Probenbeginn bei den Bad Hersfelder Festspielen

Wenn in Bad Hersfeld große Bühnenteile über die Straßen rollen, Schauspieler aus allen Ecken Deutschlands kommen und die Presse quasi einfällt, dann kann das nur eines bedeuten: Die Vorbereitungen für die Bad Hersfelder Festspiele sind in vollem Gange. Heute war die erste Leseprobe für „König Lear“.

Während hier schon die ersten Bühnenteile in schwindelerregender Höhe in die Stiftsruine gehoben werden, an anderer Stelle Stühle und Geländer für das Publikum befestigt werden, geht es gleich bei der ersten Leseprobe von Shakespeares „König Lear“ mächtig rund.
„Du bist die längste Zeit meine Tochter gewesen.“ – „Aber, mein König …“ – „Still, Kent. Komm nicht zwischen den Drachen und seinen Zorn.“
Ein großer Zorn, denn der König will eigentlich sein Reich unter den drei Töchtern aufteilen. Eine bringt ihm aber vermeintlich nicht die Liebe entgegen, die ihm gebührt. Es endet – natürlich – in einem emotionalen Familiendrama im Spiel um Macht. Anders hingegen ist die Gefühlslage beim Ensemble und der Festspiel-Crew.
Joern Hinkel, Intendant
„Es ist eine große Freude. Es ist eigentlich wie Weihnachten und Geburtstag zusammen. Wenn man so lange auf die Geschenke gewartet hat. Und da sind sie jetzt endlich, die Geschenke.“
Max Herbrechter, „Gloucester“
„Ich freue mich sehr auf diese Arbeit. Ich bin sehr gespannt, aufgeregt, und, ja, gehe mit einer gehörigen Portion Respekt an diese Arbeit.“
Dass eine Frau König Lear, die männliche Hauptrolle, spielt, damit will Regisseurin Tina Lanik ein Zeichen setzen.
Tina Lanik, Regisseurin
„In dem klassischen Kanon gibt es eigentlich für Frauen in dem Alter nichts mehr zu spielen. Also, wenn man es jetzt klassisch besetzen würde. Eben, da gibt es dann maximal mal die Amme. Oder vielleicht einen Narr. Aber sonst gibt es einfach diese Frauenrollen nicht.“
Sie hat keine Geringere als die Österreicherin Charlotte Schwab angerufen.
Charlotte Schwab, Schauspielerin
„’Kann ich das?‘ Dann hat sie gelacht und hat gesagt ‚Siehst du, das ist typisch. Kein männlicher Schauspieler, der den Lear angeboten bekommt, fragt sich, ob er das kann. Sondern das ist eine Selbstverständlichkeit.‘ Man zweifelt natürlich und dann ist wieder Freude. Und das ist eine so großartige Rolle. So vielschichtig, vielfältig.“
Und ganz am Nabel der Zeit, modern interpretierbar für alle Epochen der Geschichte. Shakespeare-Manier eben. Schon jetzt kann sich das Publikum auf Kostüme freuen, die es so im 16. Jahrhundert bestimmt nicht gegeben hat. Vom Hofadel im Business-Look bis zu Närrinnen im futuristischen Einteiler.
Joern Hinkel, Intendant
„Shakespeare selbst hat, als er die Stücke geschrieben hat, auch immer die Leute in zeitgemäßen Kostümen auftreten lassen. Er war immer daran interessiert, einen heutigen, aktuellen Blick auf die Geschichten zu legen. Das Ganze machen wir auch. Weil es ist so ein allgemeingültiger Text, der immer gilt. Der immer die typischen menschlichen Stärken und Schwächen voller Liebe und Bewunderung zeigt.“
Bis es in Bad Hersfeld aber soweit ist, haben die Schauspieler und alle weiteren Fleißigen aber noch etwas Zeit. Ab dem 30. Juni heißt es dann zwei Monate lang: Bühne frei für „König Lear“.