Tube drücken wollen und wollten das alles sehr schnell. Und das ist ihnen jetzt auf die Füße gefallen. Ich finde zurecht.
Appelmann: Es klingt aber irgendwie so nach “Opposition in der Koalition”, denn auf Bundesebene regieren Sie in der Ampel ja mit den Grünen und der SPD zusammen und tragen somit die Entscheidungen ja auch mit.
Naas: Ja, aber wir wollen keine Verbotspolitik, so wie die Grünen das machen. Wir wollen auf marktwirtschaftliche Mechanismen setzen. Wir wollen Technologieoffenheit, wir wollen die Freiheit stärken. Und deswegen hätten wir es uns anders gewünscht. Wir haben Kompromisse gemacht. Ich finde, wir haben das Schlimmste verhindert in diesem Heizungsgesetz. Aber trotzdem muss man an der Stelle, glaube ich, die Verantwortlichen auch benennen und das sind die Grünen.
Appelmann: Aber am Ende – und das heißt im September – wird die FDP dieses Gebäudeenergiegesetz auch mittragen und es wird kommen. Das ist auch Ihre Prognose, oder?
Naas: Da wäre ich vorsichtig. Warten wir’s mal ab.
Appelmann: Okay. Wissen Sie mehr?
Naas: Nein, ich weiß nicht mehr. Im Moment sitzt es auf dem Gleis, aber ich sehe natürlich den Unmut in der Bevölkerung. Und damit werden die Grünen weiter zu kämpfen haben.
Appelmann: Da machen wir einen Punkt und kommen zu dem Thema, das Sie gerade eben schon angesprochen haben, das Thema “Verkehr und Mobilität”, denn da würden Sie Vollgas geben wollen, wenn Sie Verkehrsminister von Hessen werden sollten. Aber Schwarz-Grün tut da auch schon einiges in Hessen. Wir schauen mal.
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Ein Blick in Hessens Innenstädte zeigt: Sie werden fahrradfreundlicher. Parkplätze weichen Fahrradständern, Fahrstreifen werden zu Radwegen – wie hier in Darmstadt. Das Land fördert diese Projekte mit viel Geld. Allein in diesem Jahr sind es 48 Millionen Euro.
Tarek Al-Wazir (Bündnis 90 / Die Grünen), Wirtschafts- und Verkehrsminister Hessen
„Wir arbeiten an der Verkehrswende. Dazu gehört natürlich auch, dass wir den Menschen Alternativen zum Auto bieten. Wir sehen, dass es einen großen Bedarf vor Ort gibt, Radwege zu bauen, dafür zu sorgen, dass man auch wirklich sich gut vor Ort bewegen kann, auch zu Fuß.“
Kritik kommt von der FDP. Der grüne Verkehrsminister fixiere sich zu sehr auf den Ausbau von Radwegen und des öffentlichen Nahverkehrs. Dabei bleibe der Autoverkehr auf der Strecke. Hessen brauche neue Straßen. Außerdem müssten viele marode Straßen und Brücken saniert werden.
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Appelmann: Tarek Al-Wazir hat eine Straßensanierungsoffensive gestartet. Sie sagen, das ist Sabotage am Straßennetz. Jetzt sind im letzten Jahr 150 Mio. in die Straßensanierung geflossen in Hessen. Also, das ist doch ein bisschen übertrieben, was Sie sagen, oder?
Naas: Das finde ich nicht. Wir brauchen noch mehr Investitionsmittel in die hessische Straßen, und wir haben ja im Moment eine Abschreibung, die über den Investitionen liegt. Und deswegen sagen wir, wir müssen an der Stelle zulegen, wir müssen Straßen wieder instand setzen. Die Hälfte der hessischen Straßen ist in einem schlechten oder in einem sehr schlechten Zustand, also tun wir zu wenig. Und wir müssen aber auch neue Straßen bauen, weil der Verkehr insgesamt zunehmen wird.
Appelmann: “Mehr, mehr, mehr” kann die Opposition letztlich immer fordern. Sie müssen dann aber auch sich die Frage gefallen lassen: Wo kommt das Geld denn her?
Naas: Ich glaube, dass das Geld da ist. Man muss die richtigen Prioritäten setzen. Wir geben viel aus in den hessischen Ministerien. Wir haben da einen unglaublichen Stellenzuwachs von 40 % in den letzten neun Jahren gesehen. Man kann in der Bürokratie sparen, auch da geben wir sehr, sehr viel Geld aus. Das ist ein großes Thema in Hessen, wie wir die Bürokratie zurückdrängen können, die Überregulierung in unserem Land, und das Geld müssen wir sinnvoll investieren, und zwar nicht nur in Straßen. Wir wollen die Straßen, wir wollen auch, dass der Kampf gegen das Auto aufhört. Aber auch in Radwege natürlich, aber auch in die Schiene und in andere Infrastrukturmaßnahemn.
Appelmann: Aber genau da investiert ja Tarek Al-Wazir. Busverkehr, Bahnverkehr, Fahrradverkehr, in den jahrzehntelang auch von FDP-Verkehrsministern zu wenig investiert wurde. Nur ein Beispiel: Der letzte FDP-Verkehrsminister Florian Rentsch hat 8 Millionen in Radwege gesteckt, Tarek Al-Wazir 20 Millionen.
Naas: Ja, aber wir sind viele Jahre weiter. Wir sind jetzt zehn Jahre weiter und der Radverkehr hat sich in Hessen stark entwickelt, vor allem im Ballungsraum. Aber es ist in zehn Jahren nicht gelungen, einen einzigen Radschnellweg fertigzustellen. Tarek Al-Wazir hat es nicht geschafft, mehr als 50 Kilometer zusätzliche Radwege entlang der Landesstraßen in den letzten zehn Jahren zu bauen, und das ist für einen Grünen ein Armutszeugnis. Und da gilt der alte Satz aus der Bibel: “An den Taten werdet ihr sie erkennen.” Und da sind wenig Taten im Moment zu erkennen.
Appelmann: Die FDP feiert momentan das 49-Euro-Ticket, das ja Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP auf den Weg gebracht hat. Aber ist es wirklich eine so gute Idee, dass nun mehr Kunden auf ein marodes Schienennetz treffen?
Naas: Wir brauchen beides. Wir brauchen günstige Tickets, ja, und ich finde, das ist eine Revolution, dass wir jetzt das 49-Euro-Ticket haben, dass man einsteigen kann, dass man nicht mehr überlegen muss: “Tarifgrenze – habe ich das richtige Ticket? Habe ich den richtigen Stempel drauf?”, sondern einfach losfahren kann und das Ticket ja weitgehend digital ist. Das brauchen wir auf der einen Seite und auf der anderen Seite brauchen wir aber auch den Ausbau des ÖPNV gerade auf dem Land. Und dazu wollen wir alle Mobilitätsformen stärken, natürlich den Busverkehr, aber auch die Bahn. Wir müssen Strecken reaktivieren. Da gibt es eine Menge zu tun.
Appelmann: “Die Liberalen sind technologieoffen”, das sagen Sie relativ oft. Wenn es um den Autoverkehr geht, heißt das Wasserstoff-E-Autos, aber eben auch E-Fuels, das neue große Thema, also synthetische Kraftstoffe, mit denen Verbrenner emissionsfrei betrieben werden können. Sie wissen aber schon, dass bei der Produktion von E-Fuels sehr viel Energie verschwendet wird?
Naas: Ja, nicht immer. Es gibt ja auch Reststoffe – nehmen Sie Pommesfett beispielsweise, das können Sie zu synthetischen Kraftstoffen verarbeiten. Das ist relativ einfach möglich. Diese Kraftstoffe gibt es auch schon, die müssen nur noch zugelassen werden und dann können Sie Dieselfahrzeuge damit betanken. Das führt zu einer Reduktion der CO2-Reduzierung von über 90 %. Und ich finde, das kann man jetzt angehen. Da fordern wir auch die Landesregierung auf, das endlich zuzulassen. Es gab ja hier eine Tankstelle in Frankfurt, die das schon verkaufen wollte, die ist am ersten Tag geschlossen worden von der Regierungspräsidentin. Das haben wir für falsch gehalten.
Appelmann: Aber mir ging es gerade um die Herstellung. Wenn ich 100 % oben reingebe, bekommen im Motor nur 15 % an, da könnte ich ja den Strom auch direkt ins E-Auto tanken. Das ist ja viel effektiver.
Naas: Das kommt drauf an, zu welchem Preis Sie am Ende die synthetischen Kraftstoffe kaufen. Das würden wir gerne dem Markt überlassen. Also Sie können natürlich im Ausland viel günstiger herstellen. Zum einen den Strom, den können Sie aber nicht unentwegt transportieren, sondern Sie müssen ihn dann in einer flüssigen Form oder in einer gasförmigen Form nach Europa, nach Deutschland transportieren und deswegen glauben wir, dass hier an der Stelle die Technologieoffenheit der richtige Weg ist.
Appelmann: Okay. Herr Naas, an dieser Stelle blicken wir noch auf Ihre Partei und da schauen wir natürlich auch mit nach Berlin, wo im Bund die Ampel mit der FDP an Bord ein zerstrittenes Bild abgibt.
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Den FDP-Granden Christian Lindner und Volker Wissing dürfte es von Anfang an klar gewesen sein: Der Eintritt der Liberalen in eine Koalition mit zwei eher linken Parteien ist voller Risiken. Darüber kann das Etikett der sogenannten „Fortschrittskoalition“ nicht hinwegtäuschen.
Und so kam es dann auch: Ihre Stammwähler fremdelten massiv mit der Rolle ihrer FDP in der Ampel. In den folgenden Landtagswahlen verlor die Partei deutlich; in Niedersachsen und Berlin flog sie sogar aus den Parlamenten.
Lindner entschied, das eigene Profil in der Ampel wieder deutlicher werden zu lassen. Keine neuen Verbote, keine Steuererhöhungen, keine weiteren Schulden. Prompt wurden die Liberalen als die „Dagegen-Partei“ wahrgenommen. Das stört die FDP indes nicht:
„Wenn schwachsinnige Positionen vorliegen, dann sagen wir Nein!“
… so FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.  
Immerhin: Die Rolle der Opposition in der Regierung zeigt erste Erfolge; der Negativtrend im Bund ist gestoppt – und sei es um den Preis, dass die Regierung tief zerstritten wirkt. Überhaupt scheint die Ampel in Berlin nichts zu sein, was die FDP nach der Landtagswahl in Hessen wiederholen möchte. Die Liberalen sehen – im Gegensatz zur letzten Landtagswahl – wieder in der CDU ihren idealen Koalitionspartner.
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Appelmann: Wie ist es denn zu dieser Aussage gekommen, dass die CDU wieder Ihr Wunschkoalitionspartner ist?
Naas: Na ja, wir schauen ja im Landtag genau hin und schauen auch immer, wo gibt es Gemeinsamkeiten. Und es gibt natürlich Gemeinsamkeiten zur CDU, es gibt auch Gemeinsamkeiten zur SPD, aber Sie haben schon richtig dargestellt. Da gibt es größere Gemeinsamkeiten.
Appelmann: Aber René Rock, der Fraktionsvorsitzende der Liberalen, hat gerade vor kurzem noch gesagt, das ist nicht der natürliche Partner, die CDU. Also das sehen Sie ganz anders in der Partei?
Naas: Nein, da hat er recht. Wir sind eine eigenständige Kraft, eine eigenständige Partei. Wir gehen sehr selbstbewusst und eigenständig in diese Wahl. Wir wollen Schwarz-Grün beenden, weil wir der Auffassung sind, dass dieses Land sehr schlecht regiert wurde, unterdurchschnittlich regiert wurde, unter Wert regiert wurde in den letzten neun Jahren, und wir wollen Hessen wieder zum Wirtschaftswachstumsland Nummer eins machen. Wir wollen Hessen an die Spitze zurückführen. Und deswegen, glaube ich, muss man natürlich Koalitionspartner suchen. Und da hätte ich so … da hätte ich so meine Präferenz …
Appelmann: Da reden wir gleich mal drüber, Da kommen ja funkelnde Augen irgendwie raus bei Ihnen, Herr Naas. Haben Sie denn das Gefühl, dass Boris Rhein und Tarek Al-Wazir einander leid sind, weil Sie sagen: “Schwarz-Grün beenden”?
Naas: Ja, das sehe ich. Also da sind deutliche Risse in dieser Koalition mittlerweile. Und das sehen wir ja auch im Parlament, bei innenpolitischen Themen, bei anderen Themen, auch der Frage, wie man zu Forschungsthemen steht, wie man zu E-Fuels steht, wie man zur Kernfusion steht. Da sieht man deutliche Risse. Und deswegen ist es Zeit für eine neue Koalition.
Appelmann: Okay, da sind wir mal gespannt. Welche Koalition soll es denn richten? Denn CDU und FDP – laut der letzten Umfrage – 29 plus 7 % reicht nicht ganz.
Naas: Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten und ich will mich nicht festlegen, weil das tun die anderen auch nicht. Aber ich habe ja schon mal gesagt, ich könnte mir gut “Deutschland” vorstellen und das hätte auch eine Mehrheit.
Appelmann: Okay, “Deutschland” – also CDU, SPD und FDP. Nuss man aber auch dazu sagen, CDU und SPD wird alleine schon regieren können.
Naas: Oh, das ist sehr knapp, wenn Sie die allerneusten …
Appelmann: 51 %.
Naas: … wenn Sie die neuesten Umfragen nehmen, wird das sehr knapp und deswegen sind noch 90 Tage bis zur Wahl. Warten wir mal ab.
Appelmann: Okay. Im Landtagswahlkampf scheinen die Grünen ja ihr Hauptgegner zu sein, haben wir jetzt auch schon ein paar Mal gehört, aber wie glaubwürdig ist das denn denn? Sie regieren ja im Bund zusammen in einer Ampel mit den Grünen auch zusammen, oder haben Sie das schon abgehakt?
Naas: Nein, das habe ich nicht abgehakt, aber wir sind eine Partei der Mitte. Das Land ist immer stark, wenn es aus der Mitte heraus regiert wird. Wir schließen Koalitionen mit den Rändern aus, das gilt sowohl für die Linken als auch für die AfD, und dann muss man gucken, wo man am meisten liberale Politik durchsetzen kann. Und ich will das gerne offen halten. Und die Grünen will ich auch nicht ausschließen. Wir haben eine Koalition auf Bundesebene, wir koalieren in anderen Länderparlamenten auch erfolgreich, wie ich finde. Sie haben mich nach einer Präferenz gefragt, aber ausschließen möchte ich es nicht.
Appelmann: Sie haben gerade eben eine Partei noch angesprochen und das Thema wollen wir in diesem Sommerinterview auch noch besprechen: die AfD, die momentan von einem Umfragehoch zum nächsten geht. Gerade in den ostdeutschen Bundesländern Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen ist sie in den Umfragen die stärkste Kraft. Was ist Ihrer Ansicht nach der Grund für diesen Höhenflug der AfD?
Naas: Die Unzufriedenheit der Bürger dieses Landes mit der Politik der Ampel, mit der Politik der Grünen in der Ampel, so würde ich zuspitzen wollen.
Appelmann: Die FDP gehört aber zur Ampel nun mal auch dazu.
Naas: Die FDP gehört zur Ampel dazu, aber hat vieles Gutes in der Ampel bewirkt und hat auch viel Schlechtes – “Unsinn” haben Sie eben im Beitrag gezeigt – auch verhindert und dem würde ich mich anschließen.
Appelmann: Da war jetzt wenig Selbstkritik letztlich mit dabei. Ist nicht auch das zerstrittene Bild der Ampel – und dafür ist ja die FDP verantwortlich – schuld daran, dass die Menschen sich abkehren und vielleicht die AfD wählen?
Naas: Ja, die Außendarstellung der Ampel muss besser werden. Ich würde allen Beteiligten raten, vielleicht die Kompromisse erst mal gut zu durchdenken und auch am Ende auszuverhandeln und auch das Ende zu bedenken und vielleicht auch noch mal abzuwägen, ob man das wirklich der Bevölkerung zumuten will und kann, und dann in die Öffentlichkeit zu gehen. Es wirkt sehr debattierfreudig. Ich glaube, dass das auch große Probleme sind, die wir im Moment in diesem Land haben. Also wir werden in Zukunft nicht weniger Diskussionen bekommen, sondern ich glaube, eher mehr. Aber trotzdem gehört zur Regierung auch die Regierungskunst und da kann man einiges verbessern. Auch wir.
Appelmann: Okay, das ist ja schon mal ein bisschen Selbstkritik mit dabei. Ein Thema vielleicht noch in Richtung AfD. Die Strategie ist ja im Bund, im Land, bei allen Parteien eigentlich die AfD zu isolieren, sie nicht zu integrieren. Kann man denn langsam sagen, dass diese Strategie gescheitert ist? Und wie werden Sie mit der AfD jetzt im Hessischen Landtag umgehen?
Naas: Wir müssen unterscheiden zwischen den Themen, die die AfD aufgreift, und das sind natürlich auch Themen, die im Moment die Politik aufgreifen muss dann, und auf der anderen Seite den Positionen der AfD – und die sind für uns mit einem freiheitlichen Menschenbild, mit einem freiheitlichen Weltbild nicht vereinbar. Deswegen wird es auch keine Koalition mit der AfD geben. Wir sind eine optimistische Partei. Die AfD macht mit Ängsten Politik. Wir sind der Auffassung, dass das Land, dass sich die Zukunft zum Positiven entwickeln kann, wenn wir das geschickt machen und in die Hand nehmen. Und deswegen sind wir eine Partei mit einem ganz optimistischen Weltbild. Wir vertrauen dem Bürger und wir misstrauen ihm nicht.
Appelmann: Herr Naas, an dieser Stelle setzen wir einen Punkt und kommen zu unserem Spiel im Sommerinterview. “Auf ein Wort” heißt es. Von mir kriegen Sie ein Wort und ich bekomme von Ihnen im besten Fall eine schnelle, kurze, kompakte Reaktion darauf. Sind Sie bereit?
Naas: Jawoll.
Appelmann: “Gesund”.
Naas: Wollen wir alle bleiben. Vor allem auch in einem Wahlkampf, der sehr fordernd ist.
Appelmann: “Pommes”.
Naas: Esse ich gerne. Und gerne, nur mit Salz, ohne Ketchup und ohne Mayo.
Appelmann: “Hochtaunus”.
Naas: Ist eine tolle Gegend und hat wundervolle Landschaften und Berge. Und ich kann nur jedem raten, die Gegend mal zu besuchen. Mein Favorit ist der Altkönig. Etwas Mystisches, die Ringwälle – ich finde das sehr schön dort.
Appelmann: “Lastenrad”.
Naas: Ist eine gute Sache, muss man aber nicht subventionieren.
Appelmann. “Tempolimit”.
Naas: Lehnen wir ab. Ist ein Freiheitsthema. Ich fahre nicht schnell, aber ich habe auch keine Probleme damit, dass andere mich überholen.
Appelmann. “TikTok”.
Naas: Ist ein spannendes Medium, aber man muss auch nicht alles machen.
Appelmann: “Vegan”.
Naas: Ist eine persönliche Entscheidung, die jedem freisteht.
Appelmann: “Grillen”.
Naas: Sehr gerne.
Appelmann: Wann? Am Wochenende wieder?
Naas: Wochenende … Ich esse nicht so viel Fleisch. Es soll jeder selbst entscheiden, was er auf den Grill legt. Es kann auch Fisch sein.
Appelmann: “Fünf-Prozent-Hürde”.
Naas: Kein Thema für die FDP in Hessen.
Appelmann: “Familie”.
Naas: Sehr, sehr wichtig, weil die Akkus auch aufgeladen werden müssen.
Appelmann: “Sommerurlaub”. Das passt auch ganz gut rein.
Naas: Dieses Jahr sehr kurz.
Appelmann: Wo geht es hin?
Naas: Nach Spanien, da, wo ich vor 35 Jahren mit meinen Eltern war, um es meiner Tochter zu zeigen. Nach 35 Jahren. Ich bin gespannt.
Appelmann: Okay. Wir wünschen Ihnen einen schönen Sommer. Danke, dass Sie zu Ihrem ersten Sommerinterview hier bei 17:30 Sat.1 live waren. Stefan Naas.
Naas: Herzlichen Dank.