Linksjugend meldet weitere mutmaßliche sexuelle Übergriffe

Die Anschuldigungen wiegen schwer: Im hessischen Landesverband der Partei Die Linke soll es zu Machtmissbrauch und sexuellen Übergriffen gekommen sein. Der Vorwurf, davon gewusst, aber nicht rechtzeitig reagiert zu haben, richtet sich auch gegen die langjährige Fraktionschefin im hessischen Landtag, Janine Wissler – die jetzige Bundesvorsitzende. Die Diskussion innerhalb der Partei ist heftig.

Die Schlagzeilen dürften dem Vorstand der Linkspartei ziemlich ungemütliche Ostertage beschert haben. Von Missbrauchsvorwürfen und Vertuschung ist die Rede. Öffentlich gemacht hat die Vorwürfe der eigene Jugendverband ’solid. Eine seiner Sprecherinnen – Sarah Dubiel aus Wetzlar- erklärt, es hätten sich inzwischen 60 Betroffene gemeldet. Die Vorwürfe reichen von Sexismus bis zu Vergewaltigungen.
Sarah Dubiel, Sprecherin Linksjugend ’solid
„Wir haben diesen Klüngel, diese Männerbünde, die sich gegenseitig natürlich schützen, die gegenseitig eine gewisse Macht einfach ausüben und die dann auch dafür sorgen, dass man eben – und das sieht man im Moment auf Social Media ganz gut – wie Betroffene versucht werden, unglaubwürdig darzustellen.“
Die Vorwürfe richten sich auch gegen einen Mitarbeiter der Landtagsfraktion. Er soll ein Verhältnis mit einem minderjährigen Parteimitglied gehabt und sie nach dem Ende der Affäre bedrängt haben. Der Mann war zur fraglichen Zeit der Lebensgefährte der damaligen Fraktionschefin Janine Wissler. Sie erklärt, sie habe mit der jungen Frau gesprochen und die Beziehung mit ihrem Partner beendet. Übergriffe seien ihr aber nicht bekannt gewesen.
Janine Wissler, Bundesvorsitzende Die Linke
„Ich weise die Unterstellung, ich hätte bereits vor November 2021 bzw. dem Jahreswechsel 2021/2022 Kenntnis über Vorwürfe von sexueller Belästigung und Machtmissbrauch gehabt, entschieden zurück. Es gibt nichts, was das belegt, weil es nicht so war. Hätte ich Kenntnis von derartigen Vorwürfen gehabt, wäre ich tätig geworden. Und ich bin sofort tätig geworden, als ich davon erfahren habe.“
Die Vorwürfe haben in der Partei hohe Wellen geschlagen. In den sozialen Medien werden auch Rücktrittsforderungen laut. Der Landesvorstand der Linkspartei weist darauf hin, dass man die Vorwürfe aufarbeite.
Landesvorstand Die Linke Hessen
„Für DIE LINKE ist klar: Sexualisierte Gewalt und Sexismus dürfen in unserer Partei keinen Platz haben. Den Vorwurf des Täterschutzes weisen wir zurück: Es sind Gesprächsangebote an Betroffene unterbreitet und ein umfangreicher Verhaltenskodex beschlossen worden.“
Außerdem gäbe es Vertrauensleute und Bildungsveranstaltungen zum Thema. Doch das reicht der Linksjugend nicht.
Sarah Dubiel, Sprecherin Linksjugend ’solid
„Bildungsarbeit in dem Bereich ist präventiv. Wir haben aber jetzt, dass immer mehr Fälle aufploppen und da braucht es halt externe Leute, das heißt Geld, damit externe Leute bezahlt werden können, damit die dann, das heißt professionelle Menschen, das mit aufarbeiten können.“
Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden bestätigt heute, dass es ein Ermittlungsverfahren wegen sexueller Gewalt gegen ein Mitglied der Linken gegeben habe, das aber eingestellt wurde, weil kein hinreichender Tatverdacht bestehe. Doch allein juristisch dürfte sich das Problem ohnehin nicht lösen lassen.