Missbrauchsopfer wollen gegen Bistum klagen

Es war ein richtungsweisendes Urteil und ein Meilenstein für die von sexueller Gewalt in der Kirche Betroffenen. Vor gut einem halben Jahr hatte erstmals ein deutsches Gericht einem Kirchenmissbrauchsopfer in Köln einen Anspruch auf Schmerzensgeld zugesprochen. Auch die Summe, die die katholische Kirche zahlen musste, war beispiellos: 300.000 Euro. Das Urteil ist nun Vorbild für die Betroffenen im Bistum Trier, die heute eigene Klagen angekündigt haben.

Die Musik gibt Thomas Kiessling Kraft mit den Erlebnissen umzugehen. Als Kind wird er von einem Priester vergewaltigt. Als Opernsänger steht Kiessling heute auf großen Bühnen. 2019 hat er entschieden, auch mit seinen Missbrauchserfahrungen an die Öffentlichkeit zu gehen. Nun will er das Bistum Trier verklagen.
Thomas Kiessling, Missbrauchsopfer
„Für mich ist ganz wichtig, dass ich diesen Schritt gehe, nach vielen, vielen Jahren des Verhandelns mit dem Bistum und der Pfarrei St. Mathias, wo die Vergewaltigungen über Jahre stattgefunden haben, kriegen wir außergerichtlich keine Lösung und es geht mir hauptsächlich nicht um Geld sondern um Aufklärung.“
Allein er kenne vier weitere Opfer des Priesters. Ursprünglich hatte die Betroffenenorganisation MissBiT dem Bistum eine gemeinsame Kommission vorgeschlagen, in der die Einzelfälle außergerichtlich aufgearbeitet werden sollten.
Jutta Lehnert, Betroffeneninitiative MissBiT e.V.
„Die dann einen gemeinsamen Vorschlag gemacht hätten, wie eine angemessene Entschädigungszahlung hätte aussehen können. Dann hätte man sich außergerichtlich einigen können. Das hat das Bistum aber abgelehnt, eine offizielle eine gemeinsame Aufarbeitung, und deswegen bleibt ja kein anderer Weg als die ersten Klagen zu führen, so sieht es jedenfalls zurzeit aus.“
Das Bistum Trier teilt mit, dass man sich nicht auf eine exklusive Zusammenarbeit mit dem Verein MissBiT beschränken wolle. Die Möglichkeit zur Aufarbeitung müsse allen Betroffenen offenstehen. Den angekündigten Klagen werde man sich grundsätzlich stellen.
Die Klageschriften von Thomas Kiessling und einem weiteren anonymen Mitstreiter werden laut Verein vorbereitet, zehn weitere Missbrauchsopfer seien klagewillig.
Rudolf Fischer, Jurist Betroffeneninitiative MissBiT e.V.
„Die Erfolgsaussichten sind sehr gut, ein Spezialist für Schmerzensgeld hat uns sogar empfohlen, die Summe erheblich über 300.000 zu erhöhen. Das werden wir nicht machen.“
Bis Ende 2022 hat das Bistum Trier gut 2,1 Millionen Euro zur Anerkennung des Leids an 164 Missbrauchsopfer gezahlt.
Diese Summe sei willkürlich und nicht ausreichend, so MissBiT.
Trotzdem strebe man weiterhin eine außergerichtliche Einigung mit dem Bistum an, auch um Betroffenen wie Thomas Kiessling einen belastenden Rechtsweg zu ersparen.