Schüler und Lehrer fordern einen Plan B für sicheren Unterricht

Vieles ist noch unklar, obwohl wir schon dem zweiten Corona-Herbst entgegensteuern. Werfen wir mal einen Blick auf die Schulen. Seit zwei Wochen sind in Hessen die Sommerferien vorbei. Und an vielen hessischen Schulen sieht es nach den Sommerferien 2021 so aus, wie vorher. Konfliktpotential ist programmiert, wie ein Vorfall an einer Schule in Lich zeigt.

„Ihr könntet sterben“ – „Euch wird etwas ganz Schlimmes passieren, wenn ihr euch impfen lasst“.
Solche Aussagen mussten Schüler mit ihren Eltern letzte Woche über sich ergehen lassen. Denn auf einer Impfaktion der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Lich tauchten plötzlich dutzende Impfgegner auf.
Peter Blasini, Schulleiter Dietrich-Bonhoeffer-Schule
„Die Impfgegner und Corona-Leugner schlugen hier auf, belagerten das komplette Gelände, den Parkplatz und Eingangstor und sprachen dann gezielt Schülerinnen und deren Eltern an und wollten sie von der Impfaktion abhalten.“
Fest steht: Spätestens mit der Impf-Empfehlung der STIKO für die 12- bis 17-Jährigen ist das Thema Impfung bei Jugendlichen angekommen – und in ihren Familien. Fest steht aber auch: Impfungen allein werden keinen Regelbetrieb der Schulen sicherstellen.
Den Schulstart haben etwa die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und die Landesschülervertretung deshalb heute schlecht bewertet. Luftfilter-Anlagen fehlen vielerorts, ansonsten heißt es: Abstand halten und Lüften – 1.5 Jahre nach Beginn der Pandemie. Oft wird der einfachste Schutz vor dem Virus zum sozialen Spaltpilz in Schulen: Masken.
Jessica Pilz, Landesschulsprecherin
„Wenn ich als Schülerin dasitze und habe vielleicht noch paar Geschwister zu Hause, dann haben wir sowieso eine finanziell angespannte Lage und dann ist meine Familie praktisch gezwungen regelmäßig, große Mengen an schützenden FFP2-Masken zu kaufen und dann ist das eine Belastung, die nicht jede Familie tragen kann.“
Auf die Frage, warum das Land den Schülern Masken nicht zur Verfügung stellt, antwortet das Kultusministerium lapidar:
„Die Schulen können nur das eigene Personal, also Lehrkräfte, Sekretariate etc., mit Masken ausstatten. Die rund 750.000 Schülerinnen und Schüler in Hessen bringen ihre eigenen Masken selbst mit in die Schule.“
Masken, die zu oft getragen werden, Schnelltests, die häufig fehlerhaft sind, zu wenige Luftfilter-Anlagen, Lüften – es bleibt abzuwarten, ob damit der Präsenzunterricht im Herbst und Winter sichergestellt ist.
Jessica Pilz erzählt: Manche Schüler würden sich schon heute nur impfen lassen, um nicht wieder Homeschooling im Lockdown zu haben.
Jessica Pilz, Landesschulsprecherin
„Und das ist eigentlich eine Situation, die unfassbar ist, die für uns unfassbar ist, dass Impfen zu einem Akt der Verzweiflung wird, oder ein Akt, der aus Verzweiflung passiert, nur in der Hoffnung weiter ein freies Leben haben zu können. Und wir nicht auf die Maßnahmen des Kultusministerium vertrauen können, die es veranlasst, um unsere Schulen sicher zu machen.“
Den 40 Schülern an Peter Blasinis Schule dürften gelassen in die nächsten Wochen schauen. Sie haben sich impfen lassen – trotz Impfgegnern, vielleicht auch wegen mangelndem anderen Schutz.