Corona-Welle führt zu Datenstau

1.286 – so hoch ist die Sieben-Tage-Inzidenz heute in Hessen. Mal wieder ein neuer Höchststand, mal wieder mehr als 17.000 Corona-Neuinfizierte an einem Tag. Und dennoch, so die Befürchtung, liegen sogar diese Rekordzahlen in Wirklichkeit noch viel höher. Schuld ist ein Meldestau.

Allein in Wiesbaden sind es mehr als 1.000 Menschen, die sich derzeit täglich mit dem Coronavirus infizieren. Zahlen, die die hessische Landeshauptstadt überfordern. Das Gesundheitsamt der Stadt schafft es wegen Personalmangels seit gestern nicht mehr, die Corona-Fallzahlen tagesaktuell an das Robert-Koch-Institut zu übermitteln. Derzeit stauen sich hier rund 1.000 Fälle.
Ganz zu schweigen von der Kontaktpersonennachverfolgung die in den meisten Gesundheitsämtern bereits aufgegeben wurde.
Und damit nicht genug. Das RKI hat derzeit Probleme mit seiner Meldesoftware SurvNet. Wegen der großen Datenmengen läuft das System nur noch langsam und stürzt häufig ab. In Frankfurt sind deshalb rund 6.000 Fälle noch nicht erfasst. Das führt auch dazu, dass Infizierte hier rund sieben Tage auf ihre Quarantäneanordnung warten müssen. Dabei gibt es im Frankfurter Gesundheitsamt eigentlich genug Personal.
Udo Götsch, Abteilungsleiter Infektiologie beim Gesundheitsamt Frankfurt
„Es liegt tatsächlich an der Langsamkeit des Systems. Je mehr Personen in der Falleingabe beschäftigt sind, desto langsamer wird das System. Das heißt, wir sind im Moment bei 60 Personen. Wenn wir diesen Bestand auf 100 erhöhen, dann verlangsamt sich die Falleingabe derart, dass wir in der Summe auch nicht mehr Meldungen anlegen könnten.“
Das RKI verspricht Abhilfe, doch viele Infizierte fühlen sich allein gelassen. Gesundheitsämter sind oftmals nicht zu erreichen, Hotlines überlastet. Und das auch im dritten Jahr der Pandemie.
Wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach heute mitteilt sei der Höhepunkt der Coronawelle noch nicht erreicht. Man gehe davon aus, dass sich die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland fast verdreifachen könnte.
Die Frage ist also, wie soll es weitergehen, funktioniert das Meldesystem überhaupt noch?
Udo Götsch, Abteilungsleiter Infektiologie beim Gesundheitsamt Frankfurt
„Der Anteil unserer Zeit, den wir für den direkten Kontakt mit den Patienten aufwenden können, ist immer geringer geworden. Das ist ja eigentlich das, was uns am Herzen liegt. Vor allem die Personen, die mutmaßlich einen schweren Verlauf haben könnten; nämlich vor allem die Älteren persönlich anzurufen und zu beraten. Also die Falleingabe müsste so weitgehend automatisiert werden, dass wir auf diesen Teil der Arbeit nur noch ganz wenig Zeit verwenden.“
In absehbarer Zeit wird das aber nicht erfolgen. Wegen der fraglichen Infektionszahlen hat das RKI jetzt angekündigt für seine Bewertung in erster Linie auf Krankenhauseinweisungen und Arztbesuche zu schauen. Es ist eine unsichere Datenlage, auf die sich die Politik bei den nächsten Entscheidungen stützen muss.
Und soeben erreicht uns eine Meldung, nach der in Rheinland-Pfalz die Datenflut wenigstens etwas reduzieren wird. Denn dort hat Gesundheitsminister Clemens Hoch mitgeteilt, dass wegen der hohen Booster-Quote kaum noch Kontaktpersonen in Quarantäne müssten. Deshalb müsse man ab kommender Woche in Rheinland-Pfalz in Hotels, Restaurants, Fitnessstudios und anderen Freizeiteinrichtungen keine Kontaktdaten mehr hinterlegen.