Musikfestivals bei Regen und Studiotalk mit Diplom-Meteorologe Dominik Jung

Der Sommer macht weiter eine verregnete Pause – ein Problem vor allem für Festivals im Freien. Diese Woche stoppte das weltweit größte Metal-Festival, das Wacken Open Air, die Anreise auf das verschlammte Campinggelände – und ließ damit zigtausende Besucher sprichwörtlich im Regen stehen. Die Festival-Branche ist alarmiert. Wir schauen jetzt, wie sich Veranstalter in unserer Region auf das anstehende Wochenende vorbereiten.

Der Aufbau auf der ehemaligen Raketenbasis Pydna im Hunsrück läuft auf Hochtouren, hier startet heute Abend zum 29. Mal das Elektro-Festival „Nature One“. 300 DJs sollen bis in den frühen Sonntagmorgen auf 22 Bühnen auflegen, eine Mammutaufgabe gerade bei diesen Wetterbedingungen. Doch die Organisatoren sind zuversichtlich.
Karsten Teine, Gesamtproduktionsleiter I-Motion
„Wir haben noch weitere Ersatzflächen angemietet, einfach wenn irgendetwas passiert. Wir haben das Team noch mal erweitert: Zwei, drei alteingesessene Hasen, die eigentlich nicht kommen wollten oder zum Feiern kommen wollten, die müssen bei der Hauptanreise noch mitarbeiten.“
Über 60.000 Besucher werden erwartet, 100 Hektar Campingfläche stehen bereit. Der Vorteil auf dem Veranstaltungsgelände: Der Großteil der früheren Raketenbasis ist asphaltiert, vor den Bühnen droht also keine Schlammparty. Die Laufwege vom Zeltplatz wurden verkürzt, nur die Anfahrt dorthin könnte zum Problem werden. Angesichts der matschigen Zufahrten zeigen sich manche Festivalgänger besonders kreativ.
Ingo Gast, aus Bell
„Ich habe einen Klappwohnanhänger hinten dran. Und das hier ist eigentlich das beste Gefährt, um überhaupt hier zu fahren. Schnelle Wege dann, gerade jetzt bei dem Wetter. Mit dem Teil fahre ich mich nicht so schnell fest, wie andere.“
Ortswechsel: Das „Sound of the Forest“-Festival im Odenwald. Idyllisch gelegen am Marbach-Stausee direkt am Waldrand. Und somit scheinbar geradezu geschaffen für wässrige Probleme. Zwar haben die Festivalmacher permanent den Regenradar im Blick, doch die Umgebung bringt auch Vorteile mit sich.
Johannes Megow, „Sound of the Forest“-Festival
„Das Besondere an dem Boden hier ist, dass das ganze Jahr über eine gewisse Feuchtigkeit herrscht. Also haben wir den Vorteil, dass wir keinen trockenen Boden haben, das Wasser kann also viel besser einsickern. Insofern ist hier noch eine grüne Wiese und keine Matschparade beispielsweise wie in Wacken.“
Über Drainagen und natürliche Bäche kann das Wasser zudem in den Stausee abfließen. Der Haken: Sollte der See um 80 Zentimeter ansteigen, müsste der untere Teil des Geländes evakuiert werden. Das kam aber in 15 Jahren Festivalgeschichte noch nie vor. Ein weiterer Vorteil: Autos sind auf dem Zeltplatz nicht erlaubt, ein Schlammchaos bei der An- und Abreise fällt also weg. Eine Extra-Portion Sägespäne darf natürlich nicht fehlen, zudem verteilen die Veranstalter tausende von Regenponchos. Die Besucher des Indie- und Reggae-Festivals scheinen aber ohnehin bestens gerüstet zu sein.
Roman Klefenz, Festivalbesucher
„Wir haben jede Menge Regensachen dabei. Und alles in einem riesengroßen Bollerwagen, damit wir auch da rein kommen, weil’s halt superschwer ist. Wir hoffen, dass es nicht zu arg regnet. Aber ansonsten haben wir noch einen Pavillon dabei, der wird uns retten.“
Pia Höttges, Festivalbesucherin
„Ich glaube, jeder hat zwei verschiedene Paar Ponchos dabei. Wir haben alles in Müllsäcke gepackt, wir haben sogar Planen über den Zelten zur Sicherheit. Also so sehr vorbereitet waren wir tatsächlich noch nie auf Regenwetter.“
5.000 Besucher werden erwartet, 40 Bands spielen auf vier Bühnen. Für Samstagabend sind 90 Prozent Regenwahrscheinlichkeit vorausgesagt – davon wollen sich das Waldfestival und seine Fans aber nicht den Spaß verderben lassen.
Festivalbesucher
„Sound of the Forest!!!“
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Eva Dieterle, Moderatorin: Ja, Regen über Regen. Und darüber spreche ich jetzt mit dem Mainzer Diplom-Meteorologen, mit Dominik Jung. Guten Abend.
Dominik Jung, Diplom-Meteorolge Wetterdienst Q.met: Schönen guten Abend.
Dieterle: Herr Jung, heute gab es Regenpausen, aber in den vergangenen Tagen, ja fast schon Wochen, hatte man eher das Gefühl, es regnet nur einmal und das ununterbrochen. Woher kommt denn das ganze Nass?
Jung: Na ja, wir hatten sechs Wochen erst mal recht schönes Wetter, sehr trockenes und warmes Wetter bei uns in der Region und dann kam der Umschwung, quasi Mitte Juli. Seitdem quasi 14 Tage Regenwetter am Stück, Herbstwetter, Vollherbstwetter, viel Wind, und das haben wir alles dem Jetstream zu verdanken. Der Jetstream ist ein Starkwindband, das mäandriert einmal um die Nordhalbkugel herum. Der macht immer mal Berge und Täler und momentan gibt es so ein kleines Tal genau über Deutschland. Und in dieses Tal, da fließt aus Nordwesteuropa sehr kalte Luft herein und diese Kaltluft sorgt dafür, dass wir Herbstwetter bekommen. Und außerdem wandern über diesen Jetstream die Tiefs entlang und diese Tiefs bringen auch immer wieder Regen, viel Wind. Und das ist wie eine Mauer nach Südeuropa.
Dort nämlich wiederum, da steckt die ganz große Hitze, Die könnte zu uns kommen, aber der Jetstream ist wie eine Mauer, lässt die Hitze nicht zu uns kommen, und deswegen dieses Herbstwetter und eben kein Sommerwetter.
Dieterle: Wir erleben ja inzwischen immer wieder Monate der kompletten Trockenheit, wo kaum Regen fällt, dann wieder unglaublich nasse Monate. Immer wieder werden auch neue Rekorde seit Beginn der Wetteraufzeichnungen festgestellt. Woran liegt das?
Jung: Das ist Extremwetter. Und dieses Extremwetter kommt eben aus dem Klimawandel heraus. Das hatten uns ja die Forscher schon vor 20 bis 30 Jahren prophezeit, die Klimaforscher: Die Wetterextreme werden zunehmen. Auf der einen Seite Starkregenereignis, auf der anderen Seite plötzlich extreme Trockenheit. Das erleben wir verstärkt, die letzten fünf Jahre besonders, auch bei uns hier in Rheinland-Pfalz und in Hessen, längere Trockenphasen, die es gibt, dann plötzlich Starkregenphase; hatten wir vor zwei Jahren beispielsweise im Ahrtal, die große Ahrtalflut – davor relativ trocken, dann plötzlich ein Wetterumschwung, Extremwetter, extremer Regen, die große Flut. Und das ist im Grunde alles dem Klimawandel geschuldet. Gerade auch diese Starkregenereignisse.
Die Temperatur global erwärmt sich und warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte Luft und dementsprechend regnet es stärker aus, auch bei Starkregenereignissen, und die werden auch immer heftiger. Wir erleben es auch teilweise in den Großstädten von Hessen und Rheinland-Pfalz, Überflutungen, weil eben die Kanalisation das Wasser nicht mehr aufnehmen kann. Und das wird in Zukunft wahrscheinlich noch sich verstärken.
Dieterle: Und wir erleben das jetzt auch hier, mitten in den Sommerferien. Sehr viel Regen. Vier Wochen sind es noch. Können Sie perspektivisch Hoffnung machen, dass da noch ein bisschen Sonne kommt?
Jung: Wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber tatsächlich In den Wettermodellen taucht nächste Woche Wetterbesserung auf. Ab Mittwoch steigen die Temperaturen an, von der Südpfalz her Richtung Rheinland-Pfalz, weiter rein bis nach Hessen. Die Temperaturen steigen auf 25 bis 30 Grad und zum zweiten Augustwochenende sind es sogar 25 bis 33, 34 Grad möglich. Es wird also richtig warm, vielleicht sogar längere Zeit heiß werden. Ob das Ganze ohne Gewitter ablaufen wird, das müssen wir noch abwarten.
Dieterle: Okay, wir sind auf jeden Fall gespannt, freuen uns auf die Sonne. Herr Jung, vielen Dank für das Interview.
Jung: Gerne. Schönen Abend.