Pflegenotstand – Seniorenheim schlägt Alarm

Der Fachkräftemangel verschärft sich auch im Gesundheitswesen von Jahr zu Jahr, denn es fehlt an Personal und die Nachfrage, nach Pflegeplätzen zum Beispiel, steigt. „So kann es nicht weitergehen“, sagt der Leiter einer Pflegeeinrichtung in Frankenthal. Er hat sich in einem Brandbrief an Öffentlichkeit und Politik gewandt. Wir durften einen Blick hinter die Kulissen werfen.

Silke Zöller und Eileen Windecker sind im Altera Senioren-Domizil in Frankenthal unterwegs, unterhalten sich mit Bewohnern übers Fernsehen und fragen wie der Tag so läuft. Ein wichtiger Teil der Arbeit, der den beiden Pflegefachkräften besonders wichtig ist.
Eileen Windecker, Pflegefachkraft Altera Senioren-Domizil
„Die Wertschätzung ist von den Bewohnern da. Es ist ein sehr dankbarer Beruf von der Seite der Bewohner aus und das macht es schon aus, wenn man zur Arbeit kommt und die Leute bedanken sich. Sie sind froh, dass man da ist, sie sind froh dass es uns gibt, dass wir helfen.“
Doch der Job hat auch Schattenseiten. Wegen Überlastung und Stress hören viele Pflegekräfte auf. So können in Frankenthal von 126 Betten aktuell nur 113 belegt werden. Leere Betten heißt: weniger Geld für die Pflegeeinrichtungen. Für viele Unternehmen führt der Fachkräftemangel so in eine wirtschaftliche Krise.
Hans-Georg Pompe, Geschäftsführer Altera Senioren-Domizil
„Ich muss sagen, wie es ist. Das Pflegesystem steht nicht nur vor dem Kollaps, sondern wir sind mittendrin. Im letzten Jahr gab es in der Pflegebranche, stationäre Pflegeeinrichtungen, 800 Insolvenzen. Das sind mehr als zwei Insolvenzen pro Tag.“
Auch Leiharbeiter können die Probleme nicht lösen, denn die sind doppelt so teuer wie festangestellte Mitarbeiter. Und …
Hans-Georg Pompe, Geschäftsführer Altera Senioren-Domizil
„Leiharbeiter geben Ihnen vor, wie sie arbeiten wollen und wir müssen das einhalten. Wenn die sagen: ‚Wir wollen nur Frühdienste machen und nur von 7 bis 16 Uhr arbeiten‘, dann müssen wir uns danach richten. Das heißt, wir werden als Einrichtung zunehmend erpressbar. Und es gibt eine Art zwei Klassen Gesellschaft.“
Ein Zustand, der für Pompe und seine Mitarbeiter nicht mehr tragbar ist. Deshalb hat er einen Brandbrief an sämtliche Bundes- und Landespolitiker geschrieben. Darin fordert er eine Lockerung der Vorschriften. Bisher müssen mindestens 50% seiner Mitarbeiter Pflegefachkräfte sein. Studien würden aber belegen, dass auch mit 40% Fachkräften eine gute Betreuung möglich sei.
Unter den aktuellen Bedingungen würden immer mehr Fachkräfte kündigen. Das hat auch Silke Zöller überlegt.
Silke Zöller, Pflegefachkraft Altera Senioren-Domizil
„Weil der Stress auch einfach zu groß oder weil man da auch mit den Arbeitskollegen oder, ach, mit so vielem drum und dran nicht mehr klarkommt und ich habe mir auch mal überlegt eine Leasingkraft zu werden. Dann habe ich mich mal in einer ruhigen Minute mal hingesetzt und hab mir gedacht, was bringt mir jetzt Vorteile, was sind die Nachteile und ich bin einfach ein Mensch, der die Zähne zusammenbeißt und durchhält.“
Das Versucht auch Hans-Georg Pompe. Bis die rheinland-pfälzische Landesregierung auf seinen Brandbrief reagiert, muss er improvisieren. So versucht er mit Job-Speeddating neue Fachkräfte zu gewinnen. Damit Silke Zöller und Eileen Windecker schnell neue Kollegen bekommen, die bei ihrer Arbeit genauso aufblühen wie sie.