Prekäre Lage an der Mainzer Universitätsmedizin

Wer in Rheinland-Pfalz schwer erkrankt, der landet meist in der Universitätsmedizin Mainz. Sie ist das größte Krankenhaus des Landes, beschäftigt rund 8.700 Mitarbeiter in über 60 Fachkliniken und Instituten. Gerne wird die Universitätsmedizin als ein „Maximalversorger“ beschrieben, der seinesgleichen sucht. Doch wie exzellent ist die Versorgung? Wie zeitgemäß die Infrastruktur? Kann hier noch Spitzenmedizin stattfinden? Über diese Fragen wird aktuell öffentlich gestritten. Die Folge: Ein Imageschaden weit über Mainz hinaus.

Sie soll für Spitzenmedizin und exzellente Forschung stehen – die Mainzer Universitätsmedizin.
Doch die wirtschaftliche Lage des größten rheinland-pfälzischen Krankenhauses sei mehr als prekär und ihre Ausstattung nicht mehr zeitgemäß. Diese Vorwürfe haben rund 40 Professoren, die Leiter der verschiedenen Fachkliniken, in Form eines Brandbriefs an das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium gerichtet.
Zudem warnen die Chefärzte davor, der „Versorgungsauftrag der Universitätsmedizin könne nicht mehr vollumfänglich erfüllt werden.“
Im Fokus der Kritik steht vor allem er: Christian Elsner, seit vier Jahren kaufmännischer Vorstand der Universitätsmedizin.
Ihm werfen die Klinikleiter vor, das Krankenhaus mit einer „rigorosen Sparpolitik“ heruntergewirtschaftet zu haben. Das Verhältnis zwischen Chefärzten und kaufmännischem Vorstand Elsner sei laut Brandbrief unwiederbringlich zerrüttet.
Ein Zustand, der für die rheinland-pfälzische CDU nicht akzeptabel ist.
Gerd Schreiner, (CDU), Abgeordneter Landtag Rheinland-Pfalz
„Das Vertrauensverhältnis ist gestört zum kaufmännischen Vorstand. Es fehlt mir jede Fantasie, wie das wieder ins Lot kommen soll. Das heißt, wir brauchen einen neuen Kaufmann, der mit Achtung, Respekt, Wertschätzung verhandelt und dem alle vertrauen.“
Christian Elsner sieht dazu keinen Anlass. Eine Interviewanfrage beantwortet er schriftlich:
Dr. Christian Elsner, kaufmännischer Direktor Unimedizin Mainz
„Beim Ringen um die Sache existieren naturgemäß diskrepante Positionen, die es im Dialog zu einen gilt.“
Seit Jahren schreibt die Mainzer Universitätsmedizin rote Zahlen im zweistelligen Millionenbereich. Für das laufende Jahr sieht der Wirtschaftsplan ein Defizit in Höhe von 57,6 Millionen Euro vor.
Nach Angaben der Universitätsmedizin rühren die Defizite vor allem aus der Patientenversorgung. Denn viele Operationen und Therapien würden von den Krankenkassen nicht auskömmlich finanziert.
Ein Problem, das nicht nur die Mainzer Universitätsmedizin beklagt. Ein Problem, das Bund und Länder jetzt im Zuge der neuen Krankenhausreform angehen wollen.
Die prekäre Wirtschaftslage wird sich kurzfristig nicht lösen lassen. Bleibt die Frage nach der Versorgungssicherheit und danach, wie schnell Chefärzte und Vorstand es schaffen, diese Frage nicht mehr grundlegend unterschiedlich zu beantworten.
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Eva Dieterle, Moderatorin: Und über die angespannte Situation spreche ich jetzt mit dem Staatsekretär des Gesundheitsministeriums und Aufsichtsratsvorsitzenden der Universitätsmedizin Mainz, mit Denis Alt. Guten Abend.
Denis Alt (SPD), Staatssekretär Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz: Guten Abend.
Dieterle: Herr Alt, viel Enttäuschung und viele Sorgen – das wurde in den Brandbriefen sehr deutlich. Das Bild, das die Universitätsmedizin so abgibt, ist nicht gerade rühmlich. Warum gelingt es Ihnen nicht, diese Probleme in den Griff zu kriegen?
Alt: Sowohl das Ministerium als auch der Aufsichtsrat nehmen den Brief der Einrichtungsleiterinnen und Einrichtungsleiter sehr ernst. Wir sind daraufhin in Gespräche eingetreten mit allen Beteiligten, sowohl mit den Absenderinnen und Absendern als auch mit dem Vorstand. Und das Ziel ist es ganz klar, die darin beschriebenen Mängel so zu bearbeiten, dass sie abgestellt sind oder dass es eine Perspektive gibt, wie es hier zu durchgreifenden Verbesserungen kommt.
Dieterle: Sie selbst haben gesagt, dass die Kommunikation in einigen Bereichen quasi zerstört ist. Wie kann der kaufmännische Vorstand Christian Elsner da überhaupt noch ihr uneingeschränktes Vertrauen haben – oder hat er es gar nicht mehr?
Alt: Also dass die Kommunikation an der Universitätsmedizin sich aktuell in einer Krise befindet, das ist offensichtlich, und die Aufgabe des Aufsichtsrates besteht darin, einen wesentlichen Beitrag zu leisten, dass diese Krise auch wieder überwunden werden kann. Das ist die Aufgabe, die wir jetzt anpacken. Das machen wir über Gespräche, aber auch über die Einschaltung eines externen Kommunikationsexperten, der einmal genau rein leuchtet, wie die Kommunikation innerhalb des Vorstandes, aber auch zwischen Vorstand und Einrichtungsleitungen funktioniert.
Dieterle: Genießt Herr Elsner noch Ihr volles Vertrauen?
Alt: Alle Vorstandsmitglieder, die im Amt sind, besitzen auch das Vertrauen des Aufsichtsrates, sonst wären sie nicht mehr im Amt.
Dieterle: Gesundheitsminister Clemens Hoch hat strukturelle Veränderungen angekündigt. Was passiert gerade?
Alt: Nun, die Universitätsmedizin muss selber natürlich auch einen Beitrag leisten, gut zu arbeiten, effizient zu arbeiten, sodass der Einsatz und das große Engagement aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch wirklich gut zur Geltung kommen. Und dafür brauchen wir Veränderungen, Veränderungsbereitschaft und dafür brauchen wir auch die eine oder andere externe Hilfe. Es wird eine Organisationsuntersuchung an der Universitätsmedizin in Mainz geben, die eine Diagnosephase hat über die nächsten Monate und danach wird es eine klare Sichtung geben, welchen Veränderungsbedarf wir haben. Einiges davon wissen wir auch bereits jetzt schon. Und dann steht der Universitätsmedizin Mainz auch eine Phase von Aufbruch und Veränderung bevor.
Dieterle: Anhaltende Personal-Konflikte, seit Jahren hohe Defizite. Ist die ärztliche Versorgung an der Universitätsmedizin in Mainz noch zu 100% gewährleistet?
Alt: Da bin ich mir sicher. Denn wie uns der medizinische Vorstand und der stellvertretende medizinische Vorstand berichten, ist die medizinische Versorgung an der Universitätsmedizin nicht nur gewährleistet, sondern sie ist sehr, sehr gut.
Dieterle: Herr Alt, vielen Dank für das Interview.
Alt: Gerne.