Mutmaßlicher Vergewaltiger sollte eigentlich Fußfessel tragen

Es war eine Meldung, die betroffen macht. Im pfälzischen Edenkoben entführt und missbraucht ein Mann am Montag ein zehnjähriges Mädchen. Der Beschuldigte ist mittlerweile in Untersuchungshaft. Heute hat die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass der Mann mehrfach vorbestraft ist, bereits mehrere Haftstrafen verbüßt hat und sogar eine elektronische Fußfessel hätte tragen müssen. Vergangenen Freitag hat die Staatsanwaltschaft erneut einen Haftbefehl gegen ihn erlassen. Doch die Papiere sind bei der zuständigen Behörde nicht angekommen.

Hier bei der Staatsanwaltschaft in Frankenthal gingen sie letzte Woche Freitag in die Post – die Anklageschrift und der Antrag auf Haftbefehl gegen den 61-Jährigen Beschuldigten.
Rund 30 Kilometer sind es bis zum Amtsgericht in Neustadt an der Weinstraße. Doch hier sind die Dokumente bis dato – sechs Tage später – nicht angekommen.
Am Montagmorgen soll der Mann im südpfälzischen Edenkoben eine Zehnjährige auf ihrem Schulweg in sein Auto gezerrt, in ein leerstehendes Gebäude gefahren und dort missbraucht haben.
Der 61-Jährige Beschuldigte ist ein bekannter Sexualstraftäter, der wegen ähnlicher Vergehen bereits 1996, 2008 und 2020 mehrjährige Haftstrafen verbüßt hat, erklärt die Staatsanwaltschaft Frankenthal heute in einer Pressemitteilung.
Erst im Juli dieses Jahres sei der Mann zuletzt aus dem Gefängnis entlassen worden und hätte – so vom Gericht angeordnet – eine elektronische Fußfessel tragen müssen. Aber:
Staatsanwaltschaft Frankenthal
„Der 61-Jährige weigerte sich trotz der Weisung, sich die Fußfessel anlegen zu lassen. Das Anlegen unter Zwang ist rechtlich nicht möglich.“
Für die CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag ein Skandal. Und auch, dass Gerichten Dokumente in Papierform vorliegen müssen, damit ein Haftbefehl erwirkt werden kann, sei nicht hinnehmbar.
Dirk Herber (CDU), Abgeordneter Landtag Rheinland-Pfalz
„Ich glaube, ein durchsetzungsfähiger Rechtsstaat muss sich schon an Abläufen messen lassen. Und wenn wir davon ausgehen, dass wir eine Digitalisierung vorantreiben wollen, mit der Prozesse schneller geschehen, dann müssen wir das auch in der Justiz und im Ermittlungsverfahren durchsetzen. Und dann hätten wir sicherlich auch schneller einen Haftbefehl erwirken können, der in einer Umsetzung vielleicht Schlimmeres verhindert hätte.“
Die CDU-Fraktion hatte beantragt, den Fall heute kurzfristig im Innenausschuss zu behandeln. Doch dem haben nicht alle Fraktionen zugestimmt. Die Begründung: Man wolle die Behörden in Ruhe ermitteln lassen.
Für Dirk Herber nicht nachvollziehbar.
Dirk Herber (CDU), Vorsitzender Innenausschuss Landtag Rheinland-Pfalz
„Ich habe absolut gar kein Verständnis dafür, wenn ein Ereignis, dass in einem Maß geeignet ist, die Gesellschaft so zu verunsichern, nicht in einem parlamentarischen Gremium wie dem Innenausschuss sofort und zeitnah, unverzüglich besprochen wird.“
Auf Antrag der CDU findet jetzt am kommenden Freitag eine Sondersitzung des Innenausschusses statt. Dann erhofft sich Dirk Herber Antworten auf die Frage, ob der Angriff auf die Schülerin in Edenkoben zu verhindern gewesen wäre.