Polizeikontrolle in Koblenzer Fahrradstraße

Seit Juni heißt es in der Casinostraße in Koblenz: freie Fahrt für Fahrradfahrer. Denn dort dürfen nur unmotorisierte Zweiräder verkehren. Eigentlich – denn in der Praxis hält sich kaum ein Autofahrer an das Durchfahrtsverbot. Die Polizei in Koblenz hat deshalb eine Kontrollaktion gestartet und jede Menge Verstöße in der Fahrradstraße festgestellt.

Polizist: „Wir führen eine Verkehrskontrolle durch. Ich hätte gerne einmal ihren Führerschein und ihren Fahrzeugschein.“
Autofahrer: „Gerne.“
Polizist: „Der Grund für die Kontrolle ist: Sie sind in eine Fahrradstraße eingefahren.“
Autofahrer: „Wat bin ich?“
Polizist: „In eine Fahrradstraße eingefahren.“
Autofahrer: „Ja, ich kann doch da hinten gar net anders.“
Polizist: „Von wo kommen Sie denn?“
Autofahrer: „Ja, von der Luisenstraße.“
Polizist: „Ja, Sie dürfen aber die Fahrradstraße nicht befahren.“
Polizist: „Ja danke schön. Das stellt leider eine Ordnungswidrigkeit dar. Die Ordnungswidrigkeit ist mit 15 Euro Verwarngeld geahndet. Sie haben die Möglichkeit das vor Ort mit EC-Karte zu bezahlen.“
Nicht gewusst, nicht gesehen, einfach ignoriert. Dieser Autofahrer aus Koblenz wird heute um 15 Euro ärmer.
Wilhelm Fleuter, aus Koblenz
„Grundsätzlich für so’n Mist tut jeder Euro weh. Ist doch klar. Man hat ja nichts davon.“
Zwar bleibt der Mann freundlich – aber Einsicht? Fehlanzeige! Dass das eine reine Fahrradstraße sei, habe er eben nicht gewusst.
Wilhelm Fleuter, aus Koblenz
„Ja, gut, dass ab und zu mal eine Kontrolle gemacht wird, ist okay, ne. Aber warum ich jetzt eine Verwarnung kriege, wenn ich keine andere Möglichkeit habe als hierher zu fahren, ist mir unverständlich.“
Max Witt, Polizeikommissar aus Koblenz
„Ja diese Aussage höre ich tatsächlich relativ oft. Es gibt eigentlich immer eine Möglichkeit, nicht in eine Straße zu fahren, in die man nicht rein darf. Ich habe dem Herrn auch gesagt, wo die Möglichkeit bestanden hätte. Dann folgen meistens weitere Ausreden. ‚Nee, das wäre dann nicht gegangen‘ oder ‚Das wäre dann blöd gewesen‘. Das hört man tatsächlich relativ oft.“
Weil viele Autofahrer sich nicht an die Regeln halten, kontrolliert die Polizei hier immer wieder. Die Fahrradstraße soll eigentlich dafür sorgen, dass sich Fahrradfahrer und Autos nicht in die Quere kommen und dass Radfahren in Koblenz sicherer wird.
Doch schon unsere Stichprobe zeigt, immer wieder müssen Radfahrer den Autos ausweichen.
Janet Urban, Radfahrerin aus Koblenz
„Eben grad auch wieder hab ich voll die Vorfahrt genommen bekommen. Ich bin als Fahrradfahrer anscheinend kein vollwertiger Verkehrsteilnehmer.“
Gerd Engel, Vorsitzender ADFC Koblenz
„Weil der Autofahrer eben halt sich seinen Platz nimmt und der Radfahrer ausweichen muss. Eigentlich können die Polizisten – aber dafür haben sie keine Kapazitäten – hier jeden Tag viel Geld verdienen.“
Auch dieses ortsfremde Auto befährt unbefugt die Fahrradstraße. Das Navi habe sie hier hin geleitet, sagt die Frau am Steuer. Und dieser Mann wollte einfach den Weg zum Rathaus abkürzen.
Yasin Amadov, aus Koblenz
„Jetzt habe ich es verstanden. Aber erst mal nicht, dass ich hier nicht fahren darf. Ich bin immer hier gefahren und deshalb bin ich jetzt auch hier gefahren.“
Max Witt, Polizeikommissar in Koblenz
„Grundsätzlich sind die Leute sehr einsichtig und haben auch viel Verständnis für die polizeilichen Kontrollen. Bei vielen hört man einfach, dass sie es schlichtweg nicht wussten, dass sie es in Zukunft dann besser machen und drauf achten werden.“
Und dann gibt es auch die Autofahrer, die hier entlang dürfen – zum Beispiel Anwohner, Lieferanten oder Hotelgäste der Casinostraße.
Ismet Jovanovic, Lieferant
„Ich bin Kurierfahrer und ich habe Pakete beliefert. Deswegen darf ich hier reinfahren, um zu be- und entladen. Ich kenne die Fahrradstraße, weil ich jeden Tag hier hinfahre und immer beliefere und ich seh auch Autos, die fahren einfach hier rein, obwohl die gar nicht reinfahren dürfen.“
Volker Felgenheier, Anwohner
„Kontrollen sind schön. Aber wenn du mehrmals in der Woche – wie heißt das – diese Art der Kontrolle übergehen musst, ist das mehr wie Zeit- und Lebenszeitraub.“
Denn auch die allgemeine Verkehrstüchtigkeit jedes Fahrzeugs wird bei der Kontrolle mit überprüft. Und so muss dieser Lieferant zwar kein Verwarngeld wegen der Fahrradstraße zahlen, dafür 15 Euro weil er keine Warnweste dabei hat.
Insgesamt stellt die Polizei an diesem Tag 14 Verstöße innerhalb von zwei Stunden fest. Mehr als die Hälfte der kontrollierten Fahrzeuge befährt die Fahrradstraße ohne Erlaubnis.
Max Witt, Polizeikommissar aus Koblenz
„Die Bilanz ist leider so, dass immer noch viel zu viele Autofahrer in die Fahrradstraße einfahren, die kein berechtigtes Anliegen haben. Darüber hinaus zeigen viele Autofahrer aber auch Verständnis für die polizeilichen Maßnahmen, sind damit einverstanden, sehen auch ihre Fehler ein. Also wir haben eine durchweg gute Bilanz heute.“
Doch kaum ist die Polizei weg zeigt sich – der Verkehr rollt wieder durch die Casinostraße – auch auf vier Rädern. Und so sind wohl noch weitere Kontrollen notwendig, bis auch der letzte Autofahrer das Konzept Fahrradstraße verstanden hat.