Prozess um Tankstellen-Mord in Idar Oberstein – Angeklagter gesteht tödlichen Schuss

Es ist ein Fall der bundesweit für Entsetzen gesorgt hat. Vor einem halben Jahr wird der junge Tankstellenmitarbeiter Alex W. im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein erschossen, weil er einen Mann auf seine Maskenpflicht hingewiesen hatte. Zweiter Prozesstag heute vor dem Landgericht in Bad Kreuznach. Ein Tag vor Gericht mit einem Geständnis und vielen Erkenntnissen über den mutmaßlichen Täter.

Junger DDR-Flüchtling, Hauptschulabsolvent, eine Lehre als Schreiner, später dann selbstständiger IT-Fachinformatiker. Das sind die Eckdaten aus dem Leben des Mario N. Relativ normal – so beschreibt es der Angeklagte heute. Eine langjährige Beziehung mit seiner Freundin, die Geschäfte laufen gut. Doch dann kommt das Jahr 2020. Die Corona-Pandemie wirft den Angeklagten nach eigenen Angaben völlig aus der Bahn.
Seine Auftragslage bricht ein und Mario N. fühlt sich durch die Maßnahmen zur Einschränkung der Corona-Pandemie zusätzlich belastet. Durch sie kann er weder auf die Beerdigung seines Vaters noch seine todkranke Mutter im Krankenhaus besuchen. Insbesondere die Maskenpflicht habe dem Angeklagten zu schaffen gemacht.
Alexander Klein, Verteidiger von Mario N.
„Ja, der Angeklagte hat sich im Wesentlichen darauf berufen, dass die Corona-Beschränkungen ihn besonders hart getroffen haben, sowohl in beruflicher als auch in privater Hinsicht, aber auch in gesundheitlicher Hinsicht, weil er eine angeborene Luftröhren-Verengung hat und ein Asthma, was ihm das Maskentragen schwer machte.“
Immer neue Konfrontationen – auch mit seiner eigenen Familie – hätten ihn zermürbt. Die Situation in der Tankstelle als Alex W. ihn auf die Maskenpflicht hingewiesen hatte, habe das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht.
Alexander Klein, Verteidiger von Mario N.
„Er hat sich gedemütigt gefühlt, in dem Moment wieder einmal nicht ernst genommen zu werden mit seinen gesundheitlichen Problemen, in stereotyper Weise auf die Maskenpflicht hingewiesen worden zu sein, und das hat in ihm dann eine solche Frustration ausgeweckt, dass er an dem Abend sich dann spontan zu dieser Tat entschlossen hatte.“
Er bereue die Tat und entschuldige sich bei der Familie des jungen Tankstellenmitarbeiters, lässt der Angeklagte heute durch seinen Anwalt verlesen. Er sei eigentlich kein gewalttätiger Mensch, doch durch seine Recherche über das Coronavirus in verschiedenen Internetforen und sozialen Netzwerken habe er immer mehr Unverständnis für die Maßnahmen entwickelt und sei auch gewaltbereiter geworden.
Und dann spricht heute vor Gericht noch die Mutter von Alex W. – hier im Bild auf der Trauerfeier für Ihren Sohn aus dem vergangenen Jahr.
Maike Dickhaus, Gerichtsreporterin
„Seit der Tat sei nichts mehr wie es mal war, schildert die Mutter vor Gericht. Alex sei ein lebenslustiger und fröhlicher Mensch gewesen, ohne ihn sei die Welt nun ein Stück dunkler. Am Tatabend habe die Mutter gar nicht gewusst, dass ihr Sohn in der Tankstelle arbeite. Ihr sei die Chance genommen worden, sich von ihrem Sohn zu verabschieden und ihm zu sagen, dass sie ihn liebe. Am Ende richtet sich die Mutter noch mal direkt an den Angeklagten und blickt ihm fest in die Augen. Eine Absolution könne sie ihm nicht erteilen und ihm die Tat auch nicht verzeihen. Der Angeklagte antwortet, dass er das auch gar nicht erwarte, aber dass er trotzdem wolle, dass die Mutter wisse, dass es ihm leid tue.“
Bewegende Worte vor Gericht.
Am nächsten Donnerstag soll der Prozess mit ersten Zeugenvernehmungen fortgesetzt werden.