Modell der Gießener Altstadt vor der Zerstörung

Die historische Altstadt von Gießen wurde im Zweiten Weltkrieg zu über 90 Prozent zerstört – und nach dem Krieg mit grauen Zweckbauten wieder aufgebaut. Doch wie schön die mittelhessische Stadt einst war, das will Jan-Patrick Wismar nicht nur den Gießenern durch seine selbstgebauten Modelle näher bringen.

Idyllische Fachwerkbauten im Miniaturformat. Aus Pappe liebevoll angefertigt und bemalt. Gießen, wie es vor dem Zweiten Weltkrieg einmal aussah.
Geschaffen hat das „Alte Gießen“ Jan-Patrick Wismar. Seine Hobbys sind Modellbau und Geschichte.
Jan-Patrick Wismar, Modellbauer
„Ich habe mit 14 Jahren angefangen, die Gießener Altstadt anhand von einer Prüfung in der Schule nachzubauen. Und habe das dann innerhalb der letzten 22 Jahre immer weiter gebaut und erweitert.“
Der Marktplatz der mittelhessischen Stadt, damals und heute. Für seine Schönheit ist Gießen nicht bekannt. Graue Zweckbauten sind nach dem Krieg dort entstanden, wo vor 1944 noch mittelalterliche Fachwerkhäuser standen.
Mit zehn Jahren erlebt Kurt Neurath die Bombardierung seiner Heimatstadt. Heute ist er 89 Jahre alt. Die Modelle des alten Marktplatzes schaut er sich gerne an, sie wecken aber auch Erinnerungen.
Kurt Neurath, Zeitzeuge
„Der Großangriff kam dann am 6. Dezember, am Nikolaustag. Und da hat es natürlich ziemlich alles zerstört, kann man sagen. Wo wir dann nach dem Angriff raus sind, die Walterstraße war im Brand, in Trümmern, es war ein schmaler Gang, rechts und links hat es gebrannt und die ganze Stadt hat halt verbrannt gerochen.“
„Der Untergang des alten Gießen.“ Als Kind faszinieren Jan-Patrick Wismar die Fachwerkhäuser im Buch. Er zeichnet sie und baut sie nach. Unterstützt wird er dabei mit Fotos vom Stadtarchiv und den fast 12.000 Mitgliedern seiner Social-Media-Gruppe „Historische Mitte Gießen“. Die Modelle lagert der 36-Jährige auf dem Dachboden seines Elternhauses.
Jan-Patrick Wismar, Modellbauer
„Momentan sind es 130 bis 140 Häuschen und es werden noch mal so 80 bis 100. Ich plane, dass ich fertig werde im Sommer, Ende vom Sommer und dann wird es in Gießen groß ausgestellt.“
Der Modellbau ist die Leidenschaft von Jan-Patrick Wismar. Eigentlich arbeitet der 36-Jährige im hessischen Kultusministerium. Nebenbei gibt er Stadtführungen und baut immer mal wieder Teile des alten Gießen auf den authentischen Plätzen auf.
„Ich finde das ganz toll, dass sich dafür einer so interessiert und das dann so herstellt.“
„Mich fasziniert einfach dieser Kontrast, wie Gießen heutzutage aussieht und wie es damals ausgesehen hat.“
„Und es ist wunderschön.“
Wunderschön und nicht mehr da, im Krieg zerstört. Die Modelle des „alten Gießen“ sollen auch zum Nachdenken anregen. Ein Stück Erinnerungskultur, das ab dem 6. Dezember vollständig ausgestellt werden soll, 80 Jahre nach der Zerstörung.