Landesregierung tagt im Ahrtal

In dieser Woche jährt sich die verheerende Flutkatastrophe im Ahrtal zum zweiten Mal. Und auch nach zwei Jahren, die vor allem vom Wiederaufbau und der Neuorientierung beim Hochwasserschutz geprägt waren, erscheint für die meisten Menschen im Tal die Normalität immer noch in weiter Ferne. Die Baustellen brauchen viel Zeit, genauso wie die Heilung der seelischen Verletzungen. Die Landesregierung hat sich nun vor Ort ein Bild der Lage gemacht.

Marieka bemalt Freundschaftsbärchen. Einen für sich – den anderen will sie ihrer besten Freundin schenken. Jede Woche kommt sie zu dem ausrangierten Zirkuswagen, den der Verein „Fortuna Hilft“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler betreibt.
Marieka, 9 Jahre alt
„Also ich finde das sehr cool. Ich bin immer bis vier Uhr in der Schule und deshalb finde ich es schön, weil hier kann man einfach entspannen und das macht auch jede Menge Spaß.“
An fünf Tagen in der Woche bietet der Verein hier kostenlose Kunsttherapie für Kinder an. In der künstlerischen Betätigung können sie Dinge ausdrücken, die sonst unter der Oberfläche bleiben würden, denn viele Kinder sind immer noch traumatisiert.
Wie wichtig die Arbeit hier ist, davon konnte sich auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin überzeugen.
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Die Kinder haben auch eine schlimme Nacht erlebt oder schlimme Tage erlebt und sie haben Erlebnisse gemacht, die sie nicht so formulieren können wie Erwachsene. Man kann sich nicht vorstellen, wie Kinder einem Therapeuten gegenüber sitzen und einfach erzählen, sondern sie brauchen einfach spezielle Angebote und die Maltherapie ist ein solches Angebot.“
Eine Zusage, die auch den Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler freuen dürfte. Er richtete gestern emotionale Worte an die Ministerinnen und Minister, die für eine außerordentliche Sitzung ins Ahrtal gekommen waren.
Guido Orthen (CDU), Bürgermeister Bad Neuenahr-Ahrweiler
„Zu dem was Wiederaufbau ausmacht, gehört eben auch der Aufbau unserer Seelen, unserer Herzen, die in dieser Nacht Schaden gelitten haben. Deswegen ist es gut über Infrastruktur und Aufbau zu sprechen, aber immer auch im Blick zu haben, wie geht´s den Menschen gerade.“
Ein Beispiel, bei dem Aufbau und Seelenpflege Hand in Hand gehen ist der Wiederaufbau der Sporthalle für Schulen und Vereine im Ort. Wie entscheidend funktionierende Freizeitangebote und Vereine für die Psyche der Menschen sind, weiß auch Sportminister Michael Ebling.
Michael Ebling (SPD), Innenminister Rheinland-Pfalz
„Zu unserem Wiederaufbau muss ja auch gehören, dass wir den Menschen wieder den Raum geben, gerade für den Sport, für die Begegnung, für die Vereine. Das ist ja viel mehr als körperliche Ertüchtigung. Das ist zusammen etwas unternehmen, zusammen etwas erleben, gemeinsam etwas gestalten.“
Bis die Halle allerdings fertig sein wird, werden wohl noch mindestens fünf Jahre ins Land gehen, denn bis heute konnten die Bauarbeiten hier nicht beginnen, weil die entsprechenden Gelder nicht bewilligt wurden. Ein Umstand, der nicht nur bei den Verantwortlichen vor Ort, sondern auch bei der Opposition in Mainz für Kopfschütteln sorgt.
Gordon Schnieder (CDU), Fraktionsvorsitzender Rheinland-Pfalz:
„Die Planungszeiten sind viel zu langwierig. So kommen wir mit dem Wiederaufbau eben nicht weiter. Die Menschen sehen das, sie sehen, dass es nicht vorangeht, das zermürbt auch die Menschen vor Ort.“
Und so lässt sich festhalten: Auch zwei Jahre nach der Flut ist im Ahrtal vieles noch unvollendet – auf den Baustellen und in den Köpfen der Talbewohner.
Immerhin Mariekas Freundschaftsbären sind fertig geworden. Sie will auch nächste Woche wieder herkommen.