Neuer CDU-Fraktionschef Schnieder zu Gast im Studio

Turbulenzen und Chaos – das war seit Weihnachten immer wieder über die rheinland-pfälzische CDU zu lesen. Und was macht man in einer solchen Situation? Man räumt auf und sortiert sich neu. Das ist jetzt in der CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag geschehen. Gestern wurde in Mainz ein neuer Fraktionschef gewählt – Gordon Schnieder.

Kurz vor Weihnachten sorgte eine Nachricht in den Pressetickern für Aufregung. Christian Baldauf verkündete überraschend seinen Rücktritt als Fraktionsvorsitzender der CDU im rheinland-pfälzischen Landtag.
Spätestens da war klar, dass sich in der CDU einiges ändern wird – und ändern werden muss, wenn sich in Zukunft das historisch schlechte Wahlergebnis der vergangenen Landtagswahl nicht wiederholen soll.
Der neue Mann an der Spitze: Gordon Schnieder, 47 Jahre alt, Finanzwirt aus der Eifel – und bereits Generalsekretär seiner Partei. Er wurde gestern mit 92,6 Prozent zum neuen Fraktionsvorsitzenden gewählt. Ab dem 1. April führt er damit die größte Oppositionspartei im Landtag.
Klare Kante gegen die Regierung und klare Ziele für die CDU. Das erwartet man jetzt von ihm – gespannt, wie er den Neuanfang, für den er ja stehen soll, gestalten wird.
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Markus Appelmann, Moderator: Wir warten nicht länger gespannt. Wir fragen ihn einfach. Er ist heute live bei uns im Studio, der frisch gewählte CDU Fraktionschef im rheinland pfälzischen Landtag, Gordon Schnieder. Herzlich willkommen und Glückwunsch zur Wahl!
Gordon Schnieder, CDU, Fraktionsvorsitzender Rheinland-Pfalz: Vielen Dank! Guten Abend, Herr Appelmann.
Appelmann: Herr Schneider, was wird sich jetzt ändern mit Ihnen? Bringen Sie es mal auf den Punkt.
Schnieder: Also, die Fraktion hat auch in den letzten Monaten gezeigt, dass wir in vielen Themen gut vorankommen. Jetzt komme ich neu an die Spitze. Jeder hat eine andere Überlegung, wie man eine Fraktion führt und wo man ran will, aber es liegen so viele Themen auf der Straße, wo die Menschen merken, hier muss sich etwas ändern, hier muss was passieren. Die wollen wir aufgreifen.
Appelmann: Aber noch mal gefragt: Für was stehen Sie, für was ein Christian Baldauf nicht stand? Es muss ja irgendwas anderes sein, ansonsten hätte man alles belassen können.
Schnieder: Ich glaube, dass wir persönliche Vergleiche gar nicht heranziehen müssen und auch sollten, sondern wir überlegen einfach, wie ich bestimmte Dinge angehen will. Und ich glaube, dass wir gerade bei den Dingen, die die Menschen draußen spüren, dass auch in vielen Themenbereichen es nicht stimmt, dass wir dort sehr sachlich herangehen müssen, aber dass wir eben auch sehr ehrlich herangehen müssen und das auch mit den Menschen ordentlich und offen kommunizieren müssen.
Appelmann: Sie sind jetzt der neue starke Mann in der CDU-Fraktion, sind Sie auch der Mann in der CDU Rheinland Pfalz, denn schließlich bleibt ja Christian Baldauf erst mal Parteivorsitzender.
Schnieder: Genau, er ist ja gewählt bis zum Zweiten Halbjahr 2024, wenn wir auch regelmäßig oder regelgerecht wieder unseren nächsten Parteitag machen. Er hat mich gebeten, Generalsekretär zu bleiben, und dazu habe ich gerne Ja gesagt.
Appelmann: Wird es aber nicht Sinn machen, die beiden Ämter CDU-Fraktionschef und Landesvorsitzender zusammenzubringen?
Schnieder: Also, wir arbeiten gut zusammen und es ist im Moment das Momentum nicht, dass wir darüber sprechen, sondern der nächste Wahlparteitag ist im Herbst 20 24.
Appelmann: Okay, wir werden vorher die Frage noch mal stellen, glaube ich. Lassen Sie uns aber über Politik sprechen. Für was stehen Sie ganz konkret? Und was würde sich für den Bürger ändern, wenn die CDU am Ruder wäre in der Landesregierung?
Schnieder: Herr Appelmann, ich bin ein Kind des Landes. Ich habe mein ganzes Leben in der Vulkaneifel verbracht, war wenige Jahre in Köln und in Bonn und bin aus Überzeugung wieder zurückgekommen. Und da sehen wir einfach, dass die Schere zwischen der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, zwischen den ländlichen Regionen und den Städten immer weiter und deutlicher auseinanderdriftet. Da ist das Beispiel Gesundheitsversorgung, wo wir bei uns zu Hause ganz aktuell merken, mit der Schließung des Krankenhauses Gerolstein, dass wir fast 5.000 Menschen haben, die nicht mehr innerhalb von 30 Minuten bei einem Grundversorgungskrankenhaus sind. Wir haben Defizite in der Notarztversorgung. Wir sehen in der Bildungspolitik die Probleme, dass wir mit der Lehrerschaft deutlich unterbesetzt sind.
Appelmann: Aber nur Kritik wird nicht reichen. Sie brauchen Konzepte.
Schnieder: Genau. Nur Kritik reicht nicht. Es ist Aufgabe der Opposition zu kritisieren, auch zu überwachen. Aber ich habe für mich auch gesagt, wir werden zeigen, wo wir es besser machen und wo wir überzeugt sind, dass wir es auch besser machen können.
Appelmann: Der Bürger kann oft in der Bundes- und Landespolitik die Parteien gar nicht mehr auseinanderhalten. Deswegen mal eine ganz konkrete Frage: Wo setzen Sie zum Beispiel in der Migrationspolitik die klaren Unterscheidungsmerkmale zu einer Landesregierung von Malu Dreyer?
Schnieder: Dass wir ehrlich und offen nach draußen kommunizieren, wie die Lage ist. Die Kommunen stehen mit dem Rücken an der Wand. Das zeichnete sich schon seit September letzten Jahres ab. Wir bekommen die Menschen, die jetzt zu uns kommen, oder wir bekommen für sie kaum noch Wohnraum. Wir können jetzt schon absehen, wann wir auch da am Ende der Fahnenstange angelangt sind. Und dann müssen wir dieses Thema offen ansprechen. Die Menschen merken es auch, die wollen kein Drumrum-Geschwurbel. Und ich glaube, dass wir in der Fragestellung Container, Turnhallen öffnen, da in eine gesellschaftspolitische Schieflage geraten können. Und deswegen haben wir das Thema auch in der letzten Plenardebatte aktiv aufgemacht, sind es angegangen und haben gesagt, wir müssen ohne Denkverbote hier noch mal alles auf den Tisch legen.
Appelmann: Das heißt, zu viele Flüchtlinge können gar nicht mehr kommen, wie sie momentan kommen.
Schnieder: Ja, aber sie kommen ja. Und wir müssen auch unterscheiden: Wer aus den Kriegsgebieten der Ukraine kommt, wird garantiert und dauerhaft hier auch eine Heimat finden. Wir merken aber auch, dass die anderen Routen wieder offen sind. Wir haben im letzten Jahr über 200.000 Asylanträge in Deutschland gehabt. Wir erinnern uns in den Jahren 2015 / 2016, dass wir mal über eine Obergrenze gesprochen haben. Die ist da gerissen worden. Das heißt, wir müssen schauen, wie kriegen wir die Menschen, die nach Europa kommen, auch wieder gerechter verteilt. Es kann nicht sein, dass sie zu uns kommen oder in ganz wenige andere europäische Länder nur wollen. Da sind Fragestellungen mit verbunden, die wir auflösen müssen.
Appelmann: Noch ein anderes Thema, das wir besprechen wollen: das Ende des Verbrennungsmotors sowie das geplante Ende von Öl- und Gasheizungen. Viele Menschen fühlen sich da von der rot-grün-gelben Klimapolitik überfordert. Finden Sie da ein offenes Ohr bei der CDU? Finden Sie andere Antworten auf den Klimawandel?
Schnieder: Ich glaube, dass wir nur mit Verboten das nicht hinbekommen. Und ich glaube auch, dass es ein Fehler ist, und dann bin ich wieder bei den ländlichen Regionen, wie es die Menschen denn schultern sollen, dass auch in den Altbauten, in verschiedenen Gebäuden, das mit Wärmepumpen, zu machen, unabhängig von der Energieversorgung, die wir dafür dann auch bräuchten. Ich halte nichts von Verboten. Und ich glaube auch, dass im Jahr 2035 noch Verbrenner in Deutschland fahren. Sie werden wahrscheinlich aber nicht mehr hier gebaut. Auch das aus meiner Sicht keine gute Entwicklung. Wir können Ökologie und wir wollen das auch und wir wollen den Klimaschutzgedanken weitertragen. Aber das klappt nur gemeinsam mit der Wirtschaft und gemeinsam mit den Menschen und nicht ausschließlich mit ideologischen Verboten.
Appelmann: ,,, sagt der frisch gewählte CDU-Fraktionschef im rheinland pfälzischen Landtag. Am 01.04. geht es los mit dem neuen Amt, kein Aprilscherz.
Schnieder: Ich freue mich drauf.
Appelmann: Okay. Danke schön, dass Sie heute live im Studio waren.
Schnieder: Ich danke Ihnen.