Ministerpräsidentin Dreyer auf Schottland-Besuch

Malu Dreyer am zweiten Tag ihrer Schottland-Reise: Dort wird sie mit einer fatalen Auswirkung des Brexit konfrontiert. Das Ende der Erasmus-Förderung für Studenten bedeutet auf Sicht auch: Es wird viel weniger Englischlehrer geben – auch bei uns in Rheinland-Pfalz.

[Kinder stellen sich  vor]
Wir sind in der Craigmont High School in einem Vorort Edinburghs. Hier findet noch Deutschunterricht statt. Mit dabei auch drei Studenten von der Mainzer Uni. Für sie ist ein mindestens dreimonatiger Aufenthalt in einem englischsprechenden Land verpflichtend. Doch da aufgrund des Brexit die europäische Erasmus-Förderung ausläuft, müssen die deutschen Studenten sehr bald ihre Zelte hier abbrechen – so auch der 25-jährige Mark Leopold, der Englisch auf Lehramt in Mainz studiert
Mark Leopold, Englisch-Student aus Mainz
„Das Problem ist, wenn man jetzt nicht mehr nach England gehen kann, weil aufgrund Brexit das Programm wegfällt und von Erasmus kein Geld mehr fließt, kann man nur innerhalb Europas in kein Land mehr gehen, wo wirklich noch Englisch gesprochen wird. Das einzige wären dann die USA, was mit weiteren Kosten verbunden wäre. Und da gibt es auch immer nur wenige Plätze.“
Und ob Irlands Universitäten allein den Ansturm würden auffangen können, das ist fraglich.
Doch auch für Schottland selbst hätte der Ausfall europäischer Studienförderung ganz handfeste Konsequenzen. In nicht allzu ferner Zeit verschwände das Erlernen der deutschen Sprache in den schottischen Schulen
Dr. Sigrid Rieuwerts, Schottland-Beauftragte Universität Mainz
„Wenn ich zum Beispiel jetzt in Edinburgh meine GETs, meine Fremsprachenassistenten rausziehen würde, wenn die nicht wiederkommen im Herbst, dann fallen alleine in Edinburgh an 27 Grundschulen der Deutschunterricht aus, weil dort kein Personal ist.“
Sehr viel Personal soll schon sehr bald in dieser nagelneuen Laborräumen arbeiten. Hier im Edinburgh BioQuarter entsteht ein Exzellenzzentrum für Biowissenschaften. 8.000 Menschen werden am Ende hier forschen und studieren. Die Wege sind kurz, Schottland hat die Biotechnologie als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts definiert und gibt ein eindrucksvolles Tempo vor. Man gehört zu den aufstrebenden Ländern, was Forschung und Entwicklung betrifft. Ein Vorbild für Rheinland Pfalz?
Clemens Hoch, SPD, Wissenschaftsminiter Rheinland-Pfalz
„Was die Schotten noch viel konsequenter machen als wir in Deutschland ist, verschiedene Disziplinen an einem Ort zusammenzubringen, um zusammen zu forschen. Also nicht nur Biologen und Chemiker, sondern Ingenieure und Computerwissenschaftler, um tatsächlich interdisziplinäre Forschungsergebnisse zu bekommen. Wir haben bisher sehr auf unsere Leuchttürme gesetzt, also auf Max-Planck, auf Fraunhofer und jetzt auf Helmholtz. Aber tatsächlich wird man in der Zukunft viel enger zusammen arbeiten.“
Enger zusammenarbeiten will Malu Dreyer mit Schottland – und da traf es sich gut, dass der noch neue Regierungschef, First Minister Humza Yousaf, sich zu einem Austausch mit Malu Dreyer traf. Schottland liegt zwar am Rand Europas, aber die Besucher aus Rheinland-Pfalz haben verstanden: Übersehen sollte man Schottland deswegen nicht.
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Eva Dieterle, Moderatorin: Und nun begrüße ich die Ministerpräsidentin, guten Abend.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz: Ja, einen schönen guten Tag. Guten Abend, Frau Dieterle.
Dieterle: Frau Dreyer, Sie konnten als erste hochrangige Politikerin aus der EU den neuen First Minister von Schottland treffen. Über was haben Sie mit ihm gesprochen?
Dreyer: Ja, das war eine große Ehre, dass der First Minister sich die Zeit genommen hat, obwohl er gerade erst im Amt vereidigt worden ist. Wir haben über alle Themen, die für Rheinland Pfalz in der Beziehung zu Schottland relevant sind, gesprochen und er war sehr offen für dieses Gespräch. Auch er hat eine großes Interesse daran, dass die Kooperationen weiter bestehen bleiben. Und wir sind uns einig, dass wir trotz Brexit unterhalb, also zwischen Schottland und Rheinland Pfalz, Wege finden müssen, um möglichst den Austausch und so weiter auch sicherstellen zu können. Wir bleiben weiterhin im Kontakt darüber und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir Lösungen finden werden.
Dieterle: Schottland ist genauso wie Rheinland-Pfalz ein starker Biotechnologie-Standort. Gibt es trotzdem Dinge, die wir von Schottland lernen können?
Dreyer: Also Schottland ist natürlich an einer Stelle schon einen Schritt weiter, nämlich was die große Laborfläche betrifft und das Miteinander der unterschiedlichen Disziplinen und damit dann auch wiederum verbunden mit dem Thema Spin Ups, also wie können junge Studierende mit ihren ersten Forschungsergebnissen, die erfolgsversprechend sind, sich dann selbstständig machen? Das ist aber auch das Konzept, das wir in Rheinland Pfalz verfolgen und es gibt ganz, ganz vieles, was schon besteht in unserem Land. Wir werden weiterhin im engen Austausch mit den Wissenschaftlern bleiben und wir werden mit großen Schritten unseren Plänen tatsächlich dann auch Nachdruck verleihen. Ich denke, was wir heute gesehen haben in Schottland, das ermutigt uns, auf dem Weg weiterzugehen.
Dieterle: Wo liegen denn gemeinsame Interessen von Schottland und Rheinland-Pfalz für die Zukunft?
Dreyer: Ja, wir haben vor allem drei Säulen, die uns mit Schottland verbinden und wo wir auch künftig investieren wollen. Es ist einmal der gemeinsame Austausch im Bereich der Bildung, was unsere Lehrerausbildung betrifft, aber natürlich auch was Schüler und Schülerinnen betrifft. Das Zweite ist in der Biotechnologie, in der Wissenschaft weiter voranzugehen. Und das dritte ist auch das Thema grüner Wasserstoff, was wir gemeinsam hier besichtigen konnten. Schottland hat da ganz tolle Ressourcen und ich hoffe, dass wir auch da noch enger kooperieren können in Zukunft.

Dieterle: Frau Dreyer, vielen Dank für das Interview.

Dreyer: Ich danke Ihnen.