Krawalle vor Eintracht-Spiel

Am Wochenende kam es am Rande eines Heimspiels der Frankfurter Eintracht zu massiven Ausschreitungen, der Ruf des Randale-Meisters macht wieder die Runde. Bis zu 200 Personen wurden verletzt, nun erheben Polizei und Fanszene schwere Vorwürfe gegeneinander.

Es sind erschreckende Bilder der Gewalt. Mit Gegenständen, Stangen und Absperrgittern attackieren bis zu 400 teils vermummte Randalierer die Polizei, die Einsatzkräfte verteidigen sich mit Pfefferspray und Schlagstöcken. Die Krawalle dauern etwa eine halbe Stunde an, das Bundesligaspiel gegen den VfB Stuttgart gerät zur Nebensache. Nun wird wegen Landfriedensbruch und tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte ermittelt.
Thomas Schmidl, Einsatzleiter Polizei
„Es wurde eine mobile Grillstation sowie deren Inhalt geworfen, Becher, Kohlensäureflaschen aus den Kiosken sowie Rollwagen, Materialkisten, herausgerissene Türen aus den Dixi-Toiletten sowie Absperrgitter. Es wurden Feuerlöscher entleert und ebenfalls geworfen.“
Ursprung für die Ausschreitungen laut jüngsten Ermittlungen: Ein Fan will ohne Ticket in den Fanblock und wird von einem Ordner festgehalten. Der Security soll daraufhin von mehreren Fans attackiert worden sein, die Polizei wird hinzugerufen. Das Ergebnis: über 100 verletzte Polizisten und Ordner, Fanvertreter sprechen zudem von bis zu 100 verletzten Fans und Unbeteiligten, darunter auch Kinder. Die Fanszene kritisiert das Vorgehen der Polizei als unverhältnismäßig. Der Vorwurf: Übermäßige Gewalt, anstatt zu Deeskalieren.
Ina Kobuschinski, Eintracht Frankfurt Fanclubverband
„Polizeieinsatz mit Fingerspitzengefühl. Also das, was wir am Samstag erlebt haben, hat mit irgendwelchen anderen Einsätzen nichts zu tun. Das war eine ganz andere Gemengelage. Völlig überforderte Polizei, die gnadenlos alles durchgezogen hat.“
Die Polizeigewerkschaft betont, der Eintracht-Fanblock dürfe kein rechtsfreier Raum sein. Sie fordert angesichts der zunehmenden Gewalt in deutschen Stadien einen runden Tisch der Innenminister der Länder. Zudem müsse Eintracht Frankfurt bei Stadionverboten für Gewalttäter klarer Kante zeigen. Der Bundesligist selbst hat bislang nur angekündigt, sich mit dem Vorfall intensiv auseinander setzen zu wollen. Allen Beteiligten sollte klar sein, dass es solche Szenen künftig nicht mehr geben darf.
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Markus Appelmann, Moderator: Eine erschreckende Bilanz der schweren Ausschreitungen. Jens Mohrherr ist bei uns von der Gewerkschaft der Polizei in Hessen. Guten Abend.
Jens Mohrherr, Vorsitzender Gewerkschaft der Polizei Hessen: Guten Abend.
Appelmann: Herr Mohrherr, wie konnte es so weit kommen?
Mohrherr: Ja, das, was wir besichtigen mussten, ist wohl das Ergebnis vielleicht sogar eines lange heraufbeschworenen Konflikts. Und zwar eindeutig von Seiten der Kategorie A-bis-C-Fans, sprich: derer, die im Block 40 dann auch Gewalt ausgeübt haben.
Appelmann: Die Frankfurter Fan-Hilfe “Der 13. Mann” verurteilte den Einsatz der Polizei als Gewalteskalation. Die Beamten haben ohne Rücksicht auf Verluste unter normalen Fans, Frauen und Kindern Schlagstöcke und Reizgas eingesetzt. Wie sehen Sie das Ganze?
Mohrherr: Ich bin da diametral anderer Meinung. Und die Pressekonferenz heute im Polizeipräsidium Frankfurt hat das ja auch verdeutlicht, dass eben die Polizei nur reagiert hat, und zwar massiv auf massive Angriffe von diesen Fans, den sogenannten. Da wurde mit allem geworfen, was die in die Finger bekommen haben. Feuerlöscher, teilweise wurden Imbissbuden auseinandergenommen, wurde mit dem Material geworfen, von Toilettenanlagen wurde alles abgerissen und geworfen. Ich glaube, das war vom Kräfteansatz her und von der Reaktion der Polizei angemessen.
Appelmann: Die Polizei sagt: “So kann es nicht weitergehen.” Was muss nun passieren? Was fordern Sie ganz konkret von der Politik?
Mohrherr: Ja, die Sport- und Innenminister natürlich fordern wir auf, an einen Tisch zu gehen und zu beraten, wie es weitergeht. Das ist ja kein Phänomen, was nur in Frankfurt festzustellen ist, das haben wir ja bundesweit an fast jedem Wochenende zu besichtigen. In Dortmund gab es auch eine Auseinandersetzung, da ist ein Fan lebensgefährlich verletzt worden. Nur mal das am Rande. Und wir fordern DFL und DFB natürlich auch auf, so eine Art Sicherheitskonferenz mal zu veranstalten, um die Vereine mal an den Tisch zu bringen oder an die Tische zu bringen, damit die wiederum mit den Ultras, die es in jedem Verein ja gibt, auch mal Tacheles reden.
Appelmann: Also sind die Fußballvereine auch gefragt. Die haben ja Hausrecht und müssen auch für die Sicherheit in ihrem Stadion sorgen.
Mohrherr: So ist es. Da haben wir auch wahrscheinlich eine andere Ansicht. Man kann qualifizierteres Personal einsetzen, das kostet halt mehr Geld. Aber das sollte uns ja die Sicherheit in den Stadien, insbesondere auch aus Betreibersicht wert sein, dass wir qualifiziertes Personal einsetzen, um zu verhindern, dass Pyrotechnik oder ähnliche Gegenstände mitgeführt werden.
Appelmann: Millionen Überstunden bei der hessischen Polizei und dazu Einsätze bei Fußballspielen von Hundertschaften. Wie stehen Sie zu der Forderung, die nicht neu ist, dass Fußballvereine für die Einsätze der Polizei zahlen müssen?
Mohrherr: Nun, die Polizei ist an der Belastungsgrenze mit Millionen Überstunden. Da sind Demonstrationen abzuarbeiten und Fußballspiele. Ob und inwieweit die Politik sich durchringen kann, eine Gebührenpflicht für die Fußballvereine einzuführen, das mag ich heute nicht zu bescheiden. Es wäre allerdings ein Ansatz. Aber da ist die Politik gefragt, hier regulativ mal den Daumen drauf zu halten.
Appelmann: … sagt Jens Mohrherr, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Hessen. Danke, dass Sie heute bei uns im Studio waren.
Mohrherr: Danke.