Passionsspiele in Wintrich

Wenn im rheinland-pfälzischen Wintrich die Männer wieder mit langen Bärten durch den Ort laufen, wissen alle Bescheid: Die Passionsspiele stehen vor der Tür. Seit 1902 werden sie alle fünf Jahre in dem kleinen Dorf an der Mosel aufgeführt. Dieses Jahr ist es wieder soweit.

„Nehmt hin und esst. Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.“
Das wohl berühmteste Abendessen der Welt. Das letzte Abendmahl. Aufgeführt bei den Passionsspielen in Wintrich. Seit einem Jahr nun proben die rund 80 Laiendarsteller gemeinsam mit dem Chor, der aus 65 Sängern besteht und vielen fleißigen Helfern hinter den Kulissen. Die meisten kommen aus der Umgebung. Viele von ihnen standen als Kind das erste Mal auf der Wintricher Bühne.
Nadine Krämer, spielt die Ehebrecherin
„Viele, die man auch tatsächlich sonst gar nicht so sieht, sondern nur zu dieser Zeit, aber mit denen man auch so ein tolles Verhältnis hat. Und ja, dieses Gemeinschaftsgefühl ist einfach etwas ganz Besonderes.“
Leonard Metzen, spielt ein Kind
„Ich find’s cool, dass hier alle so nett sind und dass Wintrich so etwas hat, weil das hat nicht jedes Dorf.“
Frank Hintze, spielt einen Pharisäer
„Und verwandle mich also wie gesagt alle fünf Jahre in so eine Mischung aus Räuber Hotzenplotz und Ötzi. Ich hab auch meine Frau in dem Fall mal so kennen gelernt, wir sind verkuppelt worden. Ich kam mit diesem Bart an und – naja, es hat aber trotzdem geklappt.“
Denn die Bärte sind alle echt und müssen liebevoll gezüchtet werden. Aufgeführt werden die Passionsspiele in der katholischen Kirche Sankt Stephanus. Ursprünglich wurden sie ins Leben gerufen, um aus den Einnahmen die Kirche zu renovieren. Diesen besonderen Schauplatz hat man nie geändert.
Christian Schulz, Vorsitzender „Passionsvereinigung Wintrich e.V.“
„Das Besondere bei uns ist halt, dass die Nähe vom Publikum zur Bühne, zu den Darstellern immer da ist. Also der Besucher ist immer mittendrin. Und durch die Nähe des Publikums zum Spiel hat man auch eine ganz andere emotionale Ebene, die man als Zuseher, Zuschauer aufbauen kann.“
Und das kommt bei den Besuchern auch gut an.
Manuela Sonntag
„Es ist so lebhaft dargestellt und so authentisch. Also jedes kleine Detail, wenn man sich das anschaut. Allein diese Lederschuhe, die Tauben auf dem Markt.“
Matthias Schneiders
„Den sprachlichen Gebrauch finde ich sehr, sehr besonders. Und die Akteure sind einfach mit Herzblut dabei.“
Alle Rollen werden mehrfach besetzt, denn insgesamt gibt es von März bis Mai 23 Aufführungen. Was braucht es außer einem guten Bartwuchs noch, um dabei zu sein?
Christian Schulz, Vorsitzender „Passionsvereinigung Wintrich e.V.“
„Glauben muss man auch haben, um auch das verkörpern zu können, was wir hier spielen. Also ich bin jetzt auch nicht katholisch, ich bin evangelisch, hat aber damit nichts zu tun, weil die Geschichte die gleiche ist. Oder ob jetzt jemand mit muslimischem Hintergrund dabei wäre. Wir haben auch Mikita zum Beispiel, Ukrainer.“
An diesem Freitag findet die nächste Vorstellung statt. Dann heißt es wieder:
„Verraten werde ich. Verkauft. Und zwar verkauft von einem unter euch.“ – „Wen meint der Meister?“