Krieg in der Ukraine lässt Getreidepreis steigen

Der Krieg in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf viele Lebensbereiche bei uns in Hessen und Rheinland-Pfalz. Die Spritpreise sind auf Rekordniveau irgendwo jenseits der Zwei-Euro-Marke, einige Lebensmittel sind teuer wie nie. Auch bei Mehl und Brot ziehen die Preise langsam an. Der Grund: Russland und die Ukraine sind mit die größten Weizenexporteure weltweit. Während in der Ukraine die Felder entweder zerstört sind oder brach liegen, hat Russland seine Exporte erst einmal bis Ende Juni gestoppt. Welche Folgen dies für uns haben wird, beleuchten wir jetzt.

Leere Regale in einem Supermarkt, das Mehl ist ausverkauft. Viele Menschen sind wegen der Weizenkrise, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine, verunsichert. Geht Deutschland jetzt das Mehl aus? Die einfache Antwort ist: nein. Denn Deutschland erzeugt mehr Getreide als es verbraucht, exportiert in den meisten Jahren sogar ins Ausland. Und trotzdem trifft die Weizenkrise auch die Deutschen, zwar nicht im Magen, dafür aber im Portmonee.
Peter Berizzi, Müllermeister aus Rheinland-Pfalz
„Grundsätzlich hat sich natürlich dieser Weizenpreis sehr stark verteuert. Wir haben mittlerweile eine gute Verdoppelung da drin. Und das betrifft uns insoweit natürlich schon und der Weizen ist jetzt sicherlich verfügbar, er wird bei uns nicht ausgehen, also es wird sicher eine Versorgung da sein, da brauchen wir kein Ängste haben. Aber durch diese hohen Preise haben wir natürlich auch richtig starke Kosten.“
Grund dafür ist, dass sich die Getreidepreise am Weltmarkt orientieren. Fehlt also irgendwo auf der Welt Weizen, dann steigt der Weizenpreis global und sorgt dafür, dass auch Bäckermeister Claus Becker mehr Geld für Mehl ausgeben muss, obwohl hier selten mehr als ein paar Kilometer zwischen der Ähre und dem fertigen Brot liegen. Und so steigen auch in der Backstube die Preise.
Claus Becker, Obermeister Bäcker-Innung Pfalz-Rheinhessen
„Wir reden aktuell über Preisanpassungen in dem Bereich, wo wir durchführen müssen, weil es uns anders die Existenz kostet, von zehn bis zwanzig Prozent teilweise bei den Backwaren. Um mal eine Nummer zu sagen: Also im Verhältnis zu von vor einem Jahr zahlen wir momentan aktuell 120 Prozent mehr für einen Doppelzentner Mehl.“
Ein Ausweg aus dieser Preisspierale scheint auf der Hand zu liegen. Würde Deutschland seine Getreideproduktion vom Weltmarkt lösen, würden die Preise im Land fallen und stabil bleiben. Doch vor solchen Überlegungen warnt der Agrarwissenschaftler Thore Toews entschieden.
Professor Thore Toews, Technische Hochschule Bingen:
„Es wird weltweit einen Mangel an Agrarrohstoffen geben. Der Hunger wird zunehmen. Fluchtursachen werden damit steigen. Ein Abschotten, um die eigenen Märkte zu schützen, wäre das fatalste was man jetzt machen kann. Man würde dort viel zu kurz springen. Man hätte dann zwar im Inland die Sorge vor steigenden Preisen fast vollständig eingedämmt, aber früher oder später kommt das zurück, mit viel größeren Problemen.“
Die Folgen wären Hunger und Flucht, vor allem in den nordafrikanischen Mittelmeerstaaten, den Hauptimporteuren von Getreide aus Osteuropa. Für Toews ist es entscheidend, dass die europäischen Länder gemeinsam versuchen, die Lücke zu stopfen, die der Ausfall in Osteuropa in den weltweiten Getreidespeicher gerissen hat. Doch dafür bräuchte es weitere Anbauflächen. Dabei helfen könnte laut dem Agrarwissenschaftler der Stopp der Produktion von Getreide zur Erzeugung von Ethanol für Bio-Benzin, der in der EU immerhin ca. 11 Millionen Tonnen im Jahr ausmacht. Auch ein reduzierter Konsum von tierischen Produkten würde dazu beitragen, denn während nur 20 Prozent des in Deutschland angebauten Getreides direkt als Lebensmittel verarbeitet werden, werden rund 60 Prozent als Tierfutter genutzt.
Professor Thore Toews, Technische Hochschule Bingen:
„Würden wir weniger Fleisch hier in Deutschland oder in Europa konsumieren, würde das enorme Mengen an Futtermitteln freisetzen, die man auch als Lebensmittel direkt essen könnte.“
Doch bis solche Lösungsansätze greifen würden, würde es sehr lange dauern. Die Deutschen werden sich also bis auf weiteres auf höhere Preise für Mehl und Brot einstellen müssen.