PCR-Testmöglichkeiten am Anschlag

Wie viel Kapazität gibt es noch in den Laboren, die PCR-Tests auswerten? Und können sie so einfach und schnell erweitert werden? Eva Dieterle spricht mit Dr. Oliver Harzer, Geschäftsführer von Bioscientia in Ingelheim.

Eva Dieterle, Moderatorin: Guten Tag.
Dr. Oliver Harzer, Geschäftsführer Bioscientia Ingelheim: Guten Tag, Frau Dieterle.
Dieterle: Herr Harzer, sind Sie mit ihren Laboren bereits an der Kapazitätsgrenze angekommen?
Harzer: Also, man kann sagen, über alle Labore, wir haben ja mehrere Labore im Bundesgebiet, ja, aber es gibt Standorte, jetzt wie auch hier in Ingelheim, unserem größten Labor, wo wir noch Puffer haben und den nutzen wir dann auch aus und den Kolleginnen und Kollegen an den Standorten, die einfach sehr viel zu tun haben, die vielleicht auch nicht die Geräte und Personalkapazität haben, um das Aufkommen zu schaffen im Moment, dass wir denen dann aushelfen und damit immer noch eine sehr zügige Befundübermittlung und -erstellung auch schaffen.
Dieterle: Was halten sie von der Priorisierung von PCR-Tests?
Harzer: Also das Thema Priorisierung ist jetzt nicht so neu, wie das jetzt da gerne dargestellt wird. Wir machen das schon seit dem Beginn der Pandemie, haben immer wieder die Fragestellung gehabt, auch am Anfang – also vor zwei Jahren, hat man ja nicht mal 1/4 der Kapazität, vor einem Jahr war es gerade mal die Hälfte – und wir haben immer wieder Phasen gehabt durch die verschiedenen Wellen oder auch durch verschiedene Testkonzepte durch Landes- und Bundesregierung, wo wir Knappheit hatten und schon da haben wir immer schon priorisiert. Alte Menschen, Menschen in Krankenhäusern, Altenheime, wenn wir das identifizieren konnten, wenn wir das differenzieren konnten, haben wir das gemacht. Das ist ein probates Mittel und wenn es knapp wird, kann man das nutzen.
Wie sich die Regierung das vorstellt, das muss man jetzt mal sehen. Der Bundesminister für Gesundheit muss ja jetzt erst mal eine Verordnung schreiben, in der auch genau spezifiziert wird, wie das zu funktionieren hat. Neu ist das für uns nicht.
Dieterle: Viele fragen sich jetzt: Was bedeutet das dann für Menschen ohne Priorisierung? Müssen die sich dann auf lange Wartezeiten einstellen?
Harzer: Na ja also, wenn wir jetzt die letzte Woche betrachten, wo wir ja einen ganz guten Mix hatten zwischen neu infizierten Patienten, Patienten, die sich auch schon wieder oder Menschen, die sich wieder freigetestet haben, aber auch Menschen, die zum Beispiel in Urlaub fahren wollten, und wir haben diese Woche eigentlich immer noch geschafft, obwohl wir in Deutschland fast 2,5 Millionen Tests gemacht haben. Dann würde ich jetzt mal denken, dass wir jetzt nicht davon ausgehen müssen, dass die große Masse der Menschen plötzlich dann überdurchschnittlich lange auf die Tests warten müssen.
Im Moment ist einfach … die Welle ist hoch, die Testkapazität ist auf ein bestimmtes Maß eingeschränkt und deshalb muss man halt dann auch es akzeptieren, dass, wenn ich zum Beispiel nach einem positiven Antigentest, wenn ich die Bestätigung haben will, dass ich da mal zwei Tage warte. Aber ich würde ja sowieso in der Quarantäne oder in Isolierung gehen und von daher ist das dann jetzt eben mal gerade so, das wird aber nicht ewig andauern.
Dieterle: Sie haben eben die Kapazitäten angesprochen. Die Ministerpräsidenten wollen, dass die Laborkapazitäten zügig ausgebaut werden. Ist das denn so einfach möglich?
Harzer: Also zügig ist gar nicht möglich. Ausbauen tun wir sowieso. Also wir haben ja ausgebaut, jetzt auch im letzten Jahr die Kapazität hier in Deutschland verdoppelt, auch wir hier in unserem Unternehmensverbund mehr als verdoppelt. Es sind aber nicht nur die Geräte. Also auch unsere Geräteleferanten, die im Moment gar nicht liefern können. Und nur mal ein Beispiel zu nennen, wenn Sie eins von diesen wirklich Hochdurchsatzgeräten aufbauen, sind Sie zwar zwischen anderthalb und zwei Wochen beschäftigt, Sie brauchen aber auch noch Personal. Sie brauchen Personal, Sie müssen Infrastruktur schaffen, Sie müssen die Logistik aufbauen, Sie müssen die IT-Verbindung bauen. Also in bestehende Labore etwas rein zu machen ist eine Sache, wenn überhaupt Platz ist – Klammer auf, Klammer zu – und das zweite ist, so was auf einer grünen Wiese aufzubauen, mal schnell., das halte ich für absolut unmöglich.
Dieterle: Die Pandemie bringt immer wieder neue Herausforderungen, Herr Harzer, vielen Dank für das Interview.
Harzer: Danke!