Nach dem Svensson-Rücktritt – Vorschau auf den Bundesliga-Spieltag

Ein Knall bei Mainz 05: Bo Svensson tritt von seinem Amt als Chef-Trainer zurück. Das hat er gestern Abend bekanntgegeben. Seit Wochen befindet sich die Bundesligamannschaft in einer Leistungskrise, hat in der laufenden Saison noch kein einziges Mal gewonnen. Dazu kommt das bittere Aus im DFB-Pokal am Mittwochabend. In einer emotionalen Videobotschaft hat sich Svensson persönlich von den Fans verabschiedet.

Bo Svensson, ehemaliger Trainer Mainz 05
„Ich habe 16 Jahre hier verbracht, meine Kids sind hier aufgewachsen. Ich habe so vieles gelernt, nicht nur wegen Fußball, aber auch so viele tolle Menschen im Verein, Fans, Menschen in der Stadt. Es hat mich so geprägt, es wird auch mein ganzes Leben prägen.“
Mehr als ein Drittel seines Lebens hat Bo Svensson in Mainz verbracht. 2007 kommt der Däne als Profi zu den 05ern, spielt mehrere Jahre in der ersten und zweiten Mannschaft. Auch nach seiner aktiven Laufbahn bleibt er dem Verein treu, arbeitet zunächst als Jugendtrainer und übernimmt im Januar 2021 das Bundesligateam. Damals rettet er die Mannschaft vor dem sicher geglaubten Abstieg in Liga Zwei. Es folgen zwei gute Spielzeiten, in denen Mainz am Ende jeweils im Tabellenmittelfeld landet.
In dieser Saison ist das anders. Drei Punkte aus neun Spielen sind einfach zu wenig. Viele Spieler kommen nicht an ihr Leistungsniveau heran, der Cheftrainer ist ratlos. Noch am Montag, in der Pressekonferenz vor dem Pokalspiel gegen Hertha BSC Berlin, will Svensson nichts von einem Rücktritt wissen. Das hat sich nach der 0:3-Niederlage gegen den Zweitligisten geändert. Nach einem langen Gespräch mit dem Sportvorstand haben sich nach Angaben des Vereins beide Seiten gemeinsam entschieden sich zu trennen.
Die Fans in der Mainzer Innenstadt sehen den Rücktritt heute mit gemischten Gefühlen.
Susann Scaravelle
„Cooler, netter Typ. Und ich denke, das hätte man auch anders regeln können. Vielleicht mal ein paar Spieler austauschen.“
Oliver Valentin
„Ich glaube, das ist ein Zusammenspiel zwischen Mannschaft und Trainer, aber da man nicht die ganze Mannschaft rausschmeißen kann, denke ich mir, muss es dann halt der Trainer sein.“
Merit Schlafmann
„Ich denke, manchmal muss die Mannschaft einfach noch mal so einen neuen Input kriegen und sich auch noch mal aufraffen müssen für einen neuen Trainer und dann wird das bestimmt besser. Deshalb hab ich volle Hoffnung, dass es wieder bergauf geht.“
Das hofft auch Bo Svensson, auch wenn er die Spiele seiner 05er künftig nicht mehr von der Seitenlinie, sondern von der Couch aus verfolgen wird.
Bo Svensson, ehemaliger Trainer Mainz 05
„Es wird ein ‚Auf Wiedersehen‘ hoffentlich, aber danke. Danke für die ganze Unterstützung, den ganzen Support, die besondere Art zu sein, das hier in dieser Stadt und diesem Verein einfach vorhanden ist. Das müsst ihr bitte behalten. Egal, was kommt. Weil das macht uns aus.“

Markus Appelmann, Moderator: Ein wirklich emotionaler Bo Svensson, den wir da gestern Abend bei seinem Abschied erleben. Deswegen wollen wir an dieser Stelle schon über den Sport sprechen. Sportreporter Thorsten Arnold ist bei mir im Studio. Thorsten, deiner Meinung nach: War das der richtige Schritt von Bo Svensson?
Thorsten Arnold, Sportreporter: Also ich glaube schon, denn als Trainer hat man ja so ein Gefühl für die Mannschaft. Wie sehr kann ich sie noch erreichen und was kommt da noch an? Vor allem, wenn man so lange wie Bo Svensson mit dieser Mannschaft zusammengearbeitet hat. Aber die Art und Weise, wie sie dieses Pokalspiel in Berlin verloren haben, dieses 0:3, das hat doch sehr nachdenklich gemacht, auch den Vorstand von Mainz 05 und letztendlich auch den Trainer selbst.
Appelmann: Wie geht es weiter bei Mainz 05? Morgen steht ja schon das nächste Spiel an.
Arnold: Und zwar gegen RB Leipzig. Das ist ja alles andere als Laufkundschaft. Ein Spiel, das man gewinnen kann mit viel Glück aber nicht muss. Das ist vielleicht die Chance des Neuen, der heute vorgestellt wurde. Jan Siewert, der Übergangstrainer, wenn man so will. Hat ja die Mannschaft schon mal übernommen, ist U23-Trainer, ja, und der hat sich kopfüber direkt in die Aufgabe gestürzt und will direkt für die Überraschung sorgen morgen..
Jan-Siewert, Trainer 1. FSV Mainz 05
„Sie können sich vorstellen, ich habe jede Sekunde jetzt genutzt, ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt geschlafen habe. Faktisch ist alles möglich. Alles ist möglich, weil jeder von Ihnen, der schon mal im Stadion war und Spiele gegen Leipzig selbst miterlebt hat und bei anderen Spiele hier war, weiß, was für eine Energie wir hier ausstrahlen können. Also weiß, was dieses Stadion übertragen kann, weiß, was die Fans übertragen können und ich glaube deswegen ist alles möglich.“
Arnold: Ja, klingt recht überzeugend. Und Siewert, der kann ja auch vom Übergangstrainer zum Cheftrainer werden. Ist einer der Kandidaten im Rennen, die sich da jetzt um den Trainerposten bewerben, der auf Augenhöhe dabei ist. Das hat heute Sportvorstand Christian Heidel mal klargemacht.
Appelmann: Gefragt wurde Christian Heidel natürlich auch zum Fall El Ghazi, der Mainzer Stürmer, der für viel Wirbel gesorgt hat durch seine antiisraelische Haltung.
Arnold: Da will sich der Vorstand und Christian Heidel überhaupt nicht mehr dazu äußern. Ist ja auch jetzt ein hochjuristisches Thema. Trotzdem wurde da noch mal kurz emotional.
Christian Heidel, Sportvorstand 1. FSV Mainz 05
„Wir reden hier über einen Fall, der die ganze Welt interessiert. Die Generalkonsularin von Israel war da und hat gesagt: ihr wart auf Seite 1 der größten Zeitung Israels! Und uns dann vorzuwerfen, wir müssen jetzt mal: ganz schnell rausschmeißen, das machen, nein. Das ist ein besonderer Fall, über den werden wir vom Vorstand von Mainz 05 dann eine Erklärung abgeben, wenn irgendetwas entschieden worden ist, wenn etwas geprüft worden ist und dann werden wir was dazu sagen.“
Arnold: Angeblich ermittelt jetzt auch die Generalstaatsanwaltschaft gegen den Spieler, aber die habe sich noch nicht beim Verein gemeldet, das hat Christian Heidel gesagt. Und eins hat er dann doch noch festgelegt: Der Spieler El Ghazi wird natürlich morgen nicht im Kader sein, wird nicht gegen Leipzig auflaufen.
Appelmann: Wir sind gespannt, wie es in diesem Fall weitergeht, schauen jetzt aber zu der Eintracht nach Frankfurt, die morgen gegen einen Gegner ran müssen, der auch tief im Krisenmodus steckt.
Arnold: Ja, bei Union Berlin muss die Eintracht ran, und die Berliner haben elf Mal hintereinander verloren und der Trainer Urs Fischer, der steht auch mit dem Rücken an der Wand und der wird natürlich alles mobilisieren, in diesem Spiel noch mal die Wende zu schaffen. Die werden kratzen, beißen und darauf ist Dino Toppmöller und sein Team natürlich eingerichtet.
Dino Toppmöller, Trainer Eintracht Frankfurt
„Dass wir nicht überrascht sind, wenn es in den ersten Zweikämpfen mal richtig scheppert und dann müssen wir einfach dagegen halten und von Anfang an auch bereit sein und da die Tür nicht einen Spalt breit öffnen, dass sie da irgendwie das Gefühl kriegen: Oh, da geht was! Sondern wir müssen brutal da sein von der ersten Minute an und dann glaube ich, dass sich das Spiel auch in unsere Richtung entwickeln kann.“
Arnold: Ja, und er kann auch wieder auf ein paar Spieler zählen, die zuletzt angeschlagen waren, die haben sich zurückgemeldet, also Kevin Trapp, Mario Götze, Robin Koch, die sind wieder dabei.
Appelmann: Wir schauen noch auf unseren dritten Erstligisten, auf den SV Darmstadt 98, denn am Böllenfalltor geht es heute Abend schon rund.
Arnold: Um halb neun ist Anpfiff – und, ja, guck mal, Darmstadt gegen Bochum. Zwei Vereine, die den Fußball so richtig arbeiten. Da wird es wohl wenig Kabinettstückchen geben. Und Torsten Lieberknecht, der Lilien-Coach, der hat auch schon so eine Ahnung, wohin es geht. Wir hören mal.
Torsten Lieberknecht, Trainer SV Darmstadt 98
„Das wird vielleicht nicht unbedingt ein Leckerbissen, aber es wird mit Sicherheit ein Spiel, in dem sehr viel versucht wird, um die Bälle zu kämpfen und zu fighten. Und darauf glaube ich habe ich die Jungs gut vorbereitet, haben wir uns gut eingestellt, und ja freuen uns, sind bereit.“
Arnold: Na ja, die Freude ist noch nicht so sichtbar. Ich glaube, er grübelt noch, wie er die zwei Rot-Sünder vom letzten Sonntag in München – Klaus Gjasula und Matej Maglica, die sind ja mit dem Platzverweis dann jetzt jeweils für zwei Spiele gesperrt worden, wie er die ersetzt. Da gucken wir mal, wie er aufstellt.
Appelmann: Wir sind gespannt, wie er es löst. Danke für deinen Ausblick auf die Bundesliga am Wochenende, Thorsten Arnold.

Arnold: Gerne.