Prozessauftakt in Gießen: Ungeimpfte Pfleger klagen gegen ihre Freistellung

Die allgemeine Corona-Impfpflicht ist letzte Woche im Bundestag krachend gescheitert. Für Menschen in Gesundheitsberufen gilt sie allerdings weiterhin. Weil zwei Pfleger aus Gießen ihre Impfnachweise nicht bis zum 15. März übermittelt hatten, wurden sie von ihrem Arbeitgeber ohne Gehaltfortzahlung freigestellt. Dagegen haben sie jetzt beim Arbeitsgericht Gießen geklagt.

Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis bei den Arbeitsgerichten die ersten Klagen gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht auf dem Tisch liegen. So klagen auch zwei Mitarbeiter eines Seniorenheims im hessischen Pohlheim. Ihr Arbeitgeber hatte die beiden Männer am 16.März ohne Lohnfortzahlung freigestellt, weil sie keinen vollständigen Corona-Impfschutz vorweisen konnten. Seit diesem Tag gilt für Mitarbeiter im Gesundheitswesen nach §20a des Infektionsschutzgesetzes eine Impfpflicht.
Wer seinem Arbeitgeber bis zu diesem Stichtag keinen Impfnachweis, ein gültiges Genesenenzertifikat oder eine Impfbefreiung vorweisen konnte, wurde Ende März an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet.
In einem Eilverfahren soll das Gericht heute entscheiden, ob die Männer wieder arbeiten dürfen oder weiter freigestellt bleiben.
Die Pfleger argumentieren: Ihr Arbeitgeber habe sie vorauseilend freigestellt, obwohl das Gesundheitsamt dies noch gar nicht veranlasst habe. Außerdem seien sie durch tägliche Coronatests eine geringere Gefahr für die Bewohner, als ihre geimpften Kollegen, die sich seltener testen ließen.
Oliver Wiemers, Kläger
„Wenn die Impfung einen schützt, zumindest einen selbst, dann müsste es doch keine Rolle spielen, ob jetzt mein Gegenüber geimpft ist oder nicht, weil es ist ja der Eigenschutz.“
André Martin Desch, Kläger
„Ich möchte diesen Impfstoff nicht in meinem Körper haben. Das ist mein Recht als Mensch und diesem Recht werde ich nachgehen und werde auch dafür kämpfen.“
Für die Gegenseite steht fest: die Impfung ist eine Voraussetzung vom Arbeitgeber, um in der Einrichtung arbeiten zu dürfen.
Klaus Thönißen, Anwalt Pflegeheim
„Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers ist die Pflicht zur Impfung oder genesen zu sein, bzw. ein ärztliches Attest darüber, dass man nicht geimpft werden kann, eine gesetzliche Tätigkeitsvoraussetzung. Die Kläger erfüllen diese nicht.“
Eine Freistellung durch den Arbeitgeber sei daher gerechtfertigt. Dieser Argumentation folgt heute auch das Gericht im Eilverfahren. Die Pfleger dürfen vorerst nicht weiterarbeiten. Aus dem Infektionsschutzgesetz gehe nicht hervor, dass der Arbeitgeber die Pfleger anstellen müsse, bis das Gesundheitsamt über das weitere Vorgehen entschieden habe. Die Unterlegenen können gegen die heutigen Urteile Berufung einlegen.