Lilly aus Gießen klärt online über ADHS auf

Vergessen Sie häufiger mal, wo sie ihren Schlüssel hingelegt haben? Oder fällt es Ihnen schwer, längere Zeit ruhig sitzen zu bleiben? Dann könnten sie an einer Krankheit leiden, die mit Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsproblemen daherkommt – ADHS. Zumindest suggerieren das zahlreiche Videos auf sozialen Medien mit Hilfe zur Selbsthilfe. Experten und Betroffene aber warnen, denn so einfach ist es nicht, eine korrekte Diagnose zu stellen.

„5 Anzeichen dafür, dass du ADHS hast“.
Mit solchen oder ähnlichen Titeln vermitteln Videos im Internet den Eindruck, dass vergessliche oder tollpatschige Menschen an der neuronalen Entwicklungsstörung ADHS erkrankt sein könnten.
Auch Lilly Helmich aus Gießen beschäftigt sich auf ihrem Instagram-Kanal mit ihrer ADHS-Erkrankung und zeigt typische Situationen aus ihrem Alltag. Ihr fällt es oft schwer, ihr Leben zu strukturieren, Termine einzuhalten oder daran zu denken, genug zu essen und zu trinken. Anleitungen zur Selbstdiagnose will sie auf ihrem Kanal aber keine geben.
Lilly Helmich, leidet unter ADHS
„Ich finde diese Videos als Hinweis für diesen Weg dahin gar nicht so verkehrt. Jedoch bin ich der Meinung, man sollte immer noch eine fachliche Meinung dazu holen und es sich auf jeden Fall bestätigen lassen von einem Facharzt oder einer Fachärztin. Weil nicht jeder Mensch ist gleich mit ADHS.“
Das sieht auch Dr. Thomas Dreisörner von der Frankfurter Goethe-Universität so. Er betreut vor allem Kinder und Jugendliche und warnt davor, sich über das Internet selbst zu diagnostizieren.
Dr. Thomas Dreisörner, Psychologe
„Was wir bei diesen ADHS-Symptomen häufig haben, ist eine Phänomenologie. Das heißt: Wie wirken Menschen so im äußeren Erscheinungsbild? Wenn man sie so anschaut – haben die ein ADHS, ja oder nein? Dann sehen manche Menschen so aus, als hätten sie ein ADHS, aber in Wirklichkeit liegt vielleicht auch etwas anderes vor. Das können zum Beispiel depressive Verstimmungen sein, schlechte Erlebnisse, die man gehabt hat, ein gewisses Maß an Temperament zum Beispiel. Auch das ist etwas, was man als Laie nicht immer auseinanderhalten kann.“
Oft tritt eine ADHS-Erkrankung mit anderen Angst- oder Persönlichkeitsstörungen zusammen auf, die ohne einen Besuch bei einem Facharzt unentdeckt bleiben. Lilly will deshalb mit ihren Videos nicht nur informieren, sondern auch Impulse dafür zu geben, im Zweifelsfall medizinische Hilfe zu suchen.
Lilly Helmich, Influencerin aus Gießen
„Jetzt in den letzten zwei Jahren habe ich alleine drei Freundinnen aus meinem Freundeskreis, die sich jetzt diagnostiziert haben, weil sie gesagt haben: ‚Boah, Lilly, du hast da bei mir irgendwas entdeckt. Das wollte ich jetzt auch mal gucken.‘ Und es war die Lösung! Also ich konnte auch Menschen helfen. Manche haben aber auch gesagt, es wurde eher eine andere Diagnose. Aber ich bin überhaupt froh, dass sich Menschen dann damit überhaupt beschäftigen.“
Wer also beim Verdacht auf eine ADHS-Erkrankung im Internet seine Symptome mit denen von Betroffenen vergleicht, macht sicherlich grundlegend nichts falsch. Für eine Diagnose vertraut man dann aber besser auf einen Arzt statt auf eine App.