Nibelungen-Festspiele: Probenstart in Worms

Die Nibelungensage – da denken viele an den Helden Siegfried oder an seinen Feind Hagen, der ihn heimtückisch ermordet. Die Heldensage bietet immer wieder Stoff für die Nibelungenfestspiele in Worms. Die feiern dieses Jahr 20-jähriges Jubiläum – und zeigen: Auch ein mittelalterliches Epos kann modern interpretiert werden. Eine Leseprobe der Schauspieler hat heute ein Vorgeschmack darauf gegeben.

Genija Rykova (Brünhild)
„An einen Leibeigenen hat man dich – Kriemhild das Königskind – vermählt. Den Schönsten zwar, das gebe ich zu, doch nichtsdestoweniger ein Mann von niederem Stand. Mit einem solchen Bild eines Dienstmannes hat unsereiner Gefallen für eine Nacht, mehr nicht.“
Genija Rykova spricht als Brünhild zu Kriemhild – sie stehen heute bei der Leseprobe im Fokus, nicht Siegfried oder Hagen. Denn Autor Ferdinand Schmalz ist bei seinen Recherchen aufgefallen, wie stark die Frauen in der Nibelungensage die Handlung antreiben.
Ferdinand Schmalz, Autor „hildensaga“
„Das habe ich dann vorgeschlagen, dass wir die Frauen ins Zentrum stellen und die Geschichte aus der Perspektive von Kriemhild und Brünhild erzählen.“
In der alten Nibelungensage sind Kriemhild und Brünhild Rivalinnen: Ferdinand Schmalz und Regisseur Roger Vontobel wollten ganz bewusst, in die alte Handlung eingreifen und herausfinden.
Roger Vontobel, Regisseur
„Was passiert, wenn man da in das Schicksal eingreift, wenn es plötzlich eine Verbrüderung – eine Verschwesterung – geben würde und man dann, wie würde sich das dann weiter entspinnen.“
Autor und Regisseur haben sich bei der Arbeit eine Frage gestellt, die durch den russischen Angriff auf die Ukraine noch aktueller geworden ist: Wäre eine von Frauen gelenkte Welt besser?
Gina Haller, spielt Kriemhild
„Vielleicht schon, weil Frauen pazifistischer sind, ist meine Behauptung. Aber vielleicht auch nicht. Es ist durchaus sehr ambivalent, auch die Frauen werden ambivalent dargestellt. Zum Beispiel die Figur der Kriemhild ist auch korrupt.“
Kriemhild ist in der alten Sage alles andere als pazifistisch: Sie rächt sich an Brünhild, die den Mord an ihrem Geliebten Siegfried befohlen hat. Noch kennt niemand die Handlung der neuen „Hildensaga“.
Nur beim Setting ist klar: Vor dem Dom wird eine Wasserlandschaft entstehen, mit flachen und tiefen Stellen –Eine Herausforderung für Bühnenbildner Palle Steen Christensen.
Palle Stehen Christensen, Bühnenbildner
„Es ist ein Element, von dem wir denken, dass wir es kontrollieren können. Aber wir können es nicht wirklich. Wir wissen, dass die Schauspieler mit diesem Wasser kämpfen werden, weil es nicht einfach ist, darin zu arbeiten. Aber es wird uns auch viele poetische Geschenke machen. Wir hoffen also wirklich, dass es irgendwie glänzend und spektakulär wird.“
Die Schauspieler werden also nass – einige werden sogar tauchen.
Ellen Hofmann, Kostümbildnerin
„Für die Kostüme bedeutet das natürlich, die müssen wassertauglich sein. Die dürfen nicht im Wasser kaputtgehen oder Flecken bekommen oder sowas. Also ich musste sehr pragmatisch mit dem Wasser umgehen, was aber nicht bedeutet, weniger fantasievoll.“
Kostüme, Bühne, Schauspieler und die neue Version der Nibelungensage: Alles das können Zuschauer am 15. Juli bei der Uraufführung vor dem Wormser Dom sehen und bestaunen.