Pilotprojekt Türkischunterricht in Kassel

Englisch, Französisch, Spanisch oder hatten Sie vielleicht sogar Latein im Unterricht? Das Fremdsprachenangebot an hessischen Schulen ist groß. Und es soll um einige Sprachen erweitert werden. In Schulversuchen möchte die Landesregierung schauen, was interessiert die Schüler. An der Georg-August-Zinn-Schule in Kassel zum Beispiel bietet man seit diesem Schuljahr neben Französisch und Russisch auch Türkisch als zweite Fremdsprache an.

Sie ist eine Pionierin auf ihrem Gebiet. Sündüs Sucu ist die erste und bisher einzige Lehrerin in Hessen, die Türkisch als Schulfach unterrichtet. Heute geht es um die Geografie und die Geschichte einiger großer Städte in der Türkei. Acht Schüler haben sich für den Kurs entschieden, aus ganz verschiedenen Gründen.
Mohamad, Siebtklässler
„Ich habe den Türkischunterricht gewählt, weil ich mehrere Freunde habe, die Türkisch auch sprechen. Und meine ganze Familie, also fast alle, leben in der Türkei, meine Onkels und meine Cousine. Deswegen möchte ich Türkisch lernen, damit ich das auch mit denen reden kann.“
Seymanur, Siebtklässlerin
„Ich kannte schon Türkisch, aber mein Türkisch war halt nicht so gut. Und ich habe vor, in der Zukunft in der Türkei zu leben und da muss ich ja, klar, anfangen, besser Türkisch zu reden.“
Die Vorkenntnisse sind ganz unterschiedlich. Für einige Schüler ist die Sprache komplett neu, andere sprechen sie jeden Tag in ihren Familien – eine Herausforderung für die Gestaltung des Unterrichts.
Sündüs Sucu, Türkisch-Lehrerin
„Es ist dann so, dass wir eben ein gemeinsames Themenfeld haben, eine gemeinsame Einstiegsphase haben, und ich dann eben so ein bisschen schaue, dass jeder so das kriegt, was er noch lernen muss. Und im Endeffekt ist es dann aber trotzdem das gleiche Themenfeld, sodass wir das dann wieder zusammenführen können.“
Eigentlich sind ihre Fächer Deutsch und Geschichte. Für den Türkischunterricht muss sich Sündüs Sucu, deren Muttersprache Türkisch ist, viel eigenständig erarbeiten. Dabei orientiert sie sich an den Vorgaben aus Nordrhein-Westfalen, wo Türkisch schon seit vielen Jahren ein ganz normales Schulfach ist. Denn einen Lehrplan für dieses Fach gibt es in Hessen noch nicht.
Genauso wenig wie eine entsprechende Ausbildung. Das macht es für Schulleiter Dominik Becker schwierig, geeignete Lehrkräfte zu finden.
Dominik Becker, Schulleiter Georg-August-Zinn-Europaschule
„Das heißt, man müsste ausweichen auf Nordrhein-Westfalen und da sind die Lehrkräfte meistens in Nordrhein-Westfalen gebunden. Und da muss man dann kreative Wege gehen und über Vitamin B dann gucken, wie man an die entsprechenden Lehrkräfte kommt. Und so ist auch der Weg, glücklicherweise, zu unserer Lehrkraft gekommen.“
Mindestens bis zum Ende der zehnten Klasse geht es für diese Schüler mit dem Türkischunterricht weiter. Und der nächste Jahrgang steht schon bereit. Denn wie das Kultusministerium vor einigen Tagen mitgeteilt hat, soll der Schulversuch weitergeführt werden.
Sündüs Sucu, Türkisch-Lehrerin
„Für mich würde es nächstes Jahr auf jeden Fall weitergehen. Also, es gibt auch sehr viele Schüler, die mich jetzt schon auf dem Schulhof ansprechen und fragen, ob es denn irgendwie die Möglichkeit gibt für nächstes Schuljahr.“
Die gibt es an der Georg-August-Zinn-Schule in Kassel in jedem Fall. Ob auch andere Schulen in das Projekt einsteigen, ist noch nicht bekannt. Sollte das Kultusministerium den Schulversuch als Erfolg verbuchen, könnte Türkisch zum Schuljahr 2024/25 in Hessen zum regulären Schulfach werden.