Illegale LUCA-App-Abfrage beschäftigt Landtag

Nach einem tödlichen Unfall vor einer Mainzer Kneipe haben Polizei und Staatsanwaltschaft kürzlich auf LUCA-Kontaktdaten von Gästen zugegriffen, um Zeugen ausfindig zu machen. Zu Unrecht, denn nach dem Infektionsschutz-Gesetz dürfen unsere persönlichen Daten nur zur Kontakt-Nachverfolgung in Bezug auf Corona-Infektionen verwendet werden. So dachte man zumindest. Der Rechtsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags hat sich heute mit dem Fall befasst. Dabei stellte sich heraus: Es gibt Fälle, in denen Behörden Kontaktdaten nutzen dürfen.

Wer in Rheinland-Pfalz zum Beispiel ein Restaurant, den Friseur oder wie wir heute den Landtag besucht, muss im Rahmen der Corona-Schutzmaßnahmen seine Kontaktdaten angeben. Zum Beispiel mit der Luca-App. Ein Blick ins Infektionsschutzgesetz Paragraph 28a, Absatz 4 zeigt, „eine Weiterverwendung (…) zu anderen Zwecken als der Kontaktnachverfolgung ist ausgeschlossen.“ Eine Formulierung, die die rheinland-pfälzischen Generalstaatsanwaltschaften in Koblenz und Zweibrücken als nicht eindeutig empfinden, wie Justizminister Herbert Mertin heute im Rechtsausschuss darlegt.
Herbert Mertin, FDP, Justizminister Rheinland-Pfalz: „Man muss sehen, auf Bundesebene gibt es eine Vorschrift im Bundesmautgesetz, das ist ausdrücklich festgelegt, dass eine Beschlagnahmung durch Staatsanwaltschaft nicht erfolgen darf. Und eine solche präzise Regelung fehlt gerade im Infektionsschutzgesetz. Und deswegen sagen wir, nur ganz Ausnahmsweise, wenn es um Kapitalverbrechen und Terror geht und ansonsten greifen wir nicht zu.“
Weil es das Infektionsschutzgesetz also nicht explizit verbietet, dürfen rheinland-pfälzische Ermittlungsbehörden Kontaktdaten in Einzelfällen und mit richterlichem Beschluss beschlagnahmen. Erschütternd aus Sicht der Freien Wähler.
Stephan Wefelscheid, FW, Landtagsabgeordneter Rheinland-Pfalz: „Wenn man jetzt durch die Hintertür den Strafverfolgungsbehörden Ermittlungsmöglichkeiten eröffnet, dann hat man sozusagen den Zweck des Gesetzes missbraucht. Diese Scheibchenmethodik, man führt etwas ein und führt dann einen anderen Zweck dem zu, führt dazu, dass das Misstrauen, dass die Bürger ja von Beginn an hatten, ja dann auch bestätigt wird.“
Stefan Wefelscheid befürchtet, dass die Akzeptanz der Luca-App jetzt deutlich abnehmen wird. Eine Sorge, die Herbert Mertin versteht. Er sieht nun den Bund in der Pflicht, das Gesetz nachzuschärfen.
Herbert Mertin, FDP, Justizminister Rheinland-Pfalz: „Wenn der Bundesgesetzgeber das klar ausschließen will, dann muss er eine Formulierung wie im Mautgesetz verwenden und dann weiß jeder, man darf nicht beschlagnahmen, aber dann muss auch der Bundesgesetzgeber und es müssen alle damit leben, dass gegeben falls ein Mord nicht aufgeklärt werden kann.“
Der Minister erklärt heute außerdem, den Bund bereits vor mehreren Monaten auf die zweifelhafte Formulierung hingewiesen und um Klarstellung gebeten zu haben. Aus Sicht der CDU hätte es mehr Nachdruck bedurft.
Dr. Helmut Martin, CDU, Vorsitzender Rechtsausschuss: „Ich räume natürlich auch ein, der Einfluss auf den Bundesgesetzgeber ist jetzt auch nicht so unmittelbar, aber natürlich. In dem Moment, wo ich ein Problem erkenne, bin ich auch aufgefordert unter Rechtsstaatgesichtspunkten auch Druck zu machen, damit sich so eine Gesetzeslücke oder Unklarheit auch, also dass die beseitigt wird, eindeutig.“
Herbert Mertin sagt heute zu, sich weiter für eine Klärung einsetzen, er erwägt eine Initiative im Bundesrat. Bei dem tödlichen Unfall vor der Kneipe in Mainz handele es übrigens nicht um ein Kapitalverbrechen. Deshalb haben die Mainzer Polizei und Staatsanwaltschaft illegal auf die Kontaktdaten der Gäste zugriffen. Diese Daten dürfen nicht weiter verwendet werden. Dass Behörden aber überhaupt Daten, die eigentlich der Kontaktnachverfolgung dienen, verwenden dürfen, ist die Nachricht des Tages. Eine, die womöglich nachwirken wird. Mit Ihrer illegalen Abfrage haben die Strafverfolgungsbehörden den Kritikern der Corona-Schutzmaßnahmen auf jeden Fall in die Karten gespielt.