Silberner Bär für Dokumentarfilm aus Stadtallendorf

Einen besonderen Dokumentarfilm aus Hessen stellen wir Ihnen jetzt vor. Bei der diesjährigen Berlinale hat er gleich zwei Preise geholt: Den Silbernen Bären und den Publikumspreis. „Herr Bachmann und seine Klasse“ ist das einfühlsame Porträt einer ganz besonderen Lehrer-Schüler-Beziehung.

Filmausschnitt „Herr Bachmann und seine Klasse“
Dieter Bachmann
„Wir sollten als Klasse zusammenhalten. Die Ednur ist nicht schuld dran, dass sie im Moment so schlecht ist in der Schule. Verstehst du das? Verstehst du nicht?
Schüler:
„Nee, ich bleib bei meiner Meinung. Bleib bei meiner Meinung.“
Dieter Bachmann
„Da will ich jetzt auch nicht öffentlich drüber reden. Aber es ist einfach so, sie hat Probleme. Und deswegen ist sie schlecht. Und du bist mit ihr befreundet seit Jahren.“
Den Klassengeist stärken, ohne die individuellen Bedürfnisse der Schüler aus dem Blick zu verlieren. Jeden Tag aufs Neue stellt sich Lehrer Dieter Bachmann dieser Aufgabe. Keine leichte, wohlgemerkt, denn in seiner 6b treffen Kinder aus neun Nationen aufeinander. Einige sprechen zu Beginn kaum Deutsch.
Dieter Bachmann, Lehrer Georg-Büchner-Schule Stadtallendorf
„Es führt kein Weg dran vorbei, dass ein Kind, wenn es anfängt, sich für etwas zu interessieren, ein Selbstbewusstsein hat. Und nicht niedergeknüppelt wird mit Noten oder sonst was. Und auf der anderen Seite muss man jedem Kind auch sein Lerntempo und seine Zeit geben, sich zu entwickeln.“
Die Georg-Büchner-Schule liegt im mittelhessischen Stadtallendorf. Einer kleinen Industrie- und Arbeiterstadt mit langer Migrationsgeschichte. Die Gesamtschule mit Förderstufe und Ganztagsbetreuung bietet den Schülern von Lehrer Bachmann den Raum, ihre eigenen Potenziale zu entdecken. Seien es die Grundlagen der Mathematik oder der Bildhauerei.
Filmausschnitt „Herr Bachmann und seine Klasse“
Dieter Bachmann
„Es ist besser, so ein bisschen schräg den Meißel zu arbeiten, so.“
… oder die gemeinsame Musikstunde – Dieter Bachmann weiß, seine Schüler zum Lernen zu motivieren. Und so auf die Anforderungen der Leistungsgesellschaft vorzubereiten. Ayman Aouani ist einer von denen, die es nach Ende der Dreharbeiten vor vier Jahren aufs Gymnasium geschafft haben.
Ayman Aouani, ehemaliger Schüler von Dieter Bachmann
„Das hat auch geklappt. Also, es war jetzt nicht so, dass ich danach nach einem Jahr wieder runtergestuft worden bin. Sondern daran hat man gemerkt, dass man wirklich bei Herr Bachmann was gelernt hat. Wer was dafür getan hat, hat’s bekommen. Also, geschenkt war da auf jeden Fall nichts.
Immer mit dabei, ein halbes Jahr lang: die Kamera. Der nun entstandene Dokumentarfilm nimmt sich rund dreieinhalb Stunden Zeit für seine Protagonisten. Regisseurin Maria Speth ging es vor allem darum:
Maria Speth, Regisseurin
„… dass ich für den Zuschauer das erfahrbar mache, was ich selbst erlebt habe. Und zwar, dass ich für jeden Einzelnen in der Klasse ein Gefühl bekomme. Wie geht man miteinander um, wie kommuniziert man, wie fühlt man sich in einem Klassenzimmer von Dieter Bachmann.“
Mittlerweile ist der 69-Jährige im Ruhestand. Dass seine jahrzehntelange Arbeit als Lehrer jetzt eine solche Anerkennung erfährt, macht ihn schon ein bisschen stolz.
Dieter Bachmann, Lehrer Georg-Büchner-Schule Stadtallendorf
„Plötzlich hat einer die Idee, diesen Film zu belichten. Und zeigt den in der Welt draußen. Und dann gewinnt der Preise und Beachtung. Ja, das ist schon für mich ein Geschenk.“