Rheinland-Pfalz: 60 Jahre Partnerschaft mit Burgund

Für die meisten Menschen sind die Europäische Union und ihre Institutionen in Brüssel und Straßburg ein schwer durchschaubares Gebilde. Es heißt zwar immer, dass die EU ein einzigartiges Friedensprojekt sei, aber so richtig gelebt wird Europa einige Etagen tiefer, zwischen einzelnen Regionen und Kommunen. Am Wochenende wurde nun das Jubiläum der Partnerschaft Rheinland-Pfalz und der französischen Region Burgund-Franche-Comté gefeiert – und zwar in der Hauptstadt der Region, in Dijon.

Liebe geht nicht nur, aber vor allem bei den Franzosen durch den Magen. Die Markthalle von Dijon gilt dabei als wichtiges Aushängeschild der Burgunder Gastronomie und Küche. Die Burgunder Weine, sie haben Weltrang. Vielleicht spielte das alles 1962 mit eine Rolle: In jenem Jahr entstand die Partnerschaft zwischen Burgund und dem Weinland Rheinland-Pfalz. Sie war nach dem Zweiten Weltkrieg die erste ihre Art zwischen einem deutschen Bundesland und einer französischen Region.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Letztendlich glaube ich, dass kommunale, regionale Partnerschaften so was sind wie eine der größten Friedensbewegungen, denn die Menschen begegnen sich – unabhängig jetzt erst mal, was international eigentlich für schreckliche Dinge passieren – und sie stärken eigentlich auch den europäischen Gedanken.“
Dijon – Hauptstadt der Welt – so steht es auf dem T-Shirt, das der Bürgermeister von Dijon, Francois Rebsamen seinen Gästen überreicht.  Das zeugt von gesundem Selbstbewusstsein – und wenn es der Sache dient, junge Deutsche für Burgund zu begeistern – dann hätte es sich ja schon gelohnt.
Astrid Schmitt, SPD, Vizepräsidentin Landtag Rheinland-Pfalz
„Die jungen Menschen hier sind unsere Zukunft und das ist zwischen Regionen viel, viel einfacher als wenn wir immer nur von – ich sage jetzt mal Europaparlament oder Begegnungen auf Regierungsebene reden. Die Begegnungen zwischen den Menschen, das ist das Wichtige.“
Die Ministerpräsidentin sucht auch das Gespräch mit Jugendlichen, die sich am europäischen Bürgerdialog beteiligt haben und ihre Vorstellungen zur Zukunft der EU diskutiert haben, in Mainz wie auch in Dijon. Ohne die Sprache des anderen zu kennen wäre ein Austausch jedoch schwierig.
400 Schüler kommen jährlich aus Rheinland-Pfalz hierher, über 100 Schulpartnerschaften existieren.
Heike Raab, SPD, Bevollmächtigte des Landes für Europa
„Das ganz große Anliegen ist es, dass wir die Sprache des Nachbarn, des Freundes lernen. Wir in Deutschland Französisch und die Französinnen und Franzosen auch die deutsche Sprache.“
Hendrik Hering, SPD, Landtagspräsident Rheinland-Pfalz
„Allen eine Erfahrung von Europa zu geben – nicht nur Studentinnen, die viele Möglichkeiten haben –, die Berufe ausüben wie Schreiner, Metzger, Bäcker. Das andere Land kennenzulernen, in Betrieben zu erfahren, was Europa bedeutet.“
Was Europa bedeutet: Diese Frage findet in Zeiten, in denen auf diesem Kontinent in der Ukraine der russische Angriffskrieg tobt, ganz neue Bedeutung. Bisher existiert mit Burgund, der polnischen Region Oppeln und dem tschechischen Mittelböhmen ein Vierer-Netzwerk. Dies könnte sich bald nach Osten um eine ukrainische Region erweitern.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Ich fände es einen ganz schönen Gedanken, denn wir haben begonnen mit Burgund und Rheinland-Pfalz, inzwischen ist es ein großes Vierer-Netzwerk geworden. Wir haben gute Kontakte über Oppeln, über Mittelböhmen auch in die Ukraine. Und warum nicht zu sagen: Ja, wir werden jetzt auch an der Stelle ein bisschen Vorreiter mit Blick auf Europa und die europäische Integration der Ukraine, in dem das Vierer-Netzwerk zum Fünfer-Netzwerk wird.“
Wann und ob die Ukraine jemals der EU angehören kann – dies lässt sich aktuell noch nicht sagen. Doch einige Etagen tiefer könnte –   auf regionaler Ebene – schon recht bald der europäische Gedanke auch für Ukrainer spürbar werden.