Landtag debattiert über wehrhafte Demokratie

Seit Wochen gehen in ganz Deutschland Hundertausende Menschen auf die Straßen, um für Demokratie zu demonstrieren. Sie reagieren damit auf ein Treffen von AfD-Mitgliedern mit Vertretern rechtsextremer Kreise in Potsdam, bei dem im November über die Ausweisung von Millionen Deutschen mit Migrationshintergrund diskutiert worden sein soll. Jetzt ist der Protest quasi von der Straße zurück ins Parlament geschwappt: In einer hitzigen Debatte im hessischen Landtag haben sich heute alle Parteien mit Ausnahme der AfD zusammengetan, um gemeinsam Flagge zu zeigen.

Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen
„Wir können stolz darauf sein, dass die Mehrheit der lauten Minderheit jetzt Grenzen aufzeigt. Bis hierher und nicht weiter. Das müssen Sie wissen: Bis hierher und nicht weiter zeigt die Mehrheit jetzt der lauten Minderheit auf. Und ich halte das für exakt die richtige Entscheidung.“
So lebhaft wie heute ging es im Plenum des hessischen Landtags schon lange nicht mehr zu: In einem gemeinsamen Antrag sprechen sich alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD dafür aus, allen Anti-Demokraten im Land die rote Karte zu zeigen. Und Sie meinen damit ganz ausdrücklich auch die AfD. Die wiederum sieht sich als Opfer einer Verschwörung. Die Berichte über das Treffen von Potsdam: reichlich übertrieben oder gar frei erfunden. Die Demonstrationen der vergangenen Wochen: eine einzige große Inszenierung der etablierten Parteien, um der Alternative für Deutschland zu schaden.
Andreas Lichert (AfD), Landesvorsitzender Hessen
„Weil Sie nicht zugeben können, dass damit ganz klar ist, dass die AfD Takt- und Impulsgeber migrationspolitischer Debatten ist. Deswegen wird diese atemberaubende Fake-News-Kampagne durchs Land getrieben.“
Für Mathias Wagner von den Grünen zeigen die vielen Großdemonstrationen der vergangenen Wochen vor allem eines ganz deutlich: Die Stimme der AfD sei eben nicht die Stimme des Volkes, wie die Partei immer wieder behaupte.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Grüne), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen
„Alle, die behaupten, sie würden diesen Volkswillen vertreten, denen sagen wir ganz klar: In einer Demokratie spricht niemand für das Volk. In einer Demokratie spricht die Bevölkerung selbst. Und sie spricht es sehr klar in diesen Tagen.“
Der Antrag zur Stärkung der Demokratie kommt aus der Opposition – genauer gesagt, von den Grünen. Trotzdem machen alle mit – friedlich vereint im Kampf gegen Hass, Hetze und die AfD.
Wiebke Knell (FDP), Fraktionsvorsitzende Landtag Hessen
„Wir Freie Demokraten haben eine andere Weltsicht als die Grünen. Wir haben eine andere Meinung zur Innenpolitik als die CDU und auch eine andere Meinung zur Wirtschaftspolitik als die SPD. In einem sind wir uns aber einig: Hass, Hetze und Ausgrenzung sind nie Teil der Lösung. Sie sind immer Teil des Problems.“
Und die AfD? Für die ist die ganze Debatte heute bestenfalls eine Farce. Den anderen Parteien ginge es nicht wirklich um Werte, sondern nur um die Bekämpfung der AfD.
Andreas Lichert (AfD), Landesvorsitzender Hessen
„Wenn es Ihnen wirklich um den zentralen Wert des Grundgesetzes geht, die Wahrung der Menschenwürde, dann müssen Sie uns hier im hohen Haus und vor allen Dingen den Bürgern in Hessen erklären: Wo waren Sie denn, als es um die Menschenwürde der Ungeimpften ging?“
Die AfD zeigt sich nach wie vor enttäuscht darüber, dass es nach der Wahl im Herbst nicht zu einem Regierungsbündnis mit der CDU kam. Hierzu findet der Ministerpräsident heute noch mal ganz klare Worte.
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen
„Das wird niemals geschehen, Herr Lambrou, dass es eine Koalition meiner CDU mit einer Partei wie Ihrer Partei gibt. Das wird niemals geschehen!“
Nie wieder ist jetzt: Ein Motto, das sich nicht nur die vielen Demonstranten auf Hessens Straßen auf die Fahnen schreiben, sondern auch sämtliche Parteien im hessischen Landtag – mit Ausnahme der AfD.