Mutmaßlicher Tankstellenmörder vor Gericht

Es ist ein Fall der bundesweit für Entsetzen gesorgt hat. Im September des letzten Jahres wird ein junger Tankstellenmitarbeiter im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein erschossen, weil er einen Mann auf die Maskenpflicht hingewiesen haben soll. Seit heute muss sich der mutmaßliche Täter vor dem Landgericht Bad-Kreuznach verantworten.

Mario N. betritt den Gerichtssaal heute MIT dem vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz. Der Streit um eine solche Maske soll zu dem Mord am 20-Jährigen Alexander W. geführt haben. Dutzende Kameras sind heute auf den Angeklagten gerichtet. Und auch vor dem Landgericht steht die Öffentlichkeit Schlange, um einen Platz im Gerichtssaal zu ergattern. Das Interesse an dem Mann, der wegen der Corona-Schutzmaßnahmen getötet haben soll, ist riesig.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 50 Jahre alten Angeklagten illegalen Waffenbesitz sowie Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen vor.
Am 18. September des letzten Jahres habe der Angeklagte in der Aral-Tankstelle in Idar-Oberstein Bier kaufen wollen. Dabei soll Mario N. nicht den vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz getragen haben. Alexander W., der als Aushilfe an der Tankstelle jobbte, soll ihn auf die Maskenpflicht hingewiesen haben. Nach einer Diskussion verließ der Angeklagte die Tankstelle nur um rund 1 1/2 Stunden später zurückkehren und den jungen Mitarbeiter mit einer Pistole in den Kopf zu schießen.
Maike Dickhaus, Gerichtsreporterin
„Bei der Verlesung der Anklage wirkt Mario N. nervös. Immer wieder stützt er den Kopf in seine Hände, knetet seine Finger und verbirgt sein Gesicht. Der Blick ist nach unten gerichtet. Auf der anderen Seite des Gerichtssaals sitzt die Mutter des Opfers. Sie möchte nicht gefilmt werden und sucht Halt bei ihrer Anwältin. Als die Staatsanwaltschaft den Tathergang schildert, kann die Mutter nicht mehr an sich halten und bricht in Tränen aus.“
Der Angeklagte hatte die Tat nach seiner Festnahme gestanden. Das Tatmotiv: Frust wegen der Corona-Pandemie.
Daniel Wahn, Sprecher Landgericht Bad Kreuznach
„Der Angeklagte soll sich durch die Corona-Maßnahmen stark belastet gefühlt haben und in diesem Moment den 20-jährigen Mitarbeiter, den er als verantwortlich für die Durchsetzung der Maßnahmen angesehen habe, diesem gegenüber ein Zeichen setzen wollen.“
Mario N. bereue die Tat, sagen heute seine Anwälte. Er sei mittlerweile selbst erschüttert über diesen Gewaltausbruch.
Alexander Klein, Verteidiger von Mario N.
„Der Angeklagte hat sich bereits während des Ermittlungsverfahrens über mich an die Anwältin der Mutter gewandt und hat ihr ein Entschuldigungsschreiben verfasst, welches ich der Anwältin der Mutter auch übersandt habe. Darauf habe ich keine Reaktion der Kollegin erhalten.“
Mario N. äußert sich heute vor Gericht nicht zur Tat. Zwar hatte er eine umfangreiche Aussage angekündigt, die Verhandlung wurde jedoch vorher unterbrochen. Die Richter wollten der Verteidigung die Möglichkeit geben, kürzlich vorgelegte Ermittlungsergebnisse des LKA und der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz einzusehen.
Alexander Klein, Verteidiger von Mario N.
„Da gibt es einen Vermerk vom Oktober vergangenen Jahres, einen Abschlussbericht von Anfang Februar diesen Jahres, ein psychologisches Gutachten über den Angeklagten vom Dezember des vergangenen Jahres. Und all diese Unterlagen werden der Verteidigung präsentiert, nachdem die Anklage verlesen wird in der Hauptverhandlung Ende März. Das ist nicht nachvollziehbar. Es gibt überhaupt gar keine Gründe, warum wir die Unterlagen nicht bereits vorher schon bekommen haben. Das ist schon sehr ärgerlich, weil auch der Angeklagte ein Interesse hat, dass der Prozess zügig durchgeführt wird. Und wir eigentlich auch vorbereitet waren, dass er sich heute äußert.“
Wegen des Umfangs der Akten ist noch nicht klar, ob der Prozess am Freitag fortgesetzt werden kann. Fest steht aber: Am nächsten Verhandlungstag will der Angeklagte selbst das Wort ergreifen.