Regierungserklärung zum Wiederaufbau im Ahrtal

Die Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 veränderte für viele Menschen im Ahrtal alles. Das war die Nacht der Jahrhundertflut, bei der 135 Menschen ums Leben kamen. Nächste Woche jährt sich die Katastrophe. Was ist seitdem passiert? Wie ist der Wiederaufbau vorangeschritten? Heute hat sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin in einer Regierungserklärung zur Flutkatastrophe geäußert. Für einige Betroffene ist in Sachen Wiederaufbau Sand im Getriebe.

Gegen das Vergessen protestieren die Betroffenen der Flutkatastrophe aus dem Ahrtal am vergangenen Samstag in Mainz. Sie fühlen sich von der Politik allein gelassen. Hilfsgelder kämen zu langsam oder gar nicht an, gleichzeitig erhielten freiwillige Helfer keine Unterstützung mehr vom Landkreis.
Ursula aus Bad Neuenahr
„Bei uns im Haus ist noch gar nichts passiert. Seit zehn Monaten. Man kommt dann da rein und sieht sich die verschmutzten Wände an und das ist kein Zustand.“
Katharina aus Bad Neuenahr-Ahrweiler
„Wichtig ist natürlich, die Anträge für die Landesbank, für den Kredit von der Landesbank leichter zu machen, leichter zu genehmigen und nicht nur 20 Prozent, sondern direkt 40 Prozent, damit die Menschen, die jetzt noch im Hintertreffen sind, die noch im Container sind, dass die weiterkommen,dass die ihre Häuser aufbauen können.“
Iris aus Ahrweiler
„Manche gehen dann … wohnen bei ihren Kindern oder Eltern, umgekehrt. Die sind immer noch nicht zuhause, die sind noch immer nicht, können die sich selbst versorgen. Wie kann man die Versorgungszelte schließen?“
Die Flutkatastrophe im Ahrtal ist heute auch Thema im rheinlandpfälzischen Landtag. Mit einer Schweigeminute gedenken die Abgeordneten der Opfer. In ihrer Regierungserklärung zieht Ministerpräsidentin Malu Dreyer Bilanz zum Wiederaufbau und lobt das Engagement der vielen Helfer.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Es zeigt sich in der Stunde der Not: Die Menschen halten zusammen. Und dafür sage ich auch heute nochmals aus ganzem Herzen: Vielen Dank!“
Die Opposition hatte die Landesregierung immer wieder dafür kritisiert, dass Betroffene zunächst nur einen 20-prozentigen Abschlag der Wiederaufbauhilfe bekommen. In Nordrhein-Westfahlen sind es hingegen 40 Prozent. Diesen Weg wolle man nun auch in Rheinland-Pfalz gehen, kündigt Dreyer heute an. Jedoch mit Einschränkungen.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Um sie möglichst gut zu unterstützen, können die Betroffenen bei Bedarf zukünftig einen erhöhten Abschlag von bis zu 40 Prozent erhalten. Ein solch erhöhter Abschlag wird als vorweggenommene Härtefallregelung dann gewährt, wenn den AntragstellerInnen ein erhöhter Liquiditätsbedarf durch eine anstehende Zahlungsverpflichtung entsteht und eine Zwischenfinanzierung nicht möglich ist.“
Die CDU stellt das nicht zufrieden, erklärt Horst Gies. Er ist Abgeordneter des Landkreises Ahrweiler.
Horst Gies, CDU, Abgeordneter Landkreis Ahrweiler
„Gelder sind grundsätzlich verfügbar. Aber die Auszahlung hinkt dem Bedarf weit hinterher und sie ist in vielen Fällen zu niedrig für den akuten Bedarf. Folgen Sie dem Beispiel von Nordrhein-Westfalen und Sie haben es ja eben angedeutet, aber eben nur in einer Härtefallregelung. Die ist doch wiederum mit Bürokratie behaftet.“
Auch die AfD kritisiert die Landesregierung für die zu langsame Auszahlung der Hilfsgelder.
Michael Frisch, AfD, Fraktionsvorsitzender Rheinland-Pfalz
„Aber dieses Geld kommt bei den betroffenen Menschen nicht an. Die Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion belegt dies eindeutig. So waren Ende Mai aus der Wiederaufbauhilfe lediglich 136 Millionen Euro an Privathaushalte für Hausrats- und Gebäudeschäden ausgezahlt. Auch die bisher an betroffene Unternehmen überwiesenen Mittel kann man im Verhältnis zum entstandenen Gesamtschaden nur als marginal bezeichnen.“
Die Kritik der Opposition stößt bei der Ministerpräsidentin auf Unverständnis. Die SPD verweist darauf, dass bereits 90 Prozent der Anträge auf Hilfsgelder bewilligt seien. Der Vorwürfe, die Regierung habe das Ahrtal vergessen, sei absurd, sagen die Grünen. Es habe sich bereits viel getan, doch wer glaube, das Ahrtal sehe nach zwei Jahren wieder so aus wie vorher, lebe an der Realität vorbei. Das zeigen auch die aktuellen Bilder, wie hier aus Mayschoß: Ein Ende des Wiederaufbaus scheint noch in weiter Ferne.